idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
31.03.2022 13:25

Deutsche und österreichische Hirsche bislang von SARS-CoV-2-Infektionen verschont - anders als in Nordamerika

Dipl. Soz. Steven Seet Wissenschaftskommunikation
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.

    In Nordamerika hat sich SARS-CoV-2 vom Menschen auf Weißwedelhirsche übertragen. Die Hirsche gelten nun als SARS-CoV-2-Reservoir und könnten das Virus sogar auf den Menschen übertragen. Ein Wissenschaftsteam unter Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) und der Charité hat nun gezeigt, dass dies in Deutschland und Österreich nicht der Fall ist, da alle getesteten Rehe, Rothirsche und Damhirsche negativ auf SARS-CoV-2-Antikörper reagierten. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Microorganisms“ in einer Sonderausgabe über Viren von Wildsäugetieren veröffentlicht.

    SARS-CoV-2 (Severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2) ist ein Virus, das 2020 als Auslöser der COVID-19 Erkrankung identifiziert wurde. Es hat sich gezeigt, dass innerhalb der Gesamtpopulation der Weißwedelhirsche in Nordamerika die Infektion mit den vom Menschen stammenden SARS-CoV-2-Varianten weit verbreitet ist. Es gibt erste Hinweise darauf, dass SARS-CoV-2 von den Weißwedelhirschen auf den Menschen übertragen werden kann. Dies ist besorgniserregend, da sich neue Varianten in ihrem neuen Wirt, den Hirschartigen, entwickeln und schließlich mit unvorhersehbaren Folgen auf den Menschen übergehen könnten. Weißwedelhirsche sind zwar eine nordamerikanische Art, aber Hirsche sind weltweit verbreitet und werden in Mitteleuropa wie in Nordamerika stark bejagt und bewirtschaftet.

    Ein Wissenschaftsteam des Leibniz-IZW, des Instituts für Virologie der Charité, des österreichischen Forschungsinstituts für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) und des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) untersuchte Seren von 433 Rehen, Rot- und Damhirschen, die sowohl vor der Pandemie als auch während der Pandemie gesammelt worden waren, auf SARS-CoV-2-Antikörper mit einem Test, der zuvor Antikörpertiter bei nordamerikanischen Hirschen bestätigt hatte. Keine der Hirscharten aus Deutschland oder Österreich war positiv. Das Team verglich auch die Details des zellulären SARS-CoV-2-Rezeptor bei Hirschen (das ACE2-Gen) und stellte fest, dass mit Ausnahme einer Veränderung, die möglicherweise Rothirsche etwas resistenter gegen eine Infektion macht, keine Veränderungen im Rezeptor gefunden wurden, die den drastischen Unterschied in den Ergebnissen zwischen mitteleuropäischen und nordamerikanischen Hirschen erklären könnten.

    Eine Erklärung für die Unterschiede könnte in der Verteilung und Bewirtschaftung der Hirscharten in Nordamerika und Mitteleuropa liegen. In Nordamerika sind Hirsche häufig in Stadtrandgebieten und Städten anzutreffen, wo sie potenziell häufig mit Menschen und menschlichen Abfällen in Kontakt kommen. Die Bewirtschaftung von Hirschen erfolgt hauptsächlich durch die nordamerikanische Bundesregierung. In Deutschland und Österreich sind die verschiedenen Hirscharten im Allgemeinen nicht am Stadtrand oder in städtischen Gebieten anzutreffen. Zudem ist hier das Reviersystem vorherrschend, bei dem die Hirscharten in einem bestimmten Gebiet lokal bewirtschaftet werden. Die Revierstrukturen verhindern wahrscheinlich den Kontakt zwischen Mensch und Wild und behindern auch die Ausbreitung von Krankheitserregern innerhalb und zwischen den Populationen der verschiedenen Hirscharten.

    „Es sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um den Kontakt zwischen Mensch und Wildtier in Mitteleuropa zu verhindern, damit sich Hirsche nicht als SARS-CoV-2-Reservoir etablieren", sagt Prof. Alex D. Greenwood, Abteilungsleiter Wildtierkrankheiten am Leibniz-IZW.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Leibniz Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)
    im Forschungsverbund Berlin e.V.
    Alfred-Kowalke-Straße 17
    10315 Berlin

    Professor Alex D. Greenwood
    Leiter der Abteilung für Wildtierkrankheiten
    Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung
    greenwood@izw-berlin.de

    Charité – Universitätsmedizin Berlin
    Charitéplatz 1
    10117 Berlin

    Professor Jan Felix Drexler
    Charité - Universitätsmedizin Berlin
    felix.drexler@charite.de


    Originalpublikation:

    Moreira-Soto A, Walzer C, Czirják GÁ, Richter MH, Marino SF, Posautz A, Yebra Rodo P De, McEwen GK, Drexler JF, Greenwood AD (2022): Serological evidence that SARS-CoV-2 has not emerged in deer in Germany or Austria during the COVID-19 pandemic. MICROORGANISMS 10, 748; https://doi.org/10.3390/microorganisms10040748.


    Bilder

    Hirsch
    Hirsch
    Dirk Martins - unsplash
    Dirk Martins - unsplash


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).