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20.07.1999 11:23

Virologie: Neutralisation von Herpesvirus-Erkrankungen

Dr.rer.pol. Dipl.-Kfm. Ragnwolf Knorr Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Schwere Erkrankungen müssen zwar nicht die Folge sein, doch sie können auftreten, wenn Cytomegaloviren Menschen infizieren. Besonders hoch ist das Risiko für Transplantationspatienten, AIDS-Kranke und neugeborene Kinder. Am Institut für Klinische und Molekulare Virologie der Universität Erlangen-Nürnberg sucht eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Mach in den Proteinen, die die Virushülle formen, nach Ansatzpunkten für einen wirksamen Schutz. Als Reaktion auf solche Hüllproteine bildet das Immunsystem Antikörper. Darunter interessieren vor allem diejenigen, die Cytomegaloviren neutralisieren können und damit verhindern, daß sie Krankheitssymptome auslösen.

    Das humane Cytomegalovirus (HCMV) gehört zur Gruppe der Herpesviren. Ist es diesen Viren gelungen, sich im Wirtsorganismus einzunisten, bleiben sie in den befallenen Zellen und deren Nachfolgegenerationen lebenslang erhalten. Wiederholt können die Viren reaktiviert werden, sich erneut vermehren und auf weitere Zellen übergreifen.

    Gemeinsame Evolution

    Cytomegaloviren sind weltweit verbreitete Krankheitserreger, die in einer Vielzahl von Wirten vorkommen. Die Tatsache, daß man das humane Cytomegalovirus in Populationen finden kann, bei denen Masern- oder Influenza-Viren nicht nachweisbar sind, deutet darauf hin, daß es sich stammesgeschichtlich um sehr alte Viren handelt. Die lange Co-Evolution hat zu einer hervorragenden Anpassung an den natürlichen Wirt geführt. Dies kann ein Grund dafür sein, daß in der überwiegenden Zahl der Fälle trotz Infektion keine Krankheitserscheinungen auftreten; in der gemeinsamen Entwicklungsgeschichte hat es sich für das Virus als vorteilhaft erwiesen, die Wirtsorganismen nicht zu schwer zu schädigen.

    Für Personen mit nicht voll entwickeltem oder geschwächtem Immunsystem ist eine HCMV-Infektion jedoch weiterhin ein wichtiges klinisches Problem. Bei Neugeborenen verursacht das Virus die häufigste virale Infektion; etwa 0,2 - 2,0 Prozent sind betroffen. Damit werden allein in den USA jährlich etwa 30- bis 40.000 infizierte Kinder geboren. Obwohl für Europa vergleichbare Studien fehlen, dürfte die Frequenz hier ähnlich sein. Etwa 5 bis 10 Prozent dieser Kinder weisen bei der Geburt Symptome auf. Die schwerwiegendste Manifestation ist die Zytomegalie. Charakteristisch dafür sind Vergrößerungen von Leber und Milz, Gelbsucht, Blutgerinnungsstörungen, Verkleinerung und Deformation von Umfang und Inhalt des Hirnschädels und Störungen des Zentralnervensystems. Das komplette Syndrom kommt in den USA bei einer von 3000 Lebendgeburten vor. Schwere und schwerste Schäden treten fast ausschließlich auf, wenn die Mutter erstmals während der Schwangerschaft infiziert wird.

    Transplantationspatienten sind eine weitere Risikogruppe, wobei Empfänger von Knochenmark oder Stammzellen besonders gefährdet sind. Bei dieser Gruppe muß das Immunsystem am intensivsten gehemmt werden, damit der Organismus das Transplantat nicht abstößt. Die schwerste Manifestation der HCMV-Erkrankung, die in dieser Patientengruppe auftritt, ist die interstitielle Pneumonie, eine besonders gefährliche Form der Lungenentzündung. Sie führt in ca. 70 Prozent der Fälle zum Tod. AIDS- Patienten sind ebenfalls besonders anfällig für schwere Infektionen. Etwa 20 - 25 Prozent der Langzeitüberlebenden mit AIDS entwickeln zu irgendeinem Zeitpunkt Symptome einer HCMV-verursachten Netzhautentzündung, die das betroffene Auge unbehandelt ausnahmslos erblinden läßt.

    Eine Chemotherapie der HCMV-Infektion ist prinzipiell möglich, erweist sich im individuellen Fall jedoch häufig als schwierig, da die verwendeten Medikamente zum einen sehr belastende Nebenwirkungen haben, andererseits resistente Virusstämme auftreten. Außerdem wird das Virus durch die Therapie nicht eliminiert, so daß Reaktivierungen weiterhin möglich sind.

    Einfluß von Antikörpern

    In den letzten Jahren wird verstärkt an Strategien gearbeitet, die Immunantwort gegen das Virus zu stimulieren, um so klinisch manifesten Infektionen vorzubeugen. Neuere Befunde der Arbeitsgruppe am Erlanger Institut für Klinische und Molekulare Virologie deuten darauf hin, daß die Bildung von Antikörpern, die antivirale humorale Immunantwort, einen wichtigen Faktor für den Verlauf der Infektion darstellt. In diesem Zusammenhang sind Antikörper, die in der Lage sind, das Virus zu neutralisieren, besonders interessant.

    Am Beispiel der immundominanten antigenen Domäne 1 (AD-1) des viralen Glykoproteins B soll untersucht werden, welche Faktoren zu einer effizienten Neutralisation durch Antikörper beitragen. Hierzu sollen strukturelle Daten von Antigen-Antikörper-Komplexen erhoben und Neutralisationsmechanismen geklärt werden. Auf der Seite der Antigene soll der in Erlangen erstmals identifizierte Komplex des integralen Membranproteins (IMP) und gp62 detailliert analysiert werden. Außerdem soll versucht werden, weitere Hüllproteine von HCMV zu identifizieren und so die Charakterisierung der Virushülle zu vervollständigen.

    Von den Ergebnissen werden grundlegende Informationen über den Virusaufbau und die antivirale humorale Immunantwort erwartet. Die Daten werden für gezielte Strategien zur Immunprophylaxe von Nutzen sein. Die DFG fördert diese Forschungsarbeiten zunächst für zwei Jahre.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Michael Mach, Institut für Klinische und Molekulare Virologie
    Schlossgarten 4, 91054 Erlangen,
    Tel.: 09131/85 -22107, Fax: 09131/85 -22101
    E-mail: mlmach@viro.med.uni-erlangen.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-erlangen.de/docs/FAUWWW/Aktuelles/Aktuelleshome.html


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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