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Wissenschaft
22.02.2008 - 23.02.2008 | Berlin
Weshalb zucken Augenlider und Finger? Wodurch sind manche Organe spürbar, andere aber nicht? Seit dem 17. Jahrhundert fanden Naturwissenschaftler auf diese Fragen verschiedenste Antworten. Dabei entwickelten sie einen Begriff, der all dies scheinbar fassen konnte - den Reflex. Reflexhaft sollten plötzliche Reaktionen auf unvorhersehbare Ereignisse ebenso sein wie unwillentliche und automatische Bewegungen von Gliedmassen bzw. Organen. Sogar für die Differenzierung von Leben und Tod schien der Reflex geeignet und Neues zu bieten, denn er durchkreuzte gängige Unterscheidungen und Erklärungsmodelle: so ist die Reflexaktivität von Toten über das letzte Wort oder den letzten Atemzug hinaus nachweisbar. Das wiederum brachte die Frage nach Bewusstsein und Seelentätigkeit auf den Plan. Wurden Reflexe als Effekte eines peripher gesteuerten Nervensystems gedeutet, warfen sie ein zweifelhaftes Licht auf die Steuerungshoheit und Lokalisierbarkeit einer zentral agierenden Seele. Zugleich wurden sie zum festen Bestandteil der Hirnforschung, auch wenn diese das Gehirn als zentrales Koordinationsorgan verstand.
Die Tagung will den Zusammenhang von Reflex- und Gehirnforschung in seiner historischen Entwicklung untersuchen. Ausgangspunkt ist die Frage, wie Wissen vom peripheren Nervensystem in die Hirnforschung Eingang gefunden hat und weshalb es dort zur Unterscheidung von zentralen und peripheren Nervenstrukturen, von Gehirn und Peripherie, kam, die bis heute für die Gehirnforschung konstitutiv ist.
Methodisch soll die Transformation historischer Wissensbestände disziplinenübergreifend analysiert und in ihrer sozialen und politischen Dimension in den Blick genommen werden: In welchen Kulturen tauchten Reflex und Gehirn um 1800, 1900 und Ende des 20. Jahrhunderts gemeinsam auf? Auf welche Weise prägten gesellschaftliche Prozesse wie die Verwaltung von Territorien, die Gestaltung politischer Topografien und die Einrichtung von Verkehrssystemen auch die Organisation von Reflex- und Gehirnfunktionen? Welche Reflex- und Gehirnvorstellungen lassen sich im literarischen Feld - als Gegenstand von Literatur (Darstellung automatischer Prozesse) sowie als Schreibverfahren (écriture automatique) - oder in kulturwissenschaftlichen Theorien von "involuntaire" ausmachen? Wie werden Reflexprozesse schließlich in der prä- und postkybernetischen Technikgeschichte und der Kommunikationstheorie aufgegriffen bzw. von Künstlern für die Adressierung ihrer Betrachter eingesetzt?
Hinweise zur Teilnahme:
Der Besuch der Veranstaltung ist kostenlos.
Kontakt:
Margarete Vöhringer
Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin
Schützenstr. 18
10117 Berlin
voehringer@zfl.gwz-berlin.de
Yvonne Wübben
Institut für Deutsche und Niederländische Philologie
FU Berlin
Habelschwerdter Allee 45
14195 Berlin
ywuebben@zedat.fu-berlin.de
Termin:
22.02.2008 - 23.02.2008
Veranstaltungsort:
Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin
Schützenstr. 18
3. Etage
Trajekte-Tagungsraum 308
10117 Berlin
Berlin
Deutschland
Zielgruppe:
Wissenschaftler
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Kunst / Design, Medizin, Musik / Theater
Arten:
Eintrag:
11.09.2007
Absender:
Susanne Hetzer
Abteilung:
Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZFL)
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event21315
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