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Heroin-Abgabe durch den Staat
Prohibition ungeeignet zur Verringerung der Drogensucht
Um das Heroinproblem in unserer Gesellschaft besser in den Griff zu bekommen, bedarf es eines Monopols durch den Staat, der das Heroin dann kontrolliert an Suechtige und Gelegenheitskonsumenten abgibt. Sowohl die bis heute bestehende Prohibition als auch eine vollstaendige Liberalisierung des Marktes sind ungeeignet, die Heroinsucht in unserer Gesellschaft zu verringern. Zu diesem Ergebnis kommt Olaf Gersemann in einer Studie, die 1995 am Seminar fuer Finanzwissenschaft der Universitaet zu Koeln entstanden ist.
Die immens hohe Zahl an Herointoten in Deutschland - im Jahr 1994 waren es 1.624 - ist ein Beleg dafuer, dass die Prohibition gescheitert ist, so Gersemann. Die Prohibition hat mit ihrem Mittel - der Strafverfolgung - das Ziel, eine vollstaendige Abstinenz in bezug auf den Heroinkonsum zu erreichen. Da aber in der Gesellschaft ein gewisses Beduerfnis nach Rausch besteht, ist das Erreichen einer vollstaendigen Abstinenz illusorisch. Es kann nur darum gehen, den Heroinkonsum so weit wie moeglich einzudaemmen. Dies ist, neben kriminologischen, psychologischen, medizinischen und paedagogischen Aspekten, auch unter oekonomischen Gesichtspunkten fuer die Gesellschaft von groesstem Interesse. Durch die Vielzahl von Heroinabhaengigen entstehen hohe soziale Kosten fuer die Allgemeinheit, unter anderem durch die Beschaffungskriminalitaet sowie durch die medizinische und therapeutische Betreuung von Suechtigen. Die Studie von Gersemann versteht sich als Versuch, die interdisziplinaer zu fuehrende Drogendiskussion um die bislang vernachlaessigte oekonomische Komponente zu erweitern.
Das Ziel der Verfechter der Prohibition ist es, Heroin dem Markt zu entziehen. Wie die gegenwaertige Situation zeigt, hat sich jedoch ein Schwarzmarkt etabliert, der ueberdies eine kontrainduzierte Preisstruktur aufweist. So wird Erstkonsumenten haeufig ein niedriger Sonderpreis eingeraeumt, um ihnen den Zugang zum Heroinmarkt zu erleichtern. Der den Haendlern entgangene Gewinn wird auf den Preis von bereits Suechtigen aufgeschlagen, da diese aufgrund der zu befuerchtenden Entzugserscheinungen auch hoehere Preise zahlen, um an Heroin zu gelangen.
Die Prohibition verursacht bestimmte Kosten, die von der Gesellschaft getragen werden, u. a. fuer die Durchfuehrung von Strafverfolgungen, Gerichtsverfahren und fuer den Strafvollzug. Bei einer vollstaendigen Liberalisierung des Heroinmarktes, dem Gegenpol zu der Prohibition, wuerden diese Kosten entfallen. Da der Opium-Anbau und die daran anschliessende Gewinnung von Heroin problemlos zu bewerkstelligen sind, wuerde durch den Wettbewerb vermutlich ein Markt entstehen, der gekennzeichnet ist durch niedrige Preise,so Gersemann. Auch die Qualitaet des verkauften Heroins wuerde sich durch den Wettbewerb verbessern, so dass mit weniger Todesfaellen aufgrund verunreinigter Ware zu rechnen waere. Ausserdem waeren Heroinabhaengige nicht mehr in das soziale Abseits gedraengt und stigmatisiert. Diese Entstigmatisierung koennte jedoch auf mittlere Sicht zu einem Anstieg des Drogenkonsums fuehren. Deshalb trifft eine vollstaendige Legalisierung von Heroin auf keine Akzeptanz in der Bevoelkerung, obwohl sie langfristig gesehen moeglicherweise die optimale Loesung des Drogenproblems sein koennte, so Gersemann.
Er entwickelt daher ein mehrphasiges Modell, das der kontrollierten Heroinabgabe von seiten des Staates. Danach sollen Suechtige zunaechst unter Aufsicht kostenlos Heroin zu sich nehmen und es spaeter, unter der Voraussetzung, dass ihr Konsumverhalten sich als stabil erwiesen hat, zu Hause selbstaendig konsumieren. Gelegenheitskonsumenten und volljaehrige Erstkonsumenten erhalten auf Wunsch zu einem kuenstlich hohen Abgabepreis ebenfalls Heroin, allerdings erst, nachdem sie sich einem Beratungsgespraech ueber die moeglichen Folgen des Heroinkonsums unterzogen haben. Das Heroin muessen sie unter Aufsicht konsumieren. Schliesslich - in der letzten Phase - soll die Abgabe an Suechtige zu einem kostendeckenden Preis erfolgen und das Heroin chemisch markiert werden, um zu ueberpruefen, ob sich ein grauer Markt bildet, auf dem das Heroin weiterverkauft wird. Gelegenheitskonsumenten koennen entscheiden, ob sie das Heroin weiterhin unter Aufsicht oder in rationierten Portionen zu Hause konsumieren wollen.
Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias
Fuer Rueckfragen steht Ihnen Olaf Gersemann unter der Telefonnummer tagsueber: 0211/8871275 und abends: 0221/5699574 zur Verfuegung.
Fuer die UEbersendung eines Belegexemplares waeren wir Ihnen dankbar.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Politik, Recht
überregional
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