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25.11.2005 13:52

Neu erschienen: "Manifest Geisteswissenschaften"

Gisela Lerch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

    Manifest Geisteswissenschaften
    Herausgegeben von Carl Friedrich Gethmann, Dieter Langewiesche,
    Jürgen Mittelstraß, Dieter Simon und Günter Stock

    "Die Geisteswissenschaften müssen, um ihren Aufgaben zu entsprechen, ihre eigenen Orientierungs- und Organisationsprobleme überwinden", sagte Dieter Simon, Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, am 25. November 2005 anläßlich der Vorstellung des "Manifest Geisteswissenschaften" im Akademiegebäude am Gendarmenmarkt. Die Geisteswissenschaften seien von zentraler Bedeutung für die Gesellschaft, denn "das lebendige Wissen einer Kultur von sich selbst, und zwar in Wissenschaftsform, ist zur Stabilisierung und Entwicklung moderner Gesellschaften ebenso wichtig wie ein wissenschaftsgestütztes ökonomisches und technisches Können".

    Fünf Autoren haben dieses Manifest erarbeitet: die Philosophen Carl Friedrich Gethmann und Jürgen Mittelstraß, der Historiker Dieter Langewiesche, der Rechtshistoriker Dieter Simon und der Physiologie Günter Stock. Das "Manifest Geisteswissenschaften" liefert eine genaue Analyse des derzeitigen Zustands der Geisteswissenschaften, einen kritischen Blick auf ihr Selbstverständnis und ihre Selbstdarstellung und präsentiert konkrete Vorschläge zu ihrer Reorganisation in universitärer und außeruniversitärer Gestalt. "Wir glauben nicht, daß die Krise der Geisteswissenschaften mit diesem Manifest beendet wird", begründete Dieter Simon die Intervention der Autoren, "aber vielleicht können wir mit unseren Vorschlägen die Lage etwas verschieben".

    Von einer "Krise der Geisteswissenschaften" ist mindestens seit Mitte der 1980er Jahre die Rede. Eines der zentralen Probleme der Geisteswissenschaften, das systematisch ungeklärte Verständnis des eigenen Wissenschaftsbegriffs, ist jedoch viel früheren Ursprungs. Aus der Philosophischen Fakultät entstanden, waren die Geisteswissenschaften ständigen Transformationen des eigenen Forschungsbegriffs und Disziplinenbewußtseins unterworfen.

    Mit Blick auf das Selbstbewußtsein und die Selbstdarstellung der Geisteswissenschaften sollte nach Auffassung der Autoren vor allem der Zwei-Kulturen-Mythos (Geisteswissenschaften versus Naturwissenschaften) überwunden werden. Die Geisteswissenschaften sollten sich nicht länger in eine Position drängen lassen, in der sie zwar vom Modernisierungsdruck entlastet sind, jedoch Gefahr laufen, aus den Wissenschaften in den Bereich der Kultur verdrängt zu werden.

    Als Reaktion auf die institutionellen Probleme der Geisteswissenschaften geben die Autoren konkrete Empfehlungen. Sie plädieren dafür, die überholten disziplinären Parzellierungen aufzuheben und die Geisteswissenschaften inhaltlich wie institutionell an transdisziplinären Wissensformen auszurichten. Die gesetzlich verfügte Neuordnung des Universitätsstudiums in BA, MA und Promotion sollte genutzt werden, die geisteswissenschaftlichen Studiengänge so zu reformieren, daß Grenzüberschreitungen des jeweiligen Fachs ermöglicht werden. Im Zentrum eines Universitätsstudiums sollte die Schulung in den methodischen Grundlagen stehen. Die Autoren empfehlen, das Prinzip des forschenden Lernens auch in den Geisteswissenschaften zu verstärken, denn die Auseinandersetzung mit ungelösten Problemen und die Suche nach ungewohnten Lösungen sei die beste Berufsvorbereitung in einer Zeit, die überliefertes Wissen schneller als je zuvor entwerte. Die häufig kleinteiligen Institutsstrukturen sollten in größere disziplinäre Einheiten, Departments oder Zentren überführt, und durch mindestens zehn Exzellenzzentren auf Zeit, die an den Universitäten oder den Akademien der Wissenschaften angesiedelt sein könnten, ergänzt werden.

    Die Akademien der Wissenschaften sollten ihre Arbeit enger als bisher üblich an aktuellen gesellschaftlichen Problemen ausrichten und wieder zu Stätten wissenschaftlicher Gesellschaftsberatung werden. Die geisteswissenschaftlichen Langzeitprojekte der Akademien, ins-besondere Editionsprojekte, sollten hingegen in selbstständige Editionsinstitute überführt wer-den.

    Die Geisteswissenschaftlichen Zentren, die im Zuge der Vereinigung der beiden deutschen Staaten entstanden sind und deren Förderung durch die DFG 2007 endet, sollten entweder als Exzellenzzentren weitergeführt, in Universitäten zurückgeführt oder als Akademieinstitute an der Universität institutionell verankert werden.

    Um den Platz der Geisteswissenschaften in der gesellschaftlichen Mitte zu sichern, befürworten die Autoren eine größere wissenschaftliche Einrichtung nach dem Modell des Collège de France und ein europäisches Programm für die Geisteswissenschaften.

    Manifest Geisteswissenschaften
    Autoren: Carl Friedrich Gethmann, Dieter Langewiesche,
    Jürgen Mittelstraß, Dieter Simon und Günter Stock
    Herausgeber: Präsident der Berlin-Brandenburgischen
    Akademie der Wissenschaften
    Berlin 2005, 40 Seiten

    Pressekontakt:
    Gisela Lerch
    Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Jägerstraße 22/23
    10117 Berlin
    Tel. 030/20370-657
    Fax: 030/20370-366
    E-Mail: glerch@bbaw.de


    Weitere Informationen:

    http://www.bbaw.de/bbaw/Aktuell/


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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