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25.01.2023 09:26

Hydrophile Schichten von der Rolle – Fassaden und Solarpaneele einfach nachrüsten mit Ultradünnglas

Franziska Lehmann Unternehmenskommunikation
Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP

    Die Reinigung von Glasfassaden und Solaranlagen ist teuer und aufwändig. Schmutz vermindert den Ertrag der Solarmodule. Gründe genug, um an Oberflächen zu forschen, die diesen Aufwand minimieren. Am Fraunhofer FEP gelang es nun innerhalb des von der Europäischen Union geförderten Projektes NewSkin (GA: 862100), kristallines Titanoxid im Rolle-zu-Rolle-Verfahren auf ultradünnes Glas aufzubringen und damit hydrophobe Oberflächen zu erreichen, die unter UV-Licht sogar superhydrophil werden. Auf der BAU 2023, vom 17. – 22. April 2023, in München, werden erste Ergebnisse des Projektes am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand, Nr. C2-528 präsentiert.

    Im Jahr 2021 deckte die Photovoltaik mit einer Stromerzeugung von 50 TWh 8,9 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland. Dies soll und muss natürlich noch im Sinne einer nachhaltigen Energiewende gesteigert werden. Schmutzabweisende, leicht zu reinigende Oberflächen sorgen für Transparenz und Sauberkeit bei Fassaden und für eine effizientere und gleichmäßigere Energiegewinnung bei der Solarstromgewinnung, bei geringeren Wartungskosten.

    „Wir setzen hier auf die photoinduzierte Hydrophilie auf Oberflächen.“, erläutert Diplomand Valentin Heiser vom Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP. „Um diesen Effekt aufzuskalieren, bringen wir erstmals kristallines Titanoxid im Rolle-zu-Rolle-Verfahren auf ultradünnes Glas auf. Dies ist sehr effizient und das ultradünne und leichte Glas kann nachträglich auf Fassaden aufgebracht oder direkt als Verbundwerkstoff in die Solarmodule eingearbeitet werden – sogar auf gebogene Oberflächen.“

    Titandioxid verändert durch UV-Einstrahlung (d. h. eine Aktivierung beispielsweise durch Sonnenlicht) seine Hydrophilie, seine wasserabweisende Eigenschaft. Unbestrahlt ist es hydrophob, also Tröpfchen bildend. Nach einer Bestrahlung ist es superhydrophil, also vollständig benetzend. Bei photoinduzierter Hydrophilie wechselt die Oberfläche nach ca. 30 Minuten Bestrahlung mit sonnenähnlichem UV-Licht von hydrophob zu superhydrophil.

    Auf Oberflächen mit einer solchen Titandioxid-Beschichtung kann sich durch diesen Effekt kein oder nur sehr wenig Schmutz ablagern. Setzt sich beispielsweise Verkehrsstaub, Sand oder sonstiger Schmutz auf Glasfassaden oder Solarpanels ab, wird dieser durch die nächtliche Hydrophobie der Oberfläche über abperlende Regentropfen abgewaschen. Darüber hinaus bleibt der Schmutz besonders durch den zyklischen Wechsel von hydrophob und superhydrophil auch tagsüber nicht an der Oberfläche haften.

    Mit UV-Licht aktiviertes Titanoxid zersetzt durch Photokatalyse außerdem organische Moleküle an der Oberfläche. So entstehen antibakterielle und sterile Oberflächen, die besonders in der Medizintechnik oder in Verbindung mit flexiblen Displays von Interesse sind.

    Die Forschenden am Fraunhofer FEP haben nun erste Beschichtungen entwickelt: Konkret wurde eine 30 cm breite und 20 m lange Rolle Dünnglas, mit einer Glasdicke von 100 Mikrometern in einer Rolle-zu-Rolle-Anlage mit 30 – 150 Nanometern Titanoxid beschichtet. Diese Pilotanlage für Rolle-zu-Rolle-Beschichtungen von Dünnglas (FOSA LabX 330 Glass der Firma VON ARDENNE) steht am Fraunhofer FEP.

    Herausfordernd für das Projekt ist zum einen, dass Dünnglas ein sehr neues Substrat mit großen Anforderungen ans Handling ist, da es sehr leicht bricht und empfindlich auf thermische und mechanische Belastungen reagiert. Zum anderen erreicht Titandioxid seine besonderen Eigenschaften der Hydrophobie und -philie nur, wenn es kristallin ist. Dafür benötigt es hohe Temperaturen während der Herstellung. Sputterbeschichtungen mit diesen Anforderungen waren bisher in Rolle-zu-Rolle-Technologie nicht umsetzbar, da gängige Substrate, wie z. B. Folien, den hohen Temperaturen nicht standhalten konnten. Dünnglas bietet hier eine Alternative.

