Hoher Druck hindert auch sehr heiße Flüssigkeiten am Verdampfen - der Siedepunkt ist überschritten, doch die energiegeladenen Teilchen sind eingesperrt und können sich nicht ablösen. Entkommen sie plötzlich dem Druck, so reißt der Flüssigkeitsfilm auf und zerstäubt zu feinsten Tröpfchen, bevor der Gaszustand erreicht wird. In einem Projekt von Prof. Dr. Karl-Ernst Wirth am Lehrstuhl für Mechanische Verfahrenstechnik der Universität Erlangen-Nürnberg wird dieser Umstand ausgenutzt, um Pulver aus sehr feinkörnigen Partikeln gleichmäßig zu verteilen: durch Verdüsung von überhitzten Suspensionen, von Mischungen aus Flüssigkeiten und Feststoffteilchen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat dazu für zwei Jahre eine Sachbeihilfe gewährt.
In der Lackierindustrie werden Pulverlacke eingesetzt, deren mittlere Korngröße einige Mikrometer beträgt. Je feiner die Lackpartikel sind, desto dünner kann - bei vorgegebenem Glanzgrad - die Lackschicht aufgetragen werden. In der Medizintechnik gewinnen Pulverinhalatoren an Bedeutung, die Wirkstoffe in die Lunge transportieren sollen. Die Pulverkörnchen haben einen Durchmesser von einem bis zu zehn Mikrometern; größere Partikel können nicht in die Lunge gelangen.
Diese beiden Anwendungsbeispiele veranschaulichen die interessanten Einsatzgebiete, die für äußerst feine Pulver bestehen. Problematisch sind jedoch starke oberflächenbezogene Haftkräfte, die zu Agglomeraten, zum "Zusammenklumpen" der Körner führen. Bei der Pulverlackierung ist eine inhomogene Lackschicht die Folge. Inhalatoren verfehlen ihre Wirkung: zu große Agglomerate erreichen die Lunge nicht mehr, sie werden bereits in der Luftröhre und in den Bronchien abgeschieden.
In der Gasatmosphäre sind die Haftkräfte zwischen Feststoffteilchen sehr hoch. In einer Flüssigkeit vermindern sie sich jedoch, so daß sich das Pulver sehr viel gleichmäßiger verteilt. Wird diese Mischung anschließend zerstäubt, kann mit Pulverlacken eine glatte Oberfläche erzielt werden, und pulverförmige medizinische Wirkstoffe erreichen ihren Bestimmungsort.
Ein Teilchen pro Tropfen
Dies funktioniert allerdings nur, wenn jeder Tropfen maximal ein Feststoffteilchen enthält und wenn sich die Flüssigkeit sofort in Gas verwandelt, also verdampft. An den Pulverkörnern darf keine Feuchtigkeit mehr haften, wenn die Lackschicht gebildet wird, und auch die Wirkstoffpartikel müssen ihr Ziel in trockenem Zustand erreichen. Bei der Verwendung überhitzter Suspensionen machen Verdampfungseffekte es möglich, diese Bedingungen einzuhalten.
Am Lehrstuhl für Mechanische Verfahrenstechnik wird untersucht, wie überhitzte Suspensionen sich bei der Expansion durch eine Düse verhalten. Die Feststoff-Flüssigkeitsmischung wird in einem Druckbehälter auf Temperaturen erhitzt, die über der Siedetemperatur bei Umgebungsbedingungen liegen. Anschließend findet mit Hilfe einer Einstoffdüse eine Zerstäubung der Suspension in atmosphärischen Bedingungen statt. Bei dieser Verdüsung kommt es zur spontanen Verdampfung der nun überhitzt vorliegenden Flüssigkeit. Die wachsenden Dampfblasen zerreißen den kontinuierlichen Flüssigkeitsfilm und sorgen so für eine feine Zerstäubung. Die Pulverpartikel wirken dabei als sogenannte Siedekeime; sie intensivieren das Aufreißen des Flüssigkeitsstrahls.
Das entstehende Spray wird mit der Mie-Streutechnik untersucht. Durch das kegelförmige Spray wird ein Lichtschnitt gelegt, der eine Ebene aus dem Kegel herausschneidet. Als Lichtquelle dient ein gepulster Laser, dessen zunächst punktförmiges Licht über Linsen zu einem Lichtschnitt aufgeweitet wird. Die Aufnahmen des Sprays werden mit einer digitalen Schwarz-Weiß-Kamera angefertigt.
Diese Untersuchungstechnik ermöglicht es, die Feinheit des Sprays zu beurteilen. Dessen Struktur wird in Abhängigkeit von der Höhe der Überhitzung, der Kornform des verwendeten Feststoffs, der Korngröße und der Feststoffkonzentration analysiert. Im weiteren Verlauf des Projekts ist vorgesehen, die Spraygeschwindigkeiten zu messen, wozu die Particle Image Velocimetry herangezogen wird.
Die DFG hat für das Projekt "Erzeugung feinster Tropfen durch Verdüsung überhitzter Suspensionen" rund 120.000 Mark bewilligt, womit unter anderem die Kosten für einen wissenschaftlichen Mitarbeiter und eine studentische Hilfskraft abgedeckt sind.
* Kontakt:
Prof. Dr. Karl-Ernst Wirth, Lehrstuhl für Mechanische Verfahrenstechnik
Cauerstraße 4, 91058 Erlangen
Tel.: 09131/85 -29403, Fax: 09131/85 -29402
E-mail:K.E.Wirth@mvt.uni-erlangen.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Maschinenbau, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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