Untersuchungen Leipziger Physiker um Prof. Dr. Josef Käs zeigen: Wachstumsverhalten von Neuriten wird durch den Zufall bestimmt. Nervenzellen nutzen störendes Rauschen zur Signalverstärkung.
Einer der wichtigsten Schritte in der Entwicklung einer befruchteten Eizelle zum fertigen Menschen ist die richtige und verlässliche Vernetzung des zentralen Nervensystems. "Daher scheint es geradezu unerlässlich dass die Natur bei diesem entscheidenden Schritt jeden zufälligen und unkontrollierten Prozess ausschließen müsste.", meint Prof. Dr. Josef Käs, Leiter der Abteilung Physik der weichen Materie am Institut für Experimentelle Physik I der Universität Leipzig. "Um hier zu verlässlichen Aussagen zu kommen, untersuchten wir das Wachstumsverhalten von Neuriten."
Von besonderem Interesse war dabei, wie die Natur ein System erschaffen kann, das nicht von zufälligen Fluktuationen und Rauschen beeinträchtigt wird. Denn je kleiner ein Teilchen ist, umso stärker wird es vom so genannten thermischen Rauschen beeinflusst, auch bekannt als Brown'sche Bewegung. Sie kommt zustande durch Atome und Moleküle, die sich ständig und unkontrolliert anstoßen, also gewissermaßen herumgewürfelt werden.
"Zunächst stellten wir fest, dass auch eine sich fortbewegende Nervenzelle solch zufällige Fluktuationen erfährt", erklärt Timo Betz, Physiker aus der Arbeitsgruppe um Prof. Käs. "Dann konnten wir mit Hilfe der Theorie stochastischer Systeme die Stärke des Rauschens bestimmen." Es zeigte sich, dass Nervenzellen nicht nur mit diesem scheinbar störenden Rauschen umgehen, sondern es vermutlich sogar gezielt modifizieren können. "Der mögliche Sinn einer solchen Modifikation könnte darin liegen, Rauschen gezielt zu nutzen, um die schwachen Signale, welche die Zellen zu ihrem Ziel leiten, zu verstärken.", so Betz. Das System wird damit robuster und weniger anfällig gegen Störungen.
In der Natur werden ähnliche Systeme beispielsweise beim Hörsinn genutzt. Hier wird die richtige Stärke eines Rauschen zur Signal-, d.h. Tonverstärkung genutzt. "Auch wenn es der Intuition zu widersprechen scheint, nutzt die Natur also den Zufall. Quasi durch Würfeln schafft sie einen Mechanismus, der das Hören bzw. in unserem Fall, das Detektieren von Wachstumssignalen besser möglich macht als ein kontrolliertes System.", erläutert Betz weiter.
Die Leipziger Physiker veröffentlichten ihre Entdeckung jetzt in den Physical Review Letters.
weitere Informationen:
Prof. Dr. Josef A. Käs
Telefon: 0341 97-32470
E-Mail: jkaes@physik.uni-leipzig.de
www.uni-leipzig.de/~pwm
Timo Betz
Telefon: (0)341 97-32486
E-Mail: tobetz@physik.uni-leipzig.de
Eine gefärbte Nervenzelle. Rechts unten der vergrößerte Ausschnitt wurde näher untersucht
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Mathematik, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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