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15.11.2005 09:01

Napoleons Pläne wurde 1965 Wirklichkeit

Rolf Willhardt Stabsstelle Presse und Kommunikation
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

    Am 16. November 1965 wurde die "Universität Düsseldorf" gegründet. Morgen findet ein Festakt mit NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers statt.

    "Wie war's denn wirklich?", fragte der damalige NRW-Ministerpräsident Johannes Rau. In der Festveranstaltung zum 20jährigen Bestehen der Universität Düsseldorf am 16. November 1985 saßen immerhin kompetente Zeitzeugen im Publikum: Paul Mikat , ehemaliger NRW-Kultusminister; die Altrektoren Fischer, Oberdisse und Diemer; der Architekt des riesigen Lehr- und Forschungskomplexes im Süden der Landeshauptstadt, Prof. Hallauer; und schließlich der Ministerpräsident selbst, ehemals Abgeordneter und später als Wissenschaftsminister über Jahre mit dem Wachsen und Werden der jungen Hochschule verbunden. Sowohl Rau als auch Mikat sollten später Ehrendoktoren der Universität werden, Mikat sogar gleich zweimal. Zuerst verlieh ihm die Medizinische Fakultät der Doktor h.c., später die Juristen.
    Johannes Rau stellte bei der Feier 1985 lapidar fest: "Düsseldorf ist schneller gewachsen in zwei Jahrzehnten als manche Universität in 150 Jahren. Wir sollten das als Chance begreifen."
    Zwar hatte bereits Napoleon am 17. Dezember 1811 ein Dekret erlassen, in Düsseldorf eine Universität zu gründen ("Il sera etabli à Dusseldorf? Es soll für das Großherzogtum Berg zu Düsseldorf eine Universität errichtet werden, bestehend aus fünf Facultäten; nämlich der Theologie, der Rechtswissenschaft, der Medizin, der mathematischen und physicalischen und der schönen Wissenschaften, und mit dem 1sten März 1812 in Thätigkeit treten?"). Sogar die Talare der Professoren waren schon entworfen. Der Franzosenkaiser brauchte hochqualifizierte Fachleute für seine rheinischen Eroberungen - das Debakel um den Russlandfeldzug des Korsen verhinderte letzten Endes jedoch die Realisierung.
    Knapp 100 Jahre später, 1907 gründete sich in der Stadt die "Düsseldorfer Akademie für praktische Medizin", die 1923 in "Medizinische Akademie in Düsseldorf" umbenannt wurde, eine Rektoratsverfassung und das Recht auf klinische Ausbildung von Studenten erhielt.
    Aber eine Universität in Düsseldorf?
    In seinem Beitrag zur Festveranstaltung 1985 Prof. Dr. Dr. h.c. mult., mittlerweile Ehrendoktor und Ehrensenator dieser Alma mater, von einer "schleichenden Gründung". Mikat umriss die Vorgeschichte der Universitätspläne, die sondierenden Gespräche mit den führenden Köpfen der Medizinischen Akademie Anfang der 60er Jahre. "Man jubelte nicht gerade, aber man stimmte schließlich zu." Klar war, dass das nächste Jahrzehnt Forderungen an die Hochschulkapazitäten stellen würde, die mit den bestehenden Verhältnissen nicht zu erfüllen waren.
    Immerhin hatte es Neugründungen in Bochum und Dortmund gegeben - der Nachholbedarf des westfälischen Landesteils war also ausgeglichen, der Proporz gewahrt - und das rheinische Aachen bekam eine Medizinische Fakultät. Dennoch plädierte Mikat für eine weitere Universität, und zwar in der Landeshauptstadt. Der Kultusminister in einem Zeitungsinterview: "Wenn die in Konstanz mit vier Ordinariaten sich Universität nennen, dann darf Düsseldorf das erst recht!" Am Ende konnte er auch den bislang eher zögerlichen damaligen NRW-Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers (CDU) überzeugen, der Finanzierungsschwierigkeiten befürchtet hatte.
    Als Gründungsdatum gilt der 16. November 1965. An diesem Tag ermächtigte die Landesregierung von NRW den Kultusminister, die Düsseldorfer "Medizinische Akademie" in "Universität Düsseldorf" umzubenennen. Mikat hatte am Vorabend bereits den Akademischen Rat hinter verschlossenen Türen informiert.
    Zum Wintersemester 1965/66 wurden erstmals Studienanfänger der Medizin aufgenommen; bislang war das Studium der Medizin oder Zahnmedizin nur vom dritten Semester an möglich. Zum Jahreswechsel konstituierte sich dann die neue Universität mit einer Medizinischen und einer kombinierten Naturwissenschaftlich-Philosophischen Fakultät.
    Der Etat betrug damals 61. Mio. DM (Universität - ohne Klinik - 2004: 240. Mio. Euro), es gab 31 Professoren (Universität 2004: 270). Am 14. Februar 1966, einem eiskalten Montag, fand ein feierlicher Festakt im alten Düsseldorfer Schauspielhaus an der Jahnstraße statt. Auf dem Podium die Düsseldorfer Professorenschaft. Die Westdeutsche Zeitung notierte einen Tag später: "Ihre Talare zauberten auf die Bretter, die sonst die Welt bedeuten, ein farbenfrohes Bild: Aus dem schwarzen Grundton leuchtet der traditionelle Purpur der Mediziner; fast symmetrisch hineingestreut ist das Kornblumenblau des Fähnleins der Natur- und Geisteswissenschaftler - eine neue Farbe auf Düsseldorfs Hochschulpalette." Oberbürgermeister Becker in seiner Rede: "Die Stadt fühlt sich in einer Hochstimmung, als sei ihr der Ehrendoktorhut verliehen worden!" Gründungsrektor Prof. Oberdisse erzielte einen Heiterkeitserfolg, als er in der Historia grub und erklärte, weshalb die Obrigkeit weiland Münster bei den Universitätsgründungen gegenüber Düsseldorf bevorzugt habe: "Weil die Stadt weniger geräuschvoll und ihre Einwohner weniger vergnügungssüchtig und für sittenreiner als die Düsseldorfer Bevölkerung galten." Auch der Rektor der Universität Köln gehörte zu den Festrednern. Er beschrieb das Verhältnis seiner Alma mater zur Medizinischen Akademie in Düsseldorf als "schon immer tantenhaft-gönnerisch". Im Anschluss an die Veranstaltung fand ein Ball in den Rheinterrassen statt.
    1969 bildete die kombinierte Naturwissenschaftlich-Philosophische Fakultät zwei selbstständige Fakultäten, eine Mathematisch-Naturwissenschaftliche und eine Philosophische. 1990 kam eine Wirtschaftswissenschaftliche hinzu, 1992 wurde der Studiengang "Rechtswissenschaft" eingeführt. Damit war die Hochschule endgültig eine "Volluniversität".
    Auch das Universitätsgelände veränderte sich. Ausgehend vom Klinikum, den ehemaligen "Städtischen Krankenanstalten Düsseldorf" (1973 als Universitätsklinikum in die Trägerschaft des Landes übernommen, seit 2001 eine Anstalt des öffentlichen Rechts), entstand ein weitläufiger Gebäudekomplex zwischen den Stadtteilen Bilk, Himmelgeist, Flehe und Wersten. Hier befinden sich die Institutsräume, das Rechenzentrum, die Universitäts- und Landesbibliothek, der Botanische Garten, die Mensa und Studentenwohnheime: ein akademischer "Großbetrieb", in dem 25.000 Menschen lehren, forschen und leben. Die endgültige Fassung für alle diese Neubauten, der Generalplan, war 1972 konzipiert worden. Gerade in der Anfangsphase gab es jedoch eine Vielzahl von Provisorien. Teile der jungen Hochschule waren z. B. in einer ehemaligen Senffabrik im nahen Stadtteil Bilk untergebracht, das Philosophische Institut befand sich in einer prachtvollen alten Villa an der Cäcilienallee. Auch die Juristen mussten anfangs mit Räumen im später abgerissenen Studienhaus der Düsseldorfer VHS vorlieb nehmen.
    Aus den Anfangs knapp 1000 Studenten sind heute 17.000 geworden. (Im Wintersemester 2001/2002 hatte es einen Höchststand von 25.539 Immatrikulierten gegeben, der im Wintersemester 2003/4 leicht auf 25133 zurückging. Mit Einführung des Studienkontenmodells sackte die Zahl dann rapide auf 18.533 im Wintersemester 2004/2005.)
    Noch ein markantes Datum fällt in die 40 Jahre seit der Gründung: In Düsseldorfs Jubiläumsjahr 1988 beschloss der Senat am 20. Dezember die Umbenennung der Universität in "Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf".

