Islamwissenschaftler der Universität Jena findet Handschriften von deutschem Orientalisten in St. Petersburg
Jena (27.07.05) Drei wertvolle arabische Handschriften aus deutscher Feder hat jetzt PD Dr. Florian Sobieroj von der Universität Jena in St. Petersburger Bibliotheken wiederentdeckt. Verfasst wurden die Handschriften vom Berater Goethes in orientalischen Angelegenheiten Georg Wilhelm Lorsbach (1752-1816), der auch Professor für orientalische Sprachen an der Universität Jena war. Die Schriften sind 1828 auf Grund einer Schenkung durch Lorsbachs Bruder aus Siegen an das von dem deutschen Orientalisten Christian Martin Fraehn 1818 gegründete St. Petersburger Asiatische Museum gelangt. Heute gehören die Handschriften zum Bestand des Instituts für orientalische Studien, dem Nachfolger des Museums.
Zu den drei Werken, die der Islamwissenschaftler Sobieroj in St. Petersburg wiederfand, gehört eine Sammlung arabischer Gedichte. Lorsbach schrieb sie aus einer heute vermissten Handschrift ab, die der Orientalist damals in der Bibliothek des Herzogs von Sachsen-Meiningen vorfand. Einen Zahr al-kimam betitelten Kommentar zur koranischen Josefs-Sure kopierte Lorsbach 1805 nach einer gleichfalls nicht mehr auffindbaren Handschrift in Fulda. Eine dritte Handschrift Lorsbachs enthält einen mystischen Kommentar des letzten klassischen persischen Dichters, Dschami, zur Prophetologie des andalusischen Theosophen Ibn al-Arabi. "Die drei Manuskripte belegen, dass die handschriftliche Reproduktion arabischer Texte durch abendländische Gelehrte auch noch Jahre nach der Einführung des Buchdrucks im islamischen Orient fortgeführt wurde", sagt Sobieroj.
Damit hat der Islamwissenschaftler, der seit 1997 an der Universität Jena an der Katalogisierung der arabischen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB) München arbeitet, weitere Zeichen von Lorsbachs Arbeit sicherstellen können. Dieser hat zwar in den Thüringer Bibliotheken - etwa in Weimar, Jena und Rudolstadt - zahlreiche Spuren als orientalischer Sprachengelehrter hinterlassen, doch sind die meisten seiner Kopien von arabischen Texten verschollen.
Neben dem Fund hat Sobieroj während einer internationalen Tagung in St. Petersburg auch über seine Forschungen zu weiteren historischen Bezügen zwischen deutschen und russischen Orientalisten einen Vortrag gehalten. In St. Petersburger Bibliotheken befinden sich von deutschen oder aus Deutschland stammenden Gelehrten auch die Sammlungen arabischer, persischer und türkischer bzw. tatarischer Handschriften von Fraehn und Franz von Erdmann. Beide aus Rostock stammenden Gelehrten waren Anfang des 19. Jahrhunderts nacheinander einem Ruf auf den Lehrstuhl für orientalische Sprachen der Universität von Kazan (Tatarstan) gefolgt und in das zaristische Russland emigriert. Fraehn konnte dadurch der Arabistik in Russland entscheidende Impulse geben, wie Sobieroj nachweisen konnte. Die Handschriften aus Fraehns Privatbibliothek befinden sich im Institut für orientalische Studien an der Newa. Ebenso umfangreich wie die Sammlung von Fraehn sind die von Erdmann nachgelassenen orientalischen Handschriften. "Erdmann diente wie Fraehn als Mittler zwischen Russland und den deutschen Ländern", betont Sobieroj. In der insgesamt 27.000 orientalische Manuskripte enthaltenden Handschriftenabteilung der Russischen Nationalbibliothek befinden sich auch arabische Handschriften aus der Privatbibliothek des Bonner Professors Georg Wilhelm Freytag (gest. 1861). "Eine nähere Untersuchung dieser Handschriften verspricht interessante Aufschlüsse über die Geschichte der deutschen und europäischen Arabistik", hofft Sobieroj auf ein neues Projekt, das die Erforschung ermöglicht.
Kontakt:
PD Dr. Florian Sobieroj
Institut für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients der Universität Jena
Löbdergraben 24a, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 944857
E-Mail: x8sofl@rz.uni-jena.de
Der Jenaer Islamwissenschaftler PD Dr. Florian Sobieroj.
Foto: FSU
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Sprache / Literatur
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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