Ein genetischer Defekt, der die Bildung eines bestimmten Enzyms verhindert, ist die Ursache des so genannten Johanson-Blizzard-Syndroms. Der dabei gestörte Funktionsmechanismus hat möglicherweise auch Bedeutung bei einer ganzen Reihe weiterer Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse. Das haben Wissenschaftler der Universitäten Erlangen-Nürnberg und Greifswald herausgefunden. In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt gelang dem Forscherteam um Prof. Dr. André Reis und Dr. Martin Zenker vom Institut für Humangenetik der Universität Erlangen-Nürnberg, das Gen zu identifizieren, das für die Krankheit verantwortlich ist. Dazu untersuchten sie das Erbgut von 13 betroffenen Patienten und derer Familien. Ihre Forschungsergebnisse haben die Wissenschaftler der beiden Hochschulen im Nature Genetics Journal, Volume 37, veröffentlicht.
Das Johanson-Blizzard-Syndrom führt zu einer Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse und geht mit zahlreichen körperlichen Veränderungen einher, von denen das Fehlen der Nasenflügel das auffälligste äußerliche Zeichen ist. Die Krankheit kommt mit einer Häufigkeit von etwa 1:250.000 in der Bevölkerung vor, schätzt der Erlanger Experte Dr. Martin Zenker. Weltweit sind etwa 50 bis 60 Fälle registriert. 1971 wurde die Erbkrankheit erstmals wissenschaftlich beschrieben.
Die Wissenschaftler aus Erlangen haben nun herausgefunden, dass bei allen untersuchten Betroffenen ein Gendefekt auf dem Chromosom 15 vorliegt. Das Forscherteam um Prof. Dr. Markus Lerch von der Universität Greifswald konnte zeigen, dass auch Mäuse, denen das Johanson-Blizzard-Gen fehlt, an einer erblichen Unterfunktion der Bauchspeicheldrüse mit entsprechenden Wachstumsstörungen leiden. Dieses Gen ist für die Produktion eines bestimmten Enzyms zuständig, das in allen Körperzellen andere Eiweiße, die entweder fehlerhaft zusammengesetzt oder nach ihrer Nutzung verbraucht sind, für den Abbau markiert.
Dabei handelt es sich um eine Art "Grüner Punkt"-Mechanismus zur Kennzeichnung von zellulären Abfällen - und genau hier liegt die entscheidende Störung bei den Johanson-Blizzard-Patienten. Das hat zur Folge, dass ausgerechnet das wichtigste Verdauungsorgan des Körpers, die Bauchspeicheldrüse nicht mehr richtig funktioniert. Die Ursache dafür haben die Forscher jetzt entdeckt: Die Bauchspeicheldrüse von Johanson-Blizzard-Patienten ist besonders entzündungsanfällig, so dass das Organ oftmals schon vor der Geburt schwer geschädigt wird.
Beim Menschen hat die Bauchspeicheldrüse zwei Aufgaben. Zum einen gibt sie Hormone wie Insulin ins Blut ab. Fehlt das Insulin, erkrankt der Mensch an
Diabetes. Die Zuckerkrankheit tritt bei Johanson-Blizzard-Patienten jedoch nur
selten auf. Vielmehr leiden sie an einer Verdauungsstörung: Die Bauchspeichel-
drüse produziert nämlich auch Verdauungssäfte, die in den Dünndarm ausgeschüttet werden und ohne die eine Verdauung von Fett, Eiweiß und Kohlenhydraten praktisch unmöglich ist. Bei den Erkrankten bildet die Bauchspeicheldrüse zu wenig von diesen Fermenten.
Mit der Entdeckung der Forscherteams aus Erlangen und Greifswald steht nun
endlich ein Test zur Verfügung, mit dem Betroffene Gewissheit über ihre Krank-heit erhalten und auch klinische Zweifelsfälle aufgeklärt werden können. Außerdem scheint der Krankheitsmechanismus des Johanson-Blizzard-Syndroms auch bei anderen, weitaus häufigeren Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse Bedeutung zu haben, glauben die Forscher. Der Erforschung dieser Zusammenhänge wollen sich die Erlanger und Greifswalder Wissenschaftler in den nächsten Jahren widmen.
Weitere Informationen für die Medien:
Dr. Martin Zenker
Tel.: 09131/85-29113
martin.zenker@humgenet.uni-erlangen.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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