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13.08.1999 14:40

Im Tod alleingelassen

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Schlechte medizinischen Versorgung unheilbar Kranker

    AIDS- und Tumorpatienten sowie Menschen mit unheilbaren neurologischen Krankheiten, wie beispielsweise Multiple Sklerose, benötigen eine kompetente Betreuung. Probleme in diesem Bereich resultieren unter anderem aus einer Tabuisierung des Todes, der von allen Beteiligten als Niederlage im Kampf gegen die Krankheit angesehen wird. So kann das Pflegepersonal den Sterbenden nur selten in die Augen sehen und reagiert auf das Klingeln eines unheilbar Kranken langsamer als sonst. Die von Dr. Elisabeth Steden in der Schmerzambulanz der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin der Universität zu Köln erstellte Untersuchung zeigt Defizite palliativmedizinischer Behandlung in Deutschland.

    Laut Weltgesundheitsorganisation ist das Hauptziel der Palliativmedizin die Erhaltung der Lebensqualität Sterbender. Hierbei sollen nicht nur die Bedürfnisse des Patienten, sondern auch die Anliegen seiner Familie vor und nach dem Tod berücksichtigt werden. Zur Bewältigung dieser Aufgaben ist ein multidisziplinäres Team aus Ärzten, Psychologen, Pflegekräften, Physiotherapeuten, Sozialarbeitern, Seelsorgern und ehrenamtlichen Mitarbeitern notwendig.

    Solche akuten Mißstände erfordern nach Auffassung der Kölner Medizinerin Fachkräfte und ein professionelles Behandlungskonzept. Eine Verbreitung der Palliativmedizin kann über die Aufnahme in die ärztliche und krankenpflegerische Ausbildung erfolgen. 1996 förderte die Deutsche Krebshilfe in Köln, Bonn und Mainz eine Vorlesungsreihe zu Themen der Palliativmedizin. Jedoch ist sie als Disziplin bis heute an keiner Universität in Deutschland fest in die Lehrpläne integriert. Das Bedürfnis des Patienten, seine letzten Tage in gewohnter Umgebung und bei den Angehörigen zu verbringen, kann am besten ein palliatives Netzwerk aus stationärer und ambulanter Behandlung erfüllen. Neben einem professionellen Kernteam kommen hierbei ehrenamtlichen Mitarbeitern entscheidende Funktionen zu. Ziel ist es, dem Sterbenden ein würdevolles Leben zu ermöglichen.

    Palliativstationen sind wie stationäre Hospize multidiziplinär versorgt, aber keine eigenständige Institution, sondern an ein Krankenhaus angeschlossen. Wie Dr. Steden zeigt, ist die ärztliche Versorgung in den vorhandenen Einrichtungen mit etwa einem Arzt auf 7 Betten sehr gut, die Bettenkapazität an sich jedoch viel zu gering. Schätzungen zu Folge werden 50 Betten in palliativmedizinischen Einrichtungen pro 1 Million Einwohner benötigt. 1997 gab es nur 3,5 Betten pro 1 Million Einwohner. Der Bedarf an stationären Hospizen ist zwar deutlich besser gedeckt, aber immer noch unzureichend.

    Weitere Einrichtungen sind Hausbetreuungsdienste und Tageshospize, die der Entlastung und Unterstützung Angehöriger dienen. Diese sind nur durch ehrenamtliche Mitarbeiter, welche die Funktion von Zuhörern und Seelsorgern übernehmen, tragbar. Damit diese Aufgaben von Angehörigen des Patienten übernommen werden können, müssen diese finanziell unterstützt werden. Vorbildfunktion haben hier Norwegen, Schweden und Dänemark. Familie und Nachbarn können dort bis zu einem Monat, bei Weiterzahlung des vollen Gehalts, zur Pflege des Angehörigen krankgeschrieben werden.

    Die Weltgesundheitsorganisation räumt der Palliativmedizin seit längerem höchste Priorität ein. Trotz guter Entwicklung ist die Versorgungssituation in Deutschland immer noch unzureichend. Die Möglichkeiten, eine Basis für umfassende Reformen zu schaffen, liegen in den Händen von Gesundheits- und Sozialpolitik. Eine bessere Ausbildung von Ärzten und Pflegepersonal und vor allem eine Öffentlichkeitsarbeit, die das Thema Sterben und Tod von seiner Tabuisierung befreit, müßte intensiver gefördert werden.

    Verantwortlich: Detlef Heep

    Für Rückfragen steht Ihnen Dr. Frank Elsner unter der Telefon-nummer 0221/478-4982, der Fax-Nummer 0221/478-6785 und der Email-Adresse frank.elsner@uni-koeln.de zur Verfügung.

    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.htm).

    Für die Übersendung eines Belegexemplares wären wir Ihnen dankbar


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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