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09.03.1999 15:18

Maths meets Music

Birgit Berg Pressestelle
Technische Universität Dresden

    CeBIT in Hannover (18. bis 24. März 1999)

    Die elektronische Orgel "Mutabor" für Windows-Plattformen stimmt sich bei jedem Spiel - für das menschliche Ohr wohlklingend - neu

    Was haben Mathematik und Musik miteinander zu schaffen? "Eine ganze Menge", meint Professor Bernhard Ganter vom Institut für Algebra an der Technischen Universität Dresden (TUD). Neben mathematischen Formeln, Gleichungen und Rechenproblemen hat er sich der Theorie der reinen Stimmung in der Musik verschrieben. Herausgekommen ist dabei "Mutabor", eine MUTierende Automatisch Betriebene Orgel. Dessen Herzstück ist ein Computerprogramm für Windows-Plattformen, das Professor Bernhard Ganter und seine Arbeitsgruppe in dieser Form erstmalig auf der CeBIT vom 18. bis 24. März 1999 (Halle 16, Stand B023) präsentieren werden. Notwendig sind für das wohlklingende Spiel eine Soundkarte und für die Live-Session zusätzlich ein normales MIDI-Keyboard.

    "In der Musik", so Ganter, "gibt es eigentlich zwei Welten. Menschliche Stimmen und Geigen können jeden gewünschten Ton erzeugen. Die Mechanik des Klaviers und der Orgel sind nur fähig, eine bestimmte Anzahl von Tönen hervorzubringen." Streicher beispielsweise können sehr viel feinere Tonunterschiede spielen als Pianisten. Die Musik wird heute aber wesentlich durch die zwölfstufige Temperierung des Klaviers bestimmt. Die Welt der Klavier-Realität steht somit der Welt der musikalischen Ideen im Wege.
    Bernhard Ganter und sein Doktorvater Professor Rudolf Wille haben die Idee der reinen Stimmung aufgegriffen und im Rahmen des Forschungsprojektes "Mathematische Musiktheorie" an der TU Darmstadt die erste Automatisch Betriebene Orgel (Mutabor I.) gebaut. Das "holzgesägte Modell" testete erstmals Herbert von Karajan 1985 auf den Salzburger Festspielen. Noch im gleichen Jahr komponierte die Rumänin Violeta Dinescu das erste Werk für Mutabor und Violoncello.

    Später entwickelten Ganter und andere Studenten von Professor Wille Mutabor II, eine professionelle Version der "Veränderungs"-Software für Atari-Computer. Mit Mutabor III. legen die Dresdner Wissenschaftler nun "Mutabor für Windows" vor. Die Mutabor-Software ermöglicht der elektronischen Orgel sozusagen, in die Welt der Geigen überzuwechseln. Denn die Tasten des Instrumentes werden bei jedem gespielten Ton neu gestimmt. Die Tonfülle ist nicht mehr auf die Anzahl der Tasten beschränkt, Mutabor erzeugt Millionen von Tonhöhen. Auch feinste Tonunterschiede können hörbar gemacht werden. Weil die Software mit einer für Musiker leicht verständlichen Programmiersprache ausgerüstet ist, kann die Tastenumstimmung von jedem Nutzer auch selbst festgelegt werden. "Mutabor ist ein Low-Cost-Gerät", meint Professor Bernhard Ganter, "seine Leistungen im Bereich der Intonation liegen aber bereits deutlich jenseits dessen, was heutiges Live-Equipment von Musikern liefert. Mutabor ist für viele Anwender interessant: Für Musiker, die antike Stimmungen vergleichen und erkunden wollen, bei der Gehörschulung, für den Tonsatz, als tonales Experimentierfeld für Komponisten. Die von der Software angebotenen Möglichkeiten sind noch lange nicht ausgeschöpft."

    Das mathematische Problem der reinen Stimmung
    Die Mathematiker können die musikalischen "Wohlklänge" wie Oktaven, Quinten und Terzen berechnen. Eine Oktave beispielsweise zeichnet sich in reiner Stimmung dadurch aus, daß der höhere Ton die doppelt so hohe Frequenz hat wie der tiefere. Das Frequenzverhältnis ist also 2:1; bei der Quinte 3:2 und bei der Terz 5:4. Am Quintenzirkel ist die Verwandtschaft von Klängen, ihr harmonisches Zusammenspiel zu erkennen. Er führt zum Beispiel von C-Dur (G-Dur, D-Dur und so weiter) über zwölf Tonarten wieder nach C-Dur. Ein Quintenzirkel besteht aus zwölf Quinten mit je sieben Halbtönen. Das entspricht in der Theorie sieben Oktavschritten mit je zwölf Halbtönen. Also müßte eine Frequenzveränderung von (3/2)12 der von 27 entsprechen. Damit entspräche aber eine gebrochene Zahl einer natürlichen. Die Gleichung geht nicht auf. Das ist die mathematische Begründung dafür, daß klaviere nicht rein gestimmt sein können. Der klitzekleine Frequenzunterschied kann bisher beispielsweise auf alle Töne verteilt werden (wohltemperiert). Dabei klingt dann jeder Ton etwas "falsch". Oder aber die Ungleichheit wird auf ein Intervall "verbannt" (mitteltönig). Dann klingt nur dieses Intervall "schief", alle anderen sind rein gestimmt.

    Weitere Informationen: TU Dresden, Institut für Algebra,
    Professor Bernhard Ganter, Telefon (03 51) 4 63-50 63,
    Fax (03 51) 4 63-42 35, e-mail: ganter@math.tu-dresden.de
    oder vom 18. bis 24. März 1999 auf der CeBIT in Hannover (Halle 16, Stand B023, Gemeinschaftsstand "Forschungsland Sachsen",
    Telefon (05 11) 89-5 94 12, Fax (05 11) 89-5 07 37).

    Birte Urban, Telefon (03 51) 4 63-30 37


    Weitere Informationen:

    http://www.math.tu-dresden.de/~ganter


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Mathematik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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