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03.05.2005 18:00

Günter Grass und Imre Kertész sind neue Ehrendoktoren der Freien Universität Berlin

Ilka Seer Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Freie Universität Berlin

    Günter Grass und Imre Kertész haben am heutigen Dienstag, dem 3. Mai 2005, die Ehrendoktorwürde des Fachbereichs Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität Berlin erhalten. Beide wurden im Audimax der Freien Universität für ihr Lebenswerk mit dem Doctoris honoris causa ausgezeichnet. In einer Grußbotschaft betonte Bundeskanzler Gerhard Schröder, dass die Freie Universität der geeignete Ort für die heutige Begegnung sei.

    "Die Freie Universität Berlin (FU) verfügt über eine lange Tradition, berühmte wie gegensätzliche Schriftsteller auszuzeichnen wie etwa Umberto Eco und Salman Rushdie. Zur Auftaktveranstaltung der 'Dahlemer Impulse' erhielten erstmals zwei bedeutende Schriftsteller gemeinsam die Ehrendoktorwürde. ?Mit Günter Grass und Imre Kertész haben wir für den heutigen Tag zwei Ehrengäste gewonnen, deren kritische Zeitzeugenschaft von der Welt des 20. Jahrhunderts ebenso geprägt wurde wie sie umgekehrt Welt und Gesellschaft des 20. Jahrhunderts mit ihren Zeitanalysen geprägt haben", sagte FU-Präsident Univ.-Prof. Dr. Dieter Lenzen in seiner Begrüßungsrede.

    Auch Bundeskanzler Schröder hatte eine Grußbotschaft zum heutigen Festakt übermittelt. Er betonte: "60 Jahre nach Kriegsende ist es sicher nicht nur für mich eine tiefe Freude und Ermutigung, dass zwei europäische Schriftsteller gemeinsam für ihr Lebenswerk geehrt werden, die in besonderer Weise für die Auseinandersetzung mit den Schrecken des Krieges und der totalitären Gewaltherrschaft, aber auch für die Kraft des Individuums selbst unter unvorstellbaren Bedingungen stehen. Und dass dies durch eine Universität geschieht, die seit ihrer Gründung - und nicht nur durch ihren Namen - für die Freiheit des Denkens und die Unabhängigkeit des Geistes steht."

    In seiner Laudatio auf Imre Kertész würdigte der Literaturwissenschaftler Univ.-Prof. Dr. Joachim Küpper das Lebenswerk des gebürtigen Ungarns, der vor 60 Jahren das Konzentrationslager Buchenwald als Überlebender verlassen konnte. "Dieser düstere Horizont ist in dieser Feierstunde präsent, und er ist es unabhängig davon, ob wir dies wollen oder nicht. Dafür, dass Sie die Ehrendoktorwürde der Freien Universität annehmen, können wir, die Mitglieder dieser Universität, aber auch die Einwohner dieser Stadt und die Bürger dieses Landes nur dankbar sein, Ihnen dankbar sein." Kertész habe das erlebte Grauen präsent gehalten, weil es ihm gelungen sei für das im Grunde genommen Unsagbare eine Sprache zu finden und damit auch das Grauen zugleich auf Distanz zu bringen.

    Für Kertész wie Grass ist Literatur das Medium, um Geschichte aufzuarbeiten - das macht sie zu den großen Autoren des vergangenen Jahrhunderts, in dem sie tief verwurzelt sind. Entsprechend betonte Kertész einmal in einem Interview: Wenn historisch Bedeutsames geschieht, müsse man als Schriftsteller reagieren. Für Grass wiederum ist Literatur "das tauglichste Mittel, Geschichte von unten zu reflektieren".

    In diesem Sinne stellteUniv.-Prof. Dr. Eberhard Lämmert, Literaturwissenschaftler und ehemaliger Präsident der Freien Universität Berlin, in seiner Laudatio auf Günter Grass fest: "Anders als ein Historiker, der über erfundene Stimmen nicht verfügen kann, hat ein Schriftsteller die Möglichkeit, aus der Vergangenheit Stimmen zu wecken, die nie zu Gehör, geschweige denn zu Papier gebracht wurden. Großzügiger und variantenreicher als je ein deutschsprachiger Autor zuvor hat Günter Grass solche Stimmen auch zu vorgeschobenen Erzählern gemacht. Doch strenger als andere gibt er ihnen, schon in den "Hundejahren" und noch in "Mein Jahrhundert", wo das letzte Wort seine Mutter hat, nur eine auf ihr jeweiliges Naturell eingegrenzte Lizenz, die Vergangenheit aufzuhellen. Aber gerade durch diesen wechselnden Zuschnitt wird unter seiner Hand die Vergangenheit so präsent wie sie real, nämlich in unterschiedlichen Erinnerungen, existiert."

    Zu der öffentlichen Feierstunde hatten sich prominente Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Gesellschaft angekündigt, wie der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker; Berlins Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Prof. Monika Grütters, MdA, Mitglied des Kulturausschusses sowie des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung des Berliner Abgeordnetenhauses, Sprecherin der Stiftung "Brandenburger Tor"; Berlins ehemaliger Schulsenator Walter Rasch; Berlins ehemaliger Wissenschaftssenator Prof. Dr. George Turner; die TV-Moderatorin Sabine Christiansen; RBB-Fernsehdirektor Gabriel Heim; RBB-Intendantin Dagmar Rein; "Tagesspiegel"-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff; Jan-Eric Peters, Chefredakteur der "Welt"; Dr. Willibald Veit, Direktor des Museums für Ostasiatische Kunst; der Verleger Klaus Wagenbach und mehrere Botschafter.

    Nach der Verleihung der Ehrendoktorwürden im mit knapp tausend Personen voll besetzten Audimax - durch Videoübertragungen in zwei Hörsäle verfolgten weitere 500 Personen die Zeremonie - hatten die Gäste die Gelegenheit, Bücher von den beiden Schriftstellern signieren zu lassen. Ab 19.30 Uhr fand ein Gala-Dinner in Anwesenheit der beiden Literaturnobelpreisträger statt. Dazu hatten sich 150 Gäste angemeldet.

    Weitere Informationen:
    Ilka Seer. Kommunikations- und Informationsstelle der Freien Universität Berlin, Tel.: 0160 / 586 23 76, E-Mail: pdw@zedat.fu-berlin.de


    Weitere Informationen:

    http://www.fu-berlin.de/dahlemer-impulse/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Personalia
    Deutsch


     

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