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19.10.1999 11:41

Geburtshilfe im Wandel der Zeit - Historische und aktuelle Entwicklungen in der Diskussion

Ute Missel Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Am 5. und 6. November 1999 findet im Großen Hörsaal der Frauenklinik (Östliche Stadtmauerstraße 11, 91054 Erlangen) unter dem Thema "Geburtshilfe im Wandel der Zeit" ein Symposium zum 125jährigen Jubiläum der Hebammenschule der Erlanger Universitäts-Frauenklinik statt. Die wissenschaftliche Leitung haben Prof. Dr. Renate Wittern-Sterzel, Leiterin des Institutes für Geschichte der Medizin, und Prof. Dr. Norbert Lang, Vorstand der Klinik für Frauenheilkunde mit Poliklini und Hebammenschule.

    Die moderne Medizin hat die Kinder- und Müttersterblichkeit im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Entbindung und Wochenbett auf ein Niveau abgesenkt, das noch vor wenigen Jahrzehnten als unerreichbar galt. Dennoch sieht sich die ärztliche Geburtshilfe in nicht unerheblichem Maß gesellschaftlicher Kritik ausgesetzt. Diese Kritik gilt nicht nur dem Aspekt der Intensiv-Überwachung normaler Geburten mit Hilfe der vielgescholtenen "Apparatemedizin". Beklagt werden zusätzlich Defizite beim Umgang mit individuellen Wünschen von Gebärenden und ihren Partnern. Daneben erscheint vielen auch das Bild ergänzungsbedürftig, das durch die arzt- und wissenschaftszentrierte Medizingeschichte von der Entwicklung der Geburtsmedizin im 18. und 19. Jahrhundert entworfen worden ist.

    Die Diskussion über das "Ereignis Geburt" und seinen historischen Kontext findet gegenwärtig auf sehr unterschiedlichen Ebenen mit ebenso unterschiedlichen Ansatzpunkten statt. Viele werdende Eltern wünschen sich eine Entbindung, bei der vor allem die individuellen psychosozialen Bedürfnisse des Paares berücksichtigt werden. Mediziner fühlen sich dagegen zum größten Teil in erster Linie den modernen Sicherheitsstandards verpflichtet. Von seiten der Hebammen wird versucht, in der Betreuung von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett Terrain zurückzugewinnen, das die Ärzte im Zuge der sogenannten "Medikalisierung" der Geburt besetzt haben und mit dem Hinweis auf die Erfolge der Geburtsmedizin nicht ohne weiteres wieder preisgeben wollen. Angestoßen durch den Feminismus beschäftigen sich seit den siebziger Jahren zunehmend auch Geisteswissenschaftler unter aktuellen und historischen Gesichtspunkten mit sozialen, kulturellen sowie psychischen Aspekten der Geburt.

    Die wünschenswerte Diskussion zwischen den genannten Gruppen ist bisher meist indirekt geblieben. Sie vollzieht sich - von wenigen Ausnahmen abgesehen - in einem erstaunlichen Umfang fast ausschließlich über die Medien. Das Symposium zum 125-jährigen Jubiläum der Hebammenschule der Universitäts-Frauenklinik Erlangen soll dazu beitragen, diesen Mangel zu lindern. Im Ergebnis wird vielleicht ein wenig klarer, wo sich die Geburtshilfe weiter verändern kann, um den gewandelten Bedürfnissen werdender Eltern besser gerecht zu werden. Die erreichten Standards sollen dabei jedoch nicht aufs Spiel gesetzt werden. Vom Blick in die Vergangenheit aus der Perspektive der Geisteswissenschaften ist u. a. eine Vertiefung des Verständnisses für die psychosozialen Aspekte der Geburt zu erhoffen, von der Ärzte sicherlich profitieren können.
    Das Programm
    Freitag, 5. November 1999

    10.00 Uhr: Renate Wittern-Sterzel/Norbert Lang
    Eröffnung und Einführung
    10.30 Uhr: Wolfgang Frobenius
    "Nur eigenes Wirken [...] kann wahrhaft nützlich werden..."
    Zur Entwicklung der wissenschaftlichen Geburtshilfe in Erlangen aus der Sicht der traditionellen Medizingeschichte
    11.00 Uhr: Jürgen Schlumbohm
    "Die Schwangeren sind der Lehranstalt halber da!"
    Die Göttinger Universitäts-Entbindungsanstalt um 1800
    11.30 Uhr: Hans-Christoph Seidel
    Zur Medikalisierung der Geburt
    Ärzte als Sieger und Hebammen als Verliererinnen der Professionalisierung?

    15.00 Uhr: Marita Metz-Becker
    Wo "die Doctoren [...] garstig mit den Weibsleuten umgingen..."
    Das Marburger Accuchierhaus aus der Sicht der Frauen
    15.30 Uhr: Eva Labouvie
    Zwischen weiblicher und medikaler Kultur
    Landhebammen in der Vormoderne
    16.30 Uhr: Podiumsdiskussion
    Moderation: Renate Wittern-Sterzel

    Samstag, 6. November 1999

    9.00 Uhr: Klaus Vetter
    Schwangerschaftsvorsorge bei unbelasteter Anamnese
    Was ist erforderlich? Worauf kann verzichtet werden?
    9.30 Uhr: Ulrike Peitz-Zimmermann
    Die Betreuung der normalen Schwangerschaft und Geburt
    Ein Hebammen-Konzept zu partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit Ärzten
    10.00 Uhr: Ernst Beinder
    Der Notfall aus heiterem Himmel
    Zur Häufigkeit, Vermeidung und Bewältigung unvorhersehbarer Komplikationen unter der Geburt
    10.30 Uhr: Wolfgang Rascher
    Das unauffällige Neugeborene unmittelbar nach der Geburt
    Notwendige, ratsame und überflüssige Maßnahmen
    11.30 Uhr: Brigitte Vierheller/Franziska Frauendorfer
    Individuell, natürlich, sanft und absolut sicher?
    Zu den Erwartungen werdender Eltern an die Geburtshilfe
    12.00 Uhr: Verena Geissbühler
    Auf dem Hocker, im Roma-Rad oder unter Wasser
    Alternative Gebärformen aus ärztlicher Sicht
    12.30 Uhr: KTM Schneider
    Wieviel "Apparate-Medizin" muß sein?
    Die aktuellen medizinischen Standards bei der Geburt
    13.00 Uhr: Gabriele Fichthorn
    Ist die "Familien-Abteilung" eine Lösung für die Zukunft?
    Neue Ansätze zur Betreuung des Wochenbettes in der Klinik
    13.30 Uhr: Abschlußdiskussion
    Moderation: Norbert Lang

    * Kontakt:
    Kongreßsekretariat der Universitäts-Frauenklinik Erlangen
    Universitätsstr. 21-23, 91054 Erlangen
    Tel.: 09131/85 -36895, Fax: 09131/85 -36992
    e-mail: congress@frauen.med.uni-erlangen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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