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06.05.1999 13:32

Schädigung und Bruch von Aluminium-Legierungen

Gertraud Pickel Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Metallverbundwerkstoffe bzw. Aluminium-Legierungen finden heute als sogenannte "High-Tech-Werkstoffe" vermehrt Anwendung. Über die Werkstoffmechanik dieser Materialien liegen insbesondere bei hohen Beanspruchungen und unter Temperatureinwirkung keine relevanten Materialkennwerte vor. Auch für Stoffgesetze, die das duktile Verhalten einschließlich der Schädigungsvorgänge während plastischer Verformung beschreiben, existieren nur erste theoretische Ansätze für mögliche Fließkriterien. Seit Januar 1999 befaßt sich am Lehrstuhl für Technische Mechanik der Universität Erlangen-Nürnberg ein wissenschaftlicher Mitarbeiter sowohl experimentell als auch numerisch mit der duktilen Schädigung in Aluminium-Legierungen unter Berücksichtigung der Spannungsmehrachsigkeit. Das gemeinsame Forschungsprojekt von Prof. Dr. Günther Kuhn und Akad. Dir. Dr.-Ing. Werner Winter wird von der DFG gefördert.

    Schäden im Mikro- und Makrobereich

    Spalt- und Gleitbruch sind wesentliche Bruchmechanismen bei Aluminium-Legierungen. Die Deutung des Spaltbruches in der Metallkunde beruht darauf, daß bei spröden Materialien unter Zugbeanspruchung Mikrorisse entstehen. Unter zunehmender Belastung vereinigen sich diese zu Makrorissen, die letztlich für den Bruch verantwortlich sind. Beim duktilen Gleitbruch geht man davon aus, daß ein wesentlicher Teil des Schädigungsmechanismus auf der Bildung, dem Wachstum und der Vereinigung von Hohlräumen beruht.

    Ziel der Schädigungsmechanik ist es, diese im Mikro- und Mesobereich ablaufenden Schädigungsvorgänge modellmäßig richtig zu erfassen und durch geeignete Homogenisierungstechniken auf den Makrobereich zu transformieren. Zum besseren Verständnis der komplexen Vorgänge sind gezielte Experimente sowie parallellaufende numerische Simulationen erforderlich, die sich auf den Meso- wie den Makrobereich erstrecken.

    Die in der Schädigungsmechanik entwickelten Stoffgesetze bauen in der Regel auf bewährte kontinuumsmechanische (meist phänomenologische) Stoffmodelle auf und versuchen, den Mechanismus der Schädigung in das entsprechende Modell durch Modifizierungen, die auf mikromechanischen Modellvorstellungen beruhen, zu integrieren. Ein typisches Beispiel hierfür ist das Schädigungsmodell nach GURSON, das im wesentlichen auf der klassischen J2-Elastoplastizität aufsetzt und den aus der Bildung, dem Wachstum und der Vereinigung von Hohlräumen beruhenden Schädigungsprozeß integriert.

    Die Hohlraum-Nukleaktion kann spannungs- oder dehnungsgesteuert erfolgen und durch entsprechende Evolutionsgleichungen modelliert werden. Erreicht bei diesem Modell das Hohlraumvolumen einen kritischen Wert, kommt es zur Hohlraumvereinigung und letztlich zur ersten Bildung eines Makrorisses. Ist die Rißinitiierungsphase erreicht, wird das weitere Verhalten des nun makroskopisch geschädigten Bauteils mit den Modellvorstellungen der Bruchmechanik beschrieben.

    Ziel des Forschungsvorhabens ist es, das duktile Schädigungsverhalten technisch wichtiger Aluminium-Legierungen experimentell zu untersuchen und das Verformungsverhalten der Probekörper mit geeignet modifizierten Stoffgesetzen der Schädigungsmechanik zu simulieren. Als wesentliche Schwerpunkte sollen dabei der Einfluß der Mehrachsigkeit des Spannungszustandes (1. Spannungsinvariante) sowie der Mikrostruktur verschiedener Aluminium-Legierungen auf die Schädigung herausgearbeitet und modelliert werden.

    Mehrachsige Versuche

    Die Mehrachsigkeit eines Spannungszustandes hat einen erheblichen Einfluß auf den Schädigungsmechanismus (z.B. Hohlraumwachstum) bzw. auf das Versagen des Bauteils. Ein Versagenskriterium für duktilen Gleitbruch muß deshalb neben der Schädigung (Volumenanteil an Hohlräumen) und der plastischen Vergleichsformänderung auch die Spannungsmehrachsigkeit berücksichtigen. Zur Identifikation geeigneter Stoffgesetze für Aluminium-Legierungen, der Werkstoffparameter und der Evolutionsgleichungen für die Schädigung sind also mehrachsige Versuche notwendig, einfache Zug- bzw. Druckversuche reichen zur Materialbeschreibung nicht aus.

    Der Einfluß der Mikrostruktur wird insbesondere durch das unterschiedliche Verhalten der in Al-Legierungen auftretenden verschiedenen Ausscheidungen geprägt. Spröde Ausscheidungen neigen zur Mikrorißbildung (elastische Schädigung) und begünstigen den Spaltbruch, während duktilere Ausscheidungen dazu neigen, sich von der Matrix abzulösen und Hohlräume zu bilden.

    Im Rahmen der geplanten Experimente sind umfangreiche Gefügeuntersuchungen vorgesehen, um einen besseren Einblick in die im Mesobereich ablaufenden Schädigungsvorgänge zu gewinnen. Die meßtechnische Bestimmung der auf Hohlraumbildung und Hohlraumwachstum zurückzuführenden Schädigung (Dichteänderung) erfolgt mit Hilfe des Archimedischen Prinzips. Kontrolluntersuchungen mit einem Absorptionsverfahren liegen vor. Der Einfluß der Versuchstemperatur soll berücksichtigt werden. Die Probengeometrie bzw. die Formänderungen auf den Probenoberflächen wird über ein rechnergestütztes Bildverarbeitungssystem bzw. ein Speckle-Interferometer sowie das Rasterverfahren mit digitaler Bildverarbeitung und Auswertung erfaßt.

    Im Rahmen der parallel geplanten numerischen Simulation des elasto-plastischen Verformungsverhaltens mit Schädigung werden zunächst aus der Literatur bekannte werkstoffmechanische Modelle (Stoffgesetz, Evolutionsgleichung für die Schädigung) bezüglich ihrer Anwendbarkeit auf die in diesem Forschungsvorhaben interessierenden Al-Legierungen überprüft und in Abhängigkeit der Ergebnisse entsprechend modifiziert. Für die numerische Simulation stehen neben einem eigenentwickelten Feld-Randelementprogramm für inelastisches Materialverhalten, in das u.a. bereits ein modifiziertes GURSON-Modell implementiert ist, Finite-Element-Programme mit entsprechenden Schnittstellen für die Stoffbeschreibung zur Verfügung.

    Die aus dem Forschungsprojekt erwarteten wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie die versuchs- und meßtechnischen Erfahrungen sollen längerfristig zur Entwicklung und experimentellen Validierung von Stoffgesetzen der Schädigungsmechanik für komplexe Werkstoff-Verbunde (Metall-Verbundwerkstoffe, Metallschäume, faserverstärkte Kunststoffe) dienen.

    * Kontakt:
    Dr.-Ing. Werner Winter, Lehrstuhl für Technische Mechanik
    Egerlandstraße 5, 91058 Erlangen
    Tel.: 09131/85 -28505, Fax: 09131/85 -28503, E-mail: winter@ltm.uni-erlangen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Maschinenbau, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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