    Chronik
    17. 12. 1811 Napoleon erlässt ein Dekret, in Düsseldorf für das Herzogtum Berg eine Universität mit fünf Fakultäten zu errichten (Name: "Napoleona Augusta"). Der Rußlandfeldzug und seine Folgen verhindern die Gründung.
    1907 Errichtung der "Düsseldorfer Akademie für praktische Medizin" (keine Rektoratsverfassung, keine Ausbildung für Studenten) / Eröffnung der neuerbauten Allgemeinen Städtischen Krankenanstalten
    1923 Preußen und Düsseldorf unterzeichnen Vertrag, Umbenennung in "Medizinische Akademie in Düsseldorf" (Rektoratsverfassung, klinische Ausbildung)
    1931 Aufnahme Studium der Zahnmedizin
    1945 Wiederaufnahme des akademischen Unterrichts
    1955 Gründung der "Gesellschaft von Freunden und Förderern der Medizinischen Akademie in Düsseldorf"
    1962 Land NRW und Stadt Düsseldorf schließen Vertrag: Land übernimmt Verantwortung für Akademie, Krankenanstalten bleiben städtisch
    16. 11. 1965 Umwandlung der Akademie in "Universität Düsseldorf"
    WS 1965/66 erstmals Studienanfänger der Medizin
    14. 02. 1966 Festakt zur Universitätsgründung im Düsseldorfer Schauspielhaus
    1966 Universität Düsseldorf konstituiert sich mit einer Medizinischen und einer kombinierten Naturwissenschaftlich-Philosophischen Fakultät
    1973 Die bisherige Städtische Krankenanstalten gehen in Trägerschaft des Landes (Universität) über.
    1973 Umzug der meisten geisteswissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Institute auf den neu erbauten Campus
    1975/76 Institutsbauten der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät werden bezogen
    WS 1979/80 Die neue Universitätsbibliothek wird in Betrieb genommen.(erstmals mehr als 10.000 Studierende)
    SS 1985 Eröffnung der Medizinisch-Neurologisch-Radiologischen Klinik
    1988 Senatsbeschluss "Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf"
    1988 Gründung des Universitätsorchesters
    1990 Errichtung der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät
    1992 Einführung des Studienganges "Rechtswissenschaft"
    1993 Gründung der Juristischen Fakultät
    1994 Erstmals "Tag der Forschung"
    1995 Neue Kinderklinik "Schlossmann-Haus" wird eingeweiht
    1996 Abteilung für Jiddische Kultur, Sprache und Literatur
    1996 Bezug des Juridicums
    2000 Einweihung von Schloss Mickeln als Tagungsstätte und Gästehaus
    2001 Das Universitätsklinikum wird Anstalt des öffentlichen Rechts.
    2002 Gründung der Business School als G.m.b.H.
    SS 2004: Nach Einführung des Studienkontenmodells sinkt die Zahl der Studierenden von 25.000 auf 18.000.
    2004 Einweihung der Orangerie im Botanischen Garten
    2004 Festakt zur Errichtung des Instituts für Jüdische Studien
    4. 11. 2004 Königin Elisabeth II. von England besucht die Universität (Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum)

