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16.12.1999 14:25

Wettbewerbsspuren auf Chinas Versicherungsmarkt

Gertraud Pickel Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Seit 1996 hat China ein neues Versicherungsgesetz, das im Abschluß von Verträgen und damit bei der Werbung um Kunden mehr Freiheit als zuvor gestattet. Dies steht im Einklang mit der erklärten Absicht der politischen Führung des Landes, seine Märkte nach und nach für den Wettbewerb zu öffnen. Wenn damit auch Bewegung in den Versicherungssektor gekommen ist, entspricht das Angebot doch in großen Teilen noch nicht dem im Westen gewohnten Standard. Zusammen mit chinesischen Spezialisten der Versicherungswissenschaft untersucht der Lehrstuhl für Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Erlangen-Nürnberg seit Herbst 1997 in einem Pilotprojekt, inwiefern die neuen gesetzlichen Vorgaben umgesetzt werden und frühere Strukturen sich verändern. Zum einen sollen dabei Anregungen gegeben werden, die diesen Prozeß zusätzlich fördern könnten; zum anderen will Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Harald Herrmann deutsche Unternehmen, die sich auf den chinesischen Markt wagen wollen, über die derzeitigen Chancen zur Absicherung informieren.

    Während Großunternehmen viele Wege offen stehen, geschäftliche Risiken abzustützen, können kleine und mittlere Unternehmen meist kein solches mehrfach ausgewogenes System aufbauen. Für Selbstversicherung oder Absicherungen über den Kapitalmarkt reicht ihre Finanzkraft selten aus. Um ihr Risiko zu verringern, bleibt ihnen nur die Möglichkeit, für alles, was versicherbar ist, auch Versicherungen abzuschließen. Aus diesem Grund haben sie ein besonderes Interesse an einem zuverlässigen Schutz und damit an Versicherungsprodukten, die im Wettbewerb getestet wurden und die Probe bestanden haben.

    Wenn der Mittelstand dazu bewogen werden soll, neben ohnehin weltweit tätigen Unternehmen in China zu investieren, sind Fortschritte im Versicherungswesen des fernöstlichen Landes eine nahezu unverzichtbare Voraussetzung. Den Stand der Entwicklung von funktionsfähigen Wettbewerbsstrukturen auf dem chinesischen Versicherungsmarkt zu dokumentieren, wird am Nürnberger Lehrstuhl für Privat- und Wirtschaftsrecht deshalb auch als Service für kleinere und mittlere Unternehmen verstanden, die an deutsch-chinesischen joint ventures interessiert sind.

    Das Ende des Monopols

    Sehr attraktiv sind die Bedingungen auf diesem Gebiet derzeit für mittelständische Investoren noch nicht; doch für die Zukunft ist vorsichtiger Optimismus erlaubt. Allerdings müssen zur Absicherung der meisten Unternehmensrisiken, die auf chinesischem Boden anfallen, auch Verträge mit chinesischen Anbietern geschlossen werden. Hier gilt ein Verbot ausländischen Wettbewerbs, das nur wenige Ausnahmen zuläßt.

    Um so wichtiger ist es, in China nicht mehr auf ein Einheits-Versicherungssystem angewiesen zu sein, das die Vertragsbedingungen diktieren kann. Bis 1988 blieb das Monopol der People's Insurance of China Company, einer staatlichen Einrichtung, unangetastet. Seit dieser Zeit wurden zunehmend chinesische Rechtspersonen des Privatrechts zugelassen, so daß die Monopolstellung behutsam abgebaut werden konnte. Dennoch war die PICC im Jahre 1997 wahrscheinlich nach wie vor überall marktbeherrschend. Nicht nur die ehemals unbegrenzte Machtstellung kommt dieser Organisation zugute; sie hat auch den entscheidenden Vorteil, daß sie landesweit zum Versicherungsgeschäft zugelassen ist.

    Voraussichtlich wird der Wettbewerb aber intensiver werden; Ansätze dazu sind bereits vorhanden. Die Höhe der Prämien unterscheidet sich zwar bei den wichtigsten Versicherungstypen kaum; auch steht es nicht frei, die Kunden an Maklerprovisionen und Kommissionen teilhaben zu lassen. Es gibt aber Schadensfreiheitsrabatte, Selbstbehalte und Nebenleistungen, auf die sich der Preiswettbewerb konzentrieren kann und auch tatsächlich konzentriert.

    Bei den Versicherungsbedingungen lassen sich ebenfalls Spuren wirksamen Wettbewerbs erkennen. Die Konkurrenz veranlaßt die Staatsversicherung, für politisch bedingte Unternehmensschäden auch dann zu zahlen, wenn der Staat selbst der Verursacher war. Streikrisiken können in eine All-Risiko-Versicherung eingeschlossen werden, die damit in Wettbewerb mit der Versicherung für politische Risiken tritt. Für Meldepflichtverletzungen, die ohne grobes Verschulden zustandekommen, hat sich für All-Risiko-Versicherungen eine Regelung eingebürgert, die den Versicherungsschutz aufrechterhält, jedoch zusätzliche Prämie kostet. Die Prämien von Haftpflichtversicherungen sind noch vergleichsweise wenig auf die Höhe der jeweiligen Gefahrenneigung ausgerichtet, doch auch hier sind mittelfristig wettbewerbsbedingte Änderungen zu erwarten.

    Im Herbst 2000 soll ein Abschlußbericht über die Forschungsergebnisse auf einer Konferenz mit dem Beijing Institute of Business an der China University of Political Science and Law in Peking vorgestellt werden.

    * Kontakt:
    Prof. Dr. Harald Herrmann
    Lehrstuhl für Privat- und Wirtschaftsrecht, Lange Gasse 20, 90403 Nürnberg
    Tel.: 0911/53 02 -267, Fax: 0911/ 53 02 -177, E-Mail: herrmann@wiso.uni-erlangen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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