Bertelsmann Stiftung: Ärzte und Versicherte mit unterschiedlicher Meinung zur Sterbehilfe
Gütersloh, 30. März 2005. Der Fall der Wachkomapatientin Terri Schiavo hat der Diskussion um Sterbehilfe und Patientenverfügung auch in Deutschland neue Nahrung gegeben. Der aktuelle Gesundheitsmonitor der Bertelsmann Stiftung zeigt die Meinung von Ärzten und Versicherten zu diesen Themen. "Eine Patientenverfügung wird von zwei Drittel der Bevölkerung befürwortet", sagt Dr. Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Gütersloher Stiftung. Nur ganze 3 Prozent sind explizit dagegen. Allerdings haben erst 10 Prozent der Befragten selbst eine solche Patientenverfügung unterschrieben, wobei die Quote mit zunehmendem Alter stark ansteigt.
Die Einstellung zur Patientenverfügung hat auch Einfluss auf die Position der Bürger zum Thema Sterbehilfe. Wenn sie nicht mehr allein fähig wären, über eine Sterbehilfe zu entscheiden, sollte für 44 Prozent der Befragten der in der Patientenverfügung festgelegte Wille gelten. Der Zuspruch ist hier bei den Altersgruppen am stärksten, die zwischen 30 und 49 Jahre alt sind. 34 Prozent möchten Betreuer und Angehörige entscheiden lassen, nur für 10 Prozent sollen die Ärzte stellvertretend die Entscheidung fällen.
Letzteres liegt vielleicht auch daran, dass die Einstellung zum Thema Sterbehilfe innerhalb der Ärzteschaft sehr unterschiedlich ist: Genau ein Drittel lehnt jede Form der Sterbehilfe oder ihre Vorbereitung generell ab. 67 Prozent können sich dagegen vorstellen, auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten hin lebensverlängernde Maßnahmen zu unterlassen, wenn ansonsten durch die Maßnahmen nur der Todeseintritt verzögert wird, die Krankheit aber nicht mehr aufgehalten werden kann.
Der Gesundheitsmonitor der Bertelsmann Stiftung zeigt aber auch, dass die Versicherten nicht in allen Punkten die Position der Ärzte teilen. Zwar sind unter den beschriebenen Umständen zwei Drittel der Befragten für das Unterlassen lebensverlängernder Maßnahmen. Allerdings lehnen nur 9 Prozent sowohl aktive als auch passive Sterbehilfe generell ab. Auch bei der Frage, ob auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten eine Selbsttötung unter Mithilfe des Arztes möglich sein sollte, klafft eine Lücke zwischen Ärzten und Versicherten: 45 Prozent der Versicherten stimmen zu, allerdings nur 10 Prozent der Ärzte. "Hier stellt sich die Frage, welchen Stellenwert der mündige Patient bei Diagnose und Therapie genießt. Dieser generellen Problematik müssen sich die Verantwortlichen annehmen", meint Brigitte Mohn.
Der Gesundheitsmonitor der Bertelsmann Stiftung befragt seit dem Jahr 2001 repräsentativ zweimal jährlich Versicherte und einmal im Jahr Ärzte nach ihrer Meinung über die wichtigsten Themen der Reform des Gesundheitswesens in Deutschland. Die Ärztebefragungen werden unter Ärzten der ambulanten Versorgung durchgeführt. Für den aktuellen Gesundheitsmonitor wurden 1.400 Versicherte und 500 Ärzte befragt.
Über die Bertelsmann Stiftung:
Die Bertelsmann Stiftung versteht sich als Förderin des Wandels für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Sie will Reformen in den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Soziales, Gesundheit sowie Internationale Verständigung voranbringen. Die 1977 von Reinhard Mohn gegründete, gemeinnützige Einrichtung hält die Mehrheit der Kapitalanteile der Bertelsmann AG. In ihrer Projektarbeit ist die Stiftung unabhängig vom Unternehmen und parteipolitisch neutral.
Rückfragen an: Jan Böcken, Telefon: 0 173 / 54 52 073
http://www.bertelsmann-stiftung.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Politik, Recht
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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