    Partneruniversitäten
    Nantes (1973)
    Neapel (1984)
    Peking (1987)
    Alicante (1987)
    Reading (1988)
    Davis/University of California (1990)
    Pennsylvania State (1991)
    Prag (1998)
    Keio University, Tokio (1999)

    Rektoren

    - Karl Oberdisse (Innere Medizin) 1965/66
    - Reinhold Elert (Frauenheilkunde) 1966/67
    - Helmut Ruska (Biophysik und Elektronenmikroskopie) 1967/68
    - Alwin Diemer (Philosophie/Medizin) 1968-70
    - Carl-Heinz Fischer (Zahnmedizin) 1970-72
    - Wilhelm Lochner (Physiologie, Theoretische Medizin) 1972-74
    - Herbert Rauter (Amerikanistik) 1974-76
    - Kurt Suchy (Theoretische Physik) 1976-78
    - Hans-Werner Schlipköter (Hygiene) 1978-80
    - Peter Hüttenberger (Neueste Geschichte) 1980-83
    - Gert Kaiser (Altgermanistik) 1983 - 2003
    - Alfons Labisch (Geschichte der Medizin) seit 2003

    Daten und Zahlen

    Fläche: 130 ha
    Fakultäten: Juristische, Medizinische, Philosophische, Mathematisch-Naturwissenschaftliche, Wirtschaftswissenschaftliche
    Studierende: 17.000 (Sommersemester 20005)
    7 Sonderforschungsbereiche
    6 Graduiertenkollegs
    Beschäftigte: 2.900 (Universität, davon 270 Professoren), 5.100 (Universitätsklinikum, davon 130 Professoren, 800 Ärzte)
    Universitätsklinikum: 32 Kliniken, 33 Institute, 1.200 Betten, 44.000 stationäre Behandlungen (2004), 310.000 ambulante Behandlungen
    Haushalt Universität: 240 Mio. Euro (2004)
    Haushalt Universitätsklinikum: 396 Mio. Euro (2004)


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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