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10.11.2023 14:00

DGN-Kongress 2023: Die Preisträgerinnen und Preisträger im Überblick

Dr. Bettina Albers Pressestelle der DGN
Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.

    Auf dem diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie wurden zahlreiche hohe Auszeichnungen der DGN und verschiedener Partnergesellschaften und -stiftungen vergeben. Hier finden Sie die Informationen über die Preisträgerinnen und Preisträger im Überblick.

    Der Ehrenpreis der DGN für das Lebenswerk wurde Prof. Dr. Heiko Braak, Ulm, verliehen

    Prof. Heiko Braak gilt seit vielen Jahrzehnten national und international als herausragender Experte der Neuroanatomie. Seine systematische Erforschung der Anatomie, Architektonik sowie von Pathologien des menschlichen Nervensystems wird weltweit hochgeschätzt. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt waren von Beginn an neurodegenerative Erkrankungen, insbesondere der M. Alzheimer (AD), der M. Parkinson (PD) sowie die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Prof. Braaks detaillierte Untersuchungen zum Verlauf, zu den Schäden und deren Verteilungsmustern bei diesen neurodegenerativen Erkrankungen sind heute aktueller denn je.

    Mit der Erforschung der Ausbreitungsmechanismen der zerebralen Neurodegeneration bei AD, PD und ALS hat Prof. Heiko Braak Geschichte geschrieben; er ist der Begründer und Namensgeber der international verwendeten Braak-Stadien. In unermüdlichem Einsatz und mit weitem Methodenspektrum einschließlich selbst entwickelter Techniken erkannte er, dass der Nervenzelluntergang bei diesen Erkrankungen in definierten Ausbreitungswegen langsam, aber stetig fortschreitet und die typischen klinischen Symptome, insbesondere bei AD und PD, oft erst viele Jahre nach Beginn der Neurodegeneration auftreten. So zeigte er schon in den 90er-Jahren, dass die Alpha-Synuclein-Ablagerungen bei PD ihren Anfang im Bulbus olfactorius sowie im Gastrointestinaltrakt nehmen und sich von dort über den entorhinalen Kortex im Gehirn ausbreiten. Für die ALS charakterisierte er typische Schädigungsmuster im zentralen Nervensystem und definierte vier neuropathologische Stadien. Mit seinen Erkenntnissen hat Prof. Heiko Braak maßgeblich zum Verständnis dieser Erkrankungen beigetragen und wesentliche Entwicklungsimpulse für künftige Therapieansätze gegeben.

    Prof. Dr. med. Stefan Bittner, Mainz, erhielt den DGN-Wissenschaftspreis 2023

    Mit der Verleihung des Wissenschaftspreises 2023 ehrte die DGN Prof. Bittners herausragende wissenschaftliche Arbeiten zu Neuroinflammation und Biomarkern, insbesondere hinsichtlich neuer Therapieziele für eine effektive Behandlung der Multiplen Sklerose.

    Im Rahmen seiner translationalen Biomarker-Forschung befasste sich Prof. Bittner unter anderem mit dem Serum-Neurofilament (sNFL) als Biomarker für neuroaxonale Schadensprozesse. Er konnte zeigen, dass eine Miteinbeziehung des sNfL in die Beurteilung die diagnostische Genauigkeit deutlich erhöht, mit der Prognose des Krankheitsverlaufs assoziiert ist und somit insbesondere bei einem Verlaufsmonitoring therapeutische Entscheidungen erleichtern kann.

    Ein weiterer Forschungsschwerpunkt von Prof. Bittner sind Ionenkanäle in der Neuroimmunologie. Er entdeckte eine Ionenkanal-vermittelte Regulation von Immunzellfunktionen, neuronaler Zellschädigung und Oligodendrozytenschädigung. Entscheidend war hierbei der Befund, dass bei Multipler Sklerose die Glutamatspiegel im Liquor sowie die Glutamatsekretion durch T-Lymphozyten erhöht sind. Daneben beschäftigt sich Prof. Bittner mit Live-Imaging-Techniken neuroinflammatorischer Prozesse im entzündeten Gewebe und machte hierbei die wesentliche Beobachtung, wie ZNS-residente myeloische Zellen lebende Th17-Lymphozyten, die aktiv in das Gehirn eindringen, „abfangen“ bzw. abtöten. Diese neuartige Abwehrfunktion myeloider Zellen als erste Reaktion auf die lymphozytäre ZNS-Invasion stellt ein neues in vivo nutzbares Therapieziel dar.

