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20.05.1999 16:19

Britisch-amerikanische Spanienpolitik 1942 - 1946

Gertraud Pickel Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Francos Sturz wäre den Regierungen Großbritanniens und der USA wohl nicht unliebsam gewesen, doch der rechte Zeitpunkt für ein hartes Vorgehen gegen das Regime des Generals und eine gemeinsame Linie in der Spanienpolitik wollten sich nicht einstellen. Belege für diese These, die Briten und Amerikaner als "Garantiemächte wider Willen" für Francos Spanien sieht, sollen in einem Forschungsvorhaben unter der Leitung von Prof. Dr. Walther L. Bernecker am Lehrstuhl für Auslandswissenschaft/Romanischsprachige Kulturen gesammelt werden. Projektbearbeiter ist Dr. Carlos Collado Seidel, der seit Jahren über politische und soziologische Aspekte der Franco-Diktatur arbeitet.

    Dem Sog entkommen

    Das Regime von General Franco steht in einem engen Zusammenhang mit dem "Dritten Reich" Hitlers und mit Mussolinis Italien. Ohne die schlagkräftige Unterstützung der beiden Achsenmächte wäre wohl der Putsch des spanischen Generals gescheitert und dem Land ein grausamer Bürgerkrieg sowie eine 40 Jahre währende Diktatur erspart geblieben. Franco hatte - bis sich die "Götterdämmerung" am Horizont abzuzeichnen begann - nie einen Hehl daraus gemacht, für welche Kriegsseite sein Herz schlug. Und obwohl für zeitgenössische Beobachter außer Frage stand, daß Franco ein Bündnispartner der "Achse" war, überstand der "Caudillo" im Gegensatz zu seinen großen Vorbildern und zur Überraschung der Außenstehenden unbeschadet den Zweiten Weltkrieg.

    Diese Tatsache wurde und wird auf eine geschickte Politik Francos zurückgeführt: Franco habe es bei aller "Liebe" zum Faschismus zum einen verstanden, Briten und Amerikaner nie vollständig zu verprellen, und zum anderen habe er es geschafft, in Form von symbolischen politischen Gesten und kosmetischen Veränderungen am Erscheinungsbild seines Regimes sich rechtzeitig von den "Achsenmächten" abzukoppeln und somit nicht in den Sog des Unterganges hineingezogen zu werden.

    Voruntersuchungen zu diesem Forschungsprojekt ergeben indes ein anderes Bild. Demnach waren sich zwar Briten und Amerikaner stets in ihrer Abneigung gegenüber dem Franco-Regime einig und wünschten sich ein Ende der Diktatur in Spanien, eine schlagkräftige und zielgerichtete Politik in diesem Sinne scheiterte jedoch immer wieder aus übergeordneten Gründen. Mehr als ein Mal hatte sich im Untersuchungszeitraum die Gelegenheit geboten, den Sturz von General Franco zu forcieren, allerdings ohne daß dieses Ziel mit Konsequenz verfolgt wurde: Politische Erwägungen brachten immer wieder einen der beiden Partner dazu, von einer Zwangsanwendung gegenüber Franco zu einem bestimmten Zeitpunkt abzusehen und den status quo gegenüber neuen politischen Verhältnis-sen auf der Iberischen Halbinsel vorzuziehen.

    London und Washington wurden sich außerdem letztlich nie einig, welche Mittel zur Anwendung kommen sollten. Während des Krieges sprachen wechselweise politische, militärische und ökonomische Gründe gegen die Herbeiführung eines Sturzes von General Franco. Nach dem Krieg führte der aufkommende Ost-West-Konflikt zu der Überzeugung, daß Franco ein vergleichsweise vernachlässigbares Übel sei und keine künstlich erzeugten Unruheherde in Europa wünschenswert seien. London und Washington hatten sich, so die Arbeitshyphothese, als "Garantiemächte wider Willen" entpuppt.

    Mangel an Konzepten

    Im Rahmen dieses auf zwei Jahre angelegten Forschungsvorhabens, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert wird, soll diese Arbeitshypothese überprüft werden. Erste Ergebnisse bestätigen diesen Ansatz und bringen vor allem zutage, daß die gemeinsame Spanienpolitik ein zwischen Briten und Amerikanern umkämpftes Feld war. Grundlegende Meinungsverschiedenheiten zwischen Roosevelt und Churchill über den Umgang mit Franco, ökonomische und strategische Zwangslagen sowie Fehlperzeptionen und unterschiedliche Wahrnehmung der politischen Realität in Spanien durch die diplomatischen Repräsentanten Londons und Washingtons vor Ort führten nicht nur zu Koordinationsproblemen, sondern vor allem dazu, daß kein erfolgversprechendes Konzept entwickelt werden konnte, um
    einen Regimewechsel in Spanien induzieren zu können.

    Dieser Ansatz zur Erklärung der Fortexistenz des Franco-Regimes über das Jahr 1945 hinaus ist in wesentlichen Punkten neu und richtet sich gegen die vorherrschende These, wonach die Beständigkeit der Diktatur auf eine geschickte Außenpolitik des spanischen Diktators zurückzuführen sei. Zur Untermauerung dieses Ansatzes ist es (neben der Auswertung der vorliegenden Forschungsergebnisse sowie "gängiger" Dokumentationen) in erster Linie nötig, bislang nicht oder wenig beachtete Dokumentenbestände in staatlichen Archiven Spaniens, der Vereinigten Staaten und Großbritanniens sowie private Nachlässe heranzuziehen.

    Die Ergebnisse des skizzierten Forschungsvorhabens sollen in Buchform, Teilergebnisse über Fachperiodika oder Printmedien der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

    * Kontakt:
    Prof. Dr. Walther L. Bernecker, Dr. Carlos Collado Seidel
    Lehrstuhl Auslandswissenschaft, Romanischsprachige Kulturen
    Findelgasse 9, 90402 Nürnberg, Tel.: 0911/5302 -655
    E-mail: bernecker@wiso.uni-erlangen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Recht
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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