    Dank dieser Ergebnisse durch das NewSkin-Projekt arbeiten die Wissenschaftler des Fraunhofer FEP nun daran, die Eigenschaften von Titandioxid und Dünnglas optimal und kosteneffizient zu vereinen, um gemeinsam mit der Industrie innovative Produkte auf den Markt zu bringen. Mit den ersten gelungenen Beschichtungen auf Ultradünnglas wurden die Grundlagen hierfür gelegt. Forscher des Newskin-Partners Universität Uppsala arbeiten daran, die Ergebnisse auch auf Polymerfolien zu übertragen.

    Künftig wird das Fraunhofer FEP auch an Schichtsystemen arbeiten, die nicht nur mit UV-Licht, sondern auch mit sichtbarem Licht aktiviert werden können. Auch die Herstellung und Einbettung von Nanopartikeln oder das Dotieren mit z. B. Stickstoff sind angedacht.

    Das NewSkin Open Innovation Test Bed (OITB) bietet einzigartige Prototyping-, Upscaling- und Testeinrichtungen im Pilotmaßstab sowie Dienstleistungen für die Markteinführung, die allen zur Verfügung stehen, um die Kommerzialisierung innovativer Materialien und Technologien für Nanooberflächen und Membranen in ganz Europa zu beschleunigen. NewSkin ist eines von mehreren EU-finanzierten OTIBs und bietet Forschungslabors, KMUs und der Industrie freien Zugang zu 10 hochmodernen Upscaling- und 9 Testeinrichtungen. Die daraus resultierenden verbesserten Oberflächen und Membranen, die durch NewSkin OITB beschleunigt werden, bieten fortschrittliche Funktionalitäten, Materialschutz, Wasseraufbereitung, tribologische Anwendungen, Kraftstoffeinsparungen im Verkehrswesen, Effizienzsteigerungen bei der Erzeugung erneuerbarer Energien und vieles mehr, was sich auf die Gesellschaft und wichtige Industriesektoren auswirkt und den Wandel hin zu Klimaneutralität in der EU unterstützt.

    Die Forschenden des Fraunhofer FEP werden auf der BAU 2023, in München, vom 17. – 22. April 2023, am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand Nr. C2-528 erste Ergebnisse dieser Beschichtungen neben weitere Highlights präsentieren.

    Fraunhofer FEP auf der BAU 2023
    17. – 23. April 2023
    Messe München
    Fraunhofer-Gemeinschaftsstand, Halle C2, Nr. 528

    Über das „NewSkin“ Open Innovation Test Bed

    NewSkin - Innovations-Ökosystem zur Beschleunigung der industriellen Einführung fortschrittlicher Oberflächen-Nanotechnologien

    Dieses Projekt wurde von der Europäischen Union im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 unter dem Förderkennzeichen 862100 finanziert.
    Projektlaufzeit: 1. April 2020 – 31. März 2024
    www.newskin-oitb.eu

    NewSkin ist ein von der EU im Rahmen von Horizont 2020 finanziertes Open Innovation Test Bed (OITB), das die Entwicklung und Marktbeschleunigung neuer Oberflächen- und Membranfunktionalisierungen durch Nanotechnologien unterstützen und eine breite Palette verbesserter Oberflächeneigenschaften für kommerzielle und persönliche Produkte in verschiedenen Sektoren erzeugen soll.
    Das NewSkin OITB Testbed (10 Upscaling- und 9 Testeinrichtungen sowie Dienstleistungen für die Markteinführung) bietet den Nutzern freien Zugang zu hochmodernen Einrichtungen für das Hinzufügen, Upscaling, die Charakterisierung und/oder beschleunigte strenge Tests fortschrittlicher Hochleistungsoberflächenfunktionen (wie Hydrophobie, Antifouling, Antireflexion, automatische Reinigung, Korrosionsschutz, Vereisungsschutz, antimikrobielle Eigenschaften, Reibungsschutz, Strapazierfähigkeit und Schmierung) durch Nanotechnologien. Der Zugang ist sowohl auf Vertragsbasis als auch kostenlos über 4 offene Ausschreibungen möglich.
    Die daraus resultierenden verbesserten Oberflächen- und Membranlösungen, die durch NewSkin OITB beschleunigt werden, können fortschrittliche Funktionalitäten, Materialschutz, Wasseraufbereitung, tribologische Anwendungen, Effizienzsteigerungen bei der Erzeugung erneuerbarer Energien, Kraftstoffeinsparungen im Verkehr, Energieeinsparungen bei Pumpen, Motoren, Aktuatoren und mehr bieten und sich auf die Gesellschaft und wichtige Industriesektoren auswirken und den Wandel hin zu Klimaneutralität in der EU unterstützen.

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    Pressekontakt:

    Frau Annett Arnold

    Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP
    Telefon +49 351 2586 333 | presse@fep.fraunhofer.de
    Winterbergstraße 28 | 01277 Dresden | Deutschland | www.fep.fraunhofer.de


    Weitere Informationen:

    https://s.fhg.de/32w


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Bauwesen / Architektur, Chemie, Elektrotechnik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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