    Prof. Dr. David Seiffge, Bern, wurde mit dem Schlaganfall-Preis der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft ausgezeichnet

    Den Schlaganfall-Preis der DGN und der DSG erhielt Prof. Dr. David Seiffge, Bern. Der Preis wird von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) zusammen mit der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) für hervorragende Forschungsleistungen auf dem Gebiet der zerebrovaskulären Erkrankungen, der Hirndurchblutung oder des Hirnstoffwechsels vergeben.

    Prof. Dr. David Seiffge ist seit 2019 als Oberarzt in der Klinik für Neurologie am Inselspital Bern (Klinikdirektor Prof. Dr. Claudio L. A. Bassetti) tätig, er ist dort stellvertretender Leiter des Stroke Centers und der Neuro-Clinical Trials Unit. Er hat Pionierarbeit zum Einsatz der intravenösen Thrombolyse bei Patientinnen und Patienten unter DOAK-Therapie geleistet, die bis dahin grundsätzlich von dieser wichtigen Schlaganfall-Therapie aufgrund eines befürchteten hohen Blutungsrisikos ausgenommen worden waren. Seiffge konnte die Möglichkeiten einer IVT bei DOAK-Patienten wissenschaftlich fundiert aufzeigen und dabei den Nutzen kalibrierter Anti-Xa-Aktivitätsmessungen für die Sicherheit der IVT in verschiedenen Beobachtungsstudien belegen. Er koordinierte eine große, weltweite Studie zur Bewertung der Sicherheit der Thrombolyse bei DOAC-Therapie, die dieses Jahr in „JAMA Neurology“ veröffentlicht wurde.

    Prof. Dr. rer. nat. Lena Burbulla, München, erhielt den Parkinson-Preis der Dr. Friedrich-Wilhelm und Dr. Isolde Dingebauer-Stiftung 2023

    Der von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie ausgeschriebenen Dingebauer-Preis wurde der Diplombiologin Prof. Dr. rer. nat. Lena Burbulla von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München verliehen, die sich seit 15 Jahren der Erforschung der Parkinson-Erkrankung zugrunde liegender pathologischer Mechanismen und der Entwicklung innovativer zielgerichteter bzw. kausaler Therapieansätze widmet.

    Prof. Burbulla konnte eine toxische biochemische Kaskade in dopaminergen Neuronen identifizieren, die durch eine biochemische Veränderung von Dopamin hervorgerufen wird. Sie entdeckte, dass in (aus iPSC generierten) Nervenzellen große Mengen von biochemisch verändertem Dopamin produziert werden, das toxischer ist als normales Dopamin. Dieses pathologische Dopamin hat die Fähigkeit, Proteine zu binden, strukturell zu verändern und deren Funktion zu beeinträchtigen, und kann langfristig (z. B. bei altersbedingten Erkrankungen) zum Nervenzelltod führen. Am Beispiel des lysosomalen Enzyms Glucocerebrosidase konnte diese schädliche Modifizierung durch reaktives Dopamin gezeigt werden, welches zu verminderter Enzymaktivität, lysosomaler Fehlfunktion und letztendlich zellschädigenden Veränderungen beiträgt. Diese neuen, bahnbrechenden Ergebnisse wurden in „Science“ publiziert. Im nächsten Schritt erforschte Lena Burbulla in Zusammenarbeit mit renommierten Chemikerinnen und Chemikern einen möglichen kausalen Therapieansatz, um diese toxische Kaskade zu unterbrechen. Sie entwickelten „small molecules“, die die lysosomale Glucocerebrosidase aktivieren, wodurch das pathologische Dopamin sowie auch Zellschäden reduziert wurden. Als weiteren Therapieansatz verfolgt Lena Burbulla nun die Strategie des „drug repurposing“ mittels eines „High-Throughput Screenings“. Sie beschäftigt sich darüber hinaus auch mit der Degeneration dopaminerger Neurone bei den sehr seltenen, meist pädiatrischen und letal verlaufenden NBIA-Erkrankungen („Neurodegeneration with Brain Iron Accumulation“).

