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09.09.2021 14:02

Untersuchung von medizinischen und geografischen Wechselwirkungen bei der Covid-19-Ausbreitung

Anke Westwood Presse & Kommunikation
Jade Hochschule - Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth

    Masterarbeit beleuchtet Beziehungen zwischen der Ausbreitung von Covid-19 und Armut

    Oldenburg. Wie verändert die Corona-Pandemie das Leben der Menschen sowie die Wirtschaft und die Wissenschaft weltweit? Werden durch den Ausbruch der Krankheit Covid-19 regionalökonomische Ungleichheiten verstärkt? Und gibt es eine Verbindung zur weltweiten Armutssituation? Diesen Fragen ging Geoinformationswissenschaftlerin Marie Sander in ihrer Masterarbeit an der Jade Hochschule nach. Sie untersuchte die Wechselwirkungen zwischen der Ausbreitung von Covid-19 und Armut mit Hilfe von räumlich-statistischen Analysemethoden.

    Zu den Grundrechten aller Menschen gehört es laut der Organization for Economic Cooperation and Development (OECD), den höchsten erreichbaren Gesundheitszustand genießen zu dürfen, ohne dabei auf die Unterschiede der Herkunft, Religion, politischen Überzeugung, der wirtschaftlichen oder sozialen Lage reduziert zu werden. In der Realität zeigt sich allerdings, dass Menschen, die in Armut leben, durch einen limitierten Zugang zu Gesundheitseinrichtungen und eingeschränktem sozialen Schutz häufiger gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind, früher sterben und eine höhere Kindersterblichkeit aufweisen. Auch die Geschlechterungleichheit spielt dabei immer noch eine Rolle. Vor allem, wenn ein Familienmitglied in einem armen Haushalt krank wird, sind auch alle anderen Mitglieder davon betroffen und es beginnt eine Abwärtsspirale der Wechselwirkungen zwischen Gesundheit und Armut.

    Mit dem Ausbruch von Covid-19 ist sichtbar geworden, dass eine Infektionskrankheit auch im 21. Jahrhundert noch die ganze Welt treffen kann und sich durch die Globalisierung innerhalb kürzester Zeit zur Pandemie ausbreitet. „Auch, wenn in vielen Teilen der Welt in den letzten Jahren Erfolge und Verbesserungen hinsichtlich der medizinischen Versorgung gemacht wurden, besteht durch den Ausbruch einer Pandemie die Gefahr eines rückläufigen Trends“, erläutert Sander. Dieses Phänomen sei durch den Ausbruch der Corona-Pandemie sichtbar geworden. So litten im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr wieder mehr Menschen an Hunger.

    Um eine Bevölkerung tatsächlich vor Krankheiten zu schützen, reicht es nicht aus, armen Menschen einen besseren Zugang zum Gesundheitswesen zu ermöglichen. Es müssen darüber hinaus in höhere Einkommen, bessere Bildungschancen, gute Nahrungsmittelversorgung, sauberes Trinkwasser, sanitäre Anlagen und Suchtpräventionen investiert werden. Weil in vielen Ländern diese Investitionen zu sehr unterschätzt wurde, sind durch das Auftreten der Krankheit Covid-19 zahlreiche Probleme entstanden.

    Armut gilt als Ursache für Krankheiten und andersherum gelten Krankheiten als Ursache für Armut. Sander konnte in ihrer Untersuchung jedoch statistisch nicht belegen, dass vor allem arme und sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen stärker unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie leiden. Die Absolventin, die zuvor an der Jade Hochschule Wirtschaftsingenieurwesen Geoinformation studierte, kommt daher zu dem Ergebnis, dass es von besonderem Interesse sei, die zeitlichen Verzögerungen der Ausbreitung des Virus und den Einfluss auf die Zusammenhänge zu sozioökonomischen Faktoren zu beobachten. Sander geht aufgrund ihrer Untersuchungen davon aus, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Covid-19 und Armut erst in einigen Jahren deutlicher wird, wenn genügend Impfstoffe und Behandlungsmöglichkeiten verfügbar sind. Dann könne untersucht werden, ob diese in allen Teilen der Welt gleichermaßen Anwendung finden und ob alle Bevölkerungsschichten gleichermaßen Zugang zu diesen haben werden.

    Erstprüfer der Abschlussarbeit war Prof. Dr. Frank Schüssler, der an der Jade Hochschule als Humangeograph eine Professur für Geoinformation und Wirtschaftslehre innehat und sich seit zehn Jahren auch der Geographischen Gesundheitsforschung widmet. Er sagt: „Marie Sander hat in ihrer Arbeit die regionalen Unterschiede von Armut und Covid-19 hervorragend analysiert. Sie zeigt auf, wie hilfreich räumliche Untersuchungen für das Verständnis des Zusammenhanges von sozioökonomischen und medizinischen Lebenswirklichkeiten der Menschen sind“.

    Hintergrund
    Schon lange ist eine Wechselwirkung zwischen medizinischen und geographischen Fragestellungen bekannt. Mit der ökologischen Krankheitslehre soll beispielsweise bestimmt werden, wo und warum bestimmte Krankheiten auftreten. Die kartographische Darstellung von Gesundheitsdaten war bereits im 19. Jahrhundert ein elementarer Bestandteil etwa zur Bekämpfung der Cholera-Pandemie. Ähnliche Nachweise gehen bis in die Zeit 460 bis 370 vor Christus zurück, um Beziehungen zwischen der Ursache und Wirkung von Krankheiten nachzuvollziehen. In den 1920er Jahren wurden vermehrt soziale Indikatoren in die Bewertung eingebunden. Seit den 1960er wird eine ganzheitliche Ansicht über Risiken und Faktoren für Krankheiten angestrebt. Dies ist essentiell, um auf rasch auftretenden Phänomene, wie etwa die Corona-Pandemie, reagieren zu können.


    Bilder

    Marie Sander
    Marie Sander

    Foto: Lukas Hermeling


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Geowissenschaften, Gesellschaft, Informationstechnik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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