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29.09.1999 08:10

Hans Lungwitz - Begründer der Psychobiologie

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Während die Psychoanalyse von Sigmund Freud in aller Munde ist, fristet die von Hans Lungwitz begründete Psychobiologie sogar in Medizinerkreisen ein Schattendasein. Das umfangreiche und komplexe Werk von Lungwitz wird nun bei einem Projekt am Institut für Geschichte der Medizin der Universität Würzburg untersucht.

    Leiter der auf zwei Jahre angelegten Studie, die von der Hans-Lungwitz-Stiftung in Berlin gefördert wird, ist PD Dr. Dr. Dominik Groß. Wie er erläutert, war Hans Lungwitz (1881-1967) eine schillernde Persönlichkeit: Geboren in Gößnitz (Sachsen-Altenburg), studierte er Chemie und Medizin in Greifswald, München und Halle. 1908 eröffnete er eine allgemeinärztliche Praxis in Berlin und gründete ein Jahr später den Adler-Verlag, in dem er zahlreiche Bücher und medizinische Fachzeitschriften herausgab. Vor allem in dem Blatt "Moderne Medizin" setzte er sich ab 1910 für die Verstaatlichung des Gesundheitswesens ein. Doch Lungwitz trat nicht nur mit sozialreformerischen Aktivitäten hervor, sondern auch als Schriftsteller: Zwei Arztromane und spätere belletristische Werke bescherten ihm kleine Achtungserfolge.

    Ab 1921 setzte sich Lungwitz intensiv mit der Freudschen Psychoanalyse auseinander, die seinerzeit bereits als Wissenschaft anerkannt war. Schon bald stellte er der psychoanalytischen Theorie eine eigene Erkenntnislehre gegenüber, die er 1923 mit dem Namen Psychobiologie bedachte. Hierbei wandte sich Lungwitz gegen die Auffassung, dass im menschlichen Körper eine Seele wohne und dass der Denkprozess ein seelisch-geistiger Vorgang sei. Vielmehr betrachtete er diesen als rein körperliche Funktion der Nerven und des Gehirns.

    Lungwitz legte seine Anschauung und die sich daraus ergebende psychobiologische Behandlungsform der Erkenntnistherapie in einem achtbändigen, mehr als 5.500 Seiten umfassenden Lehrbuch nieder. Obwohl seine Lehre in der Folgezeit in zahlreichen deutschsprachigen Lexika Einzug hielt, blieb seinem komplexen Werk in der Wissenschaft und beim breiten Publikum doch der Durchbruch versagt. Hans Lungwitz starb am 24. Juni 1967 im Berliner Westend-Krankenhaus. Fünf Tage zuvor hatte er eine Überdosis Schlaftabletten genommen.

    In den vergangenen Jahren ist die Psychobiologie wieder stärker in den Blickpunkt gerückt. Das Projekt von Dr. Groß umfasst wissenschaftliche Arbeiten zur Leib-Seele-Auffassung von Lungwitz und zur Erkenntnistherapie. Auch die lexikographische Erfassung der Werkgeschichte des Nervenarztes soll beginnen. Zudem ist geplant, Vorlesungen und Blockseminare zur Psychobiologie sowie eine abschließende interdisziplinäre Veranstaltung anzubieten.

    Weitere Informationen: PD Dr. Dr. Dominik Groß, T (0931) 7 96 78-14, Fax (0931) 7 96 78-78.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Geschichte / Archäologie, Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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