    Der Felgenhauer-Forschungspreis wurde an Dr. Dr. Björn Vahsen, Oxford/UK, verliehen

    Dr. Björn Vahsen ist zurzeit als Postdoktorand/Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Oxford Motor Neuron Disease Centre (bei Prof. Dr. Kevin Talbot) am Nuffield Department of Clinical Neurosciences, University of Oxford, sowie als Fulford Junior Research Fellow (eine kompetitive Position, die basierend auf Forschungsexzellenz vergeben wird) am Somerville College, University of Oxford, tätig.
    Vahsens wissenschaftlicher Fokus liegt auf der Interaktion von Motoneuronen und Mikroglia bei der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) in humanen ALS-Stammzellmodellen. Ein großes Anliegen ist ihm dabei das klinisch-translationale Potenzial seiner Arbeit. So untersucht er nicht nur die ALS-Pathophysiologie, sondern arbeitet auch an der Charakterisierung von Biomarker-Kandidaten aus Patientenstudien im Zellmodell sowie umgekehrt an der Identifizierung neuer Biomarker, die er dann im Liquor und Serum Betroffener untersucht.

    Im Rahmen seiner zweiten Promotionsarbeit zur Neuroinflammation bei der ALS entwickelte Vahsen ein neues Zellkulturmodell, das die Ko-Kultur von differenzierten Mikrogliazellen und Motoneuronen aus induzierten pluripotenten Stammzellen ermöglicht. Er konnte zeigen, dass iPSC-Mikrogliazellen von ALS-Patientinnen und -Patienten mit C9orf72-Mutationen proinflammatorisch wirken und die Degeneration von Wildtyp-Motoneuronen in der Ko-Kultur induzieren.

    Dr. Carla Palleis, München, und Dr. Lukas Goede, Berlin, erhielten die Parkinson Fellowship 2023 der Thiemann-Stiftung

    Zum neunten Mal wurden Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler aus der klinischen, grundlagenorientierten oder translationalen Parkinson-Forschung mit dem Parkinson Fellowship der Thiemann-Stiftung ausgezeichnet. Das Ziel der projektgebundenen Förderung für ein Jahr durch den mit 60.000 € dotierten Preis ist es, den Preistragenden zu ermöglichen, ihre vielversprechenden, innovativen Vorhaben zur Erforschung dieser neurodegenerativen Krankheit fortzuführen.

    Dr. Carla Palleis plant, beim kortikobasalen Syndrom (CBS) mit zugrunde liegender wahrscheinlicher 4-Repeat-Tauopathie oder Alzheimer-Pathologie in longitudinal erhobenen Proben mithilfe eines Analyseprogramms Tau-Spezies zu analysieren und mit der multimodalen Bildgebung zu vergleichen. Ihre Vorarbeiten im Rahmen der interdisziplinären, prospektiven Beobachtungsstudie „ActiGliA-CBS“ (Betroffene mit AD oder 4R-Tauopathie mit CBS-Phänotyp) umfassten klinische Baseline-Untersuchungen, Blut- und Liquordiagnostik, MRT, Mikroglia-TSPO- und Tau-PET – sowie deren Analyse und Auswertungen. Dr. Palleis zeigte mittels Mikroglia-TSPO-PET [18F]GE-180, einem Marker für Neuroinflammation in vivo, dass die CBS-Kohorte in den Basalganglien sowie auch kortikal in motorischen und supplementär-motorischen Arealen erhöhte mikrogliale Aktivität aufwies. Ziel ihres Forschungsprojekts ist, eine frühzeitige bildgebende und molekulare Diagnose der CBS-Neuropathologien, insbesondere der unterschiedlichen 4R-Tauopathien, zu ermöglichen und neue Biomarker zu identifizieren.

