Anlässlich des Tages der Gesundheitsforschung zum Thema "Die Welt im Gehirn" geben Wissenschaftler der Universität Leipzig Einblick in das breite Spektrum der Hirnforschung an der Universität. U.a. stellt der Neurochirurg Dr. Dirk Winkler eine neue Methode für die Behandlung der Parkinson Erkrankung vor.
Zeit: 19. Februar 2006, 10:00 Uhr bis 14:00 Uhr
Ort: Institut für Anatomie
Liebigstraße 13
Der Vortrag von Dr. Winkler beginnt gegen 12:00 Uhr.
Besucher unserer Veranstaltung haben die Möglichkeit, an Führungen durch die Lehrsammlung des Institutes für Anatomie teilzunehmen.
Neues Verfahren der Tiefenhirnstimulation für Parkinsonpatienten
An der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie des
Universitätsklinikums Leipzig wurde erstmals in Deutschland bei einer an
Parkinson erkrankten Patientin ein so genannter Hirnschrittmacher mit
Hilfe einer neuen Technologie implantiert. Dabei kam eine so genannte
"microTargeting* Platform" aus dem Hause FHC, Chemnitz, zum Einsatz.
Dr. Dirk Winkler, Spezialist für Tiefenhirnstimulation erklärt den
Unterschied des neuen Verfahrens zur alten Methode: "Bei der
Tiefenhirnstimulation müssen wir in aller Regel inbeiden Gehirnhälften
Elektroden implantieren und dabei sehr tief in das Gehirn eindringen.
Einer hoch genauen Bildgebung und darauf aufbauender OP-Planung kommt eine
entscheidende Bedeutung für den Erfolg des hoch riskanten Eingriffs zu. Im
Vorfeld der Operation mussten bisher die Parkinsonpatienten ein etwas
unangenehmes Verfahren über sich ergehen lassen. Ihnen wurde ein aus
Metall bestehender stereotaktischer Rahmen angepasst. Diesen etwa 2,5 Kg
schweren Rahmen musste der Patient während der CT- oder MR-Diagnostik, der
OP-Planung und der Operation ununterbrochen auf dem Kopf tragen, denn der
Rahmen gab uns Neurochirurgen das für die OP erforderliche
Koordinatensystem. Hinzu kam, dass die Patienten während der ganzen Zeit
die Medikamente nicht nehmen durften, die die Auswirkungen der Krankheit
unterdrückten. Mit der "microTargeting* Platform" können wir unseren
Patienten diese Prozedur ersparen. Unter örtlicher Betäubung werden dem
Patienten sechs kleine Knochenanker implantiert, die mit Markerelementen
versehen werden. Diese bilden das erforderliche Koordinatensystem und sind
auf dem CT optimal zu erkennen. Zusammen mit den MRT-Daten wird auf der
Basis dieser Bilder die OP geplant und die Trajektorie, also der Weg der
Elektroden in das Zielgebiet festgelegt. Diese Informationen werden an FHC
geschickt, die nun die beiden etwa handtellergroßen Kunststoffplattformen
speziell für den Patienten herstellen. Die Plattformen werden auf den
bereits implantierten Knochenankern befestigt. Sie enthalten darüber
hinaus eine Führung für die Instrumente, so dass die Elektrode nur auf dem
vorgeplanten Weg in das Gehirn eingebracht werden kann."
Prof. Dr. Jürgen Meixensberger, Direktor der Klinik und Dekan der
Medizinischen Fakultät Leipzig, sieht in dem neuen Verfahren einen
entscheidenden Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit für den Patienten.
"Durch die individuell angefertigten Plattformen wird der Operateur
während der OP hinsichtlich der Gerätejustierung entlastet. Die
Instrumente werden genau so fixiert, wie es für den Eingriff erforderlich
ist. Somit werden Fehler beim Eingriff selbst reduziert. Schon bei der
Planung können Fehler bei der Eintritts- und Zielpunktkoordination
ausgeschlossen werden. Das sind enorme Vorteile gegenüber dem
herkömmlichen Verfahren." Besonders hervorzuheben sei aber auch die
erhebliche psychische und physische Entlastung des Patienten bei der
OP-Vorbereitung.
Die erste Operation verlief erfolgreich. Die Patientin hat die Klinik
bereits verlassen und befindet sich in der Rehabilitation. Sie kann mit
Hilfe des Hirnschrittmachers ihre Bewegungen wieder koordinieren und muss
wesentlich weniger Medikamente als vorher einnehmen. Die Betreuung der
Patienten vor und nach der Operation wird von der Klinik und Poliklinik
für Neurologie des Universitätsklinikums übernommen.
Hintergrund:
Bei Morbus Parkinson erleiden die Betroffenen einen Verlust der
Bewegungskontrolle, weil zunächst bestimmte Nervenbotenstoffe in
ungenügender Menge vom Körper produziert werden. Im weiteren Verlauf wird
durch das Fehlen dieser Botenstoffe der sonst normale Bewegungsablauf
gestört und die Symptome der Krankheit treten immer stärker zu Tage. Im
fortgeschrittenen Stadium können die Erkrankten ihre Bewegungen so gut wie
gar nicht mehr kontrollieren und werden häufig Pflegefälle. Die
konservative Therapie besteht in der Verabreichung von Medikamenten, die
z. B. den Nervenbotenstoff Dopamin enthalten. Diese Therapie ist nicht nur
teuer, sondern hat auch eine Reihe von unerwünschten Nebenwirkungen. Sie
verliert im Laufe der Zeit auch an Wirksamkeit. Eine Alternative kann die
Implantation eines Hirnschrittmachers sein (Tiefenhirnstimulation). Bei
diesem Verfahren werden in beide Hirnhälften Elektroden in das
Bewegungszentrum eingebracht, die von einem kleinen Steuergerät
elektrische Impulse erhalten und an die Hirnareale weitergeben. Die
Patienten erlangen auf diese Weise die Kontrolle über ihre Bewegungen
zumindest teilweise zurück. Die medikamentöse Therapie kann für mehrere
Jahre ausgesetzt werden. Das erhöht die Lebensqualität der Erkrankten aber
auch von deren Angehörigen erheblich. Trotz der relativ hohen Kosten für
die OP ist diese Therapie preiswerter als die medikamentöse Therapie.
Deutschlandweit leiden etwa 25.000 Menschen an einer schweren
Parkinsonerkrankung.
Heiko Leske/Dr. Bärbel Adams
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
regional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
Deutsch
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