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17.11.1999 15:47

Bypass-Operation am schlagenden Herzen

Jutta Reising Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster

    Gespannt warteten die Zuschauer im gut besetzten Hörsaal der münsterschen Universitätskliniken auf die Life-Übertragung einer schonenden minimal-invasiven Bypass- Operation aus dem Operationssaal. Bypass-Operation, das hieß seit dem ersten Eingriff dieser Art im Jahr 1954: Aufsägen des Brustbeins, Anschluss an die Herz-Lungen-Maschine, Stillstand des Herzens und Austausch der verengten großen Herzkranzgefäße gegen gesunde Venen oder Arterien. Vielen alten oder schwerkranken Menschen mit Brustenge und Atemnot konnte diese große Bypass-Operation häufig nicht mehr zugemutet werden. Das wird sich jetzt ändern. Prof. Dr. Hans H. Scheld, Direktor der Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie und Prof. Dr. Hugo Van Aken, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin der Westfälischen Wilhelms-Universität demonstrierten, dass verkalkte Herzkranzgefäße auch am schlagenden Herzen und ohne Herz-Lungen-Maschine ausgetauscht werden können. Der Brustkorb wird dabei nur durch einen kleinen etwa zehn Zentimeter langen Schnitt zwischen den Rippen eröffnet.

    Bereits operierte Herzpatienten, Zuckerkranke, Schlaganfallpatienten oder sehr betagte Kranke können mit dem neuen Verfahren schonend und komplikationsarm operiert werden. Der Laie im Hörsaal sah mit Erstaunen die flinken Finger der Chirurgen mit ihren Pinzetten und Scheren, mit Nadel und Faden über das schlagende Herz huschen und das Hantieren mutete so leicht und harmlos an, dass die Operationsdauer dem fasziniert beobachtenden Publikum recht kurz erschien. "Das Herz schlägt infolge der Narkose sehr langsam mit einer Frequenz von 50 Schlägen pro Minute", erläuterte Prof. Van Aken. Der 78jährige Patient war nach der Operation gleich wieder ansprechbar, blinzelte während seiner Aufwachphase zuerst noch etwas unwillig in die Kamera und tat dem Auditorium schließlich schläfrig, lakonisch kund, dass es ihm schon wieder ganz gut gehe. Die Zuhörer dankten ihm für diesen kurzen Auftritt mit einem erleichterten Lachen und Beifall.

    Wie Prof. Scheld erklärte, konnte diese einfachere Operationsform erst durchgeführt werden, nachdem spezielle Anästhesietechniken entwickelt worden waren. Mit Rückenmarksanästhesie sind die Patienten bei der minimal-invasiven Bypassoperation komplett schmerzfrei. Der Operateur kann sich ausschließlich auf den chirurgischen Eingriff konzentrieren, während der Narkosearzt mit Hilfe zahlreicher Geräte - unter anderem einer Ultraschallsonde in der Speiseröhre des Patienten - das schlagende Herz und das Befinden des Herzpatienten keine Minute aus dem Blick verliert. Die perfekte Abstimmung zwischen Narkoseärzten und Chirurgen war auch auf der Leinwand zu beobachten.

    "Dieses neue Operationsverfahren ist noch nicht Routine", betonte Scheld. "Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland nur zwei Prozent aller Herzoperationen mit diesem minimal- invasiven, stressarmen Verfahren durchgeführt. Nach wie vor wendet nur ein kleiner Anteil der Chirurgen die neue Operationstechnik an. Wir operieren derzeit etwa 15 Prozent unserer Herzpatienten minimal-invasiv. Wir benutzen bei Bypass-Operationen heute Arterien. Sie bleiben 15 bis 18 Jahre lang bis zu 90 Prozent offen, wenn der Patient gesund lebt und nicht raucht. Venen hingegen sind bereits nach zehn Jahren wieder arteriosklerotisch verstopft." Der Patient wird normalerweise bereits drei Tage nach der minimal-invasiven Bypass-Operation aus der Klinik entlassen. Das bedeutet für den Kranken kurze Liegezeit und wenig Schmerzen und für die Klinik Einsparung von Kosten.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    regional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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