    In umfangreichen Vorarbeiten, deren Ergebnisse in „Brain“ publiziert wurden, konnte Dr. Lukas Goede zeigen, dass sowohl bei subthalamischer als auch bei pallidaler Tiefer Hirnstimulation (THS) die Modulation eines spezifischen funktionellen Netzwerks zu motorischer Symptomlinderung führt. In dem von Dr. Goede nun geplanten Forschungsvorhaben soll die Symptomspezifizität des Netzwerks gezeigt werden. Dabei wird prospektiv in einem Crossover-Studiendesign die multifokale Stimulation eines durch invasive Hirnstimulation identifizierten Netzwerks durchgeführt, jeweils mittels einer auf die entsprechenden Netzwerke angepassten Elektrodenkonfiguration. Es wird davon ausgegangen, dass für eine Verbesserung hypo- und hyperkinetischer Symptome zwei unterschiedliche Netzwerke stimuliert werden müssen. Die Symptomspezifizität dient im Crossover-Design als jeweilige Kontrollbedingung und es wird von einer spezifischen Symptomreduktion in beiden Bedingungen ausgegangen. Das Projekt soll am Center for Brain Circuit Therapeutics am Brigham and Women’s Hospital/Harvard Medical School in Boston durchgeführt werden – bei dem international anerkannten Experten im Bereich der Netzwerkmodulation durch THS/DBS Network Mapping Prof. Andreas Horn (Preisträger der Parkinson Fellowship 2015 der Thiemann-Stiftung).

    Der Pflegepreis der DGN 2023 geht nach Osnabrück und Siegen

    Seit dem Jahr 2021 schreibt die Deutsche Gesellschaft für Neurologie einmal jährlich den
    „Pflegepreis der DGN“ aus. Mit dem Preis werden innovative Projekte und Konzepte in der Pflege ausgezeichnet, welche die Versorgung von Menschen mit neurologischen Erkrankungen nachhaltig verbessern. Gesucht – und gefunden – wurden originelle Projekte mit wissenschaftlicher Qualität und hoher Praxisrelevanz. Ausgezeichnet wurden das Projekt „Demenz-Delir-sensibles Krankenhaus“ des Marienhospitals in Osnabrück und das Projekt „Wir sind Neurologie“ des Klinikums Siegen.

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    Weitere Informationen zu den Preisträgerinnen und Preisträgern sowie Fotos in Druckauflösung können bei der DGN-Pressestelle angefordert werden.

    Pressekontakt
    Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
    c/o Dr. Bettina Albers, albersconcept, Jakobstraße 38, 99423 Weimar
    Tel.: +49 (0)36 43 77 64 23
    Pressesprecher: Prof. Dr. med. Peter Berlit
    E-Mail: presse@dgn.org

    Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)
    sieht sich als wissenschaftliche Fachgesellschaft in der gesellschaftlichen Verantwortung, mit ihren 12.000 Mitgliedern die neurologische Krankenversorgung in Deutschland zu sichern und zu verbessern. Dafür fördert die DGN Wissenschaft und Forschung sowie Lehre, Fort- und Weiterbildung in der Neurologie. Sie beteiligt sich an der gesundheitspolitischen Diskussion. Die DGN wurde im Jahr 1907 in Dresden gegründet. Sitz der Geschäftsstelle ist Berlin. www.dgn.org

    Präsident: Prof. Dr. med. Lars Timmermann
    Stellvertretende Präsidentin: Prof. Dr. med. Daniela Berg
    Past-Präsident: Prof. Dr. med. Christian Gerloff
    Generalsekretär: Prof. Dr. med. Peter Berlit
    Geschäftsführer: David Friedrich-Schmidt
    Geschäftsstelle: Reinhardtstr. 27 C, 10117 Berlin, Tel.: +49 (0)30 531437930, E-Mail: info@dgn.org


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    Journalisten
    Medizin
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    Wettbewerbe / Auszeichnungen, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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