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20.07.2006 10:10

Ein Blick genügt: Wie wir Gesichter erkennen

Dr. Christian Jung Stabsreferat Kommunikation
VolkswagenStiftung

    Tübinger Wissenschaftler knacken den neuronalen Code für das Erkennen von Gesichtern: Ergebnisse jetzt veröffentlicht in Nature

    Kennen wir uns? Ein bis zwei Prozent der Bevölkerung stellt sich diese Frage bei jeder Begegnung auf's Neue. Es sind die Menschen, die an Gesichtsblindheit leiden und ein Gesicht einfach nicht erkennen können. Selbst nahe Verwandte und Arbeitskollegen erscheinen ihnen täglich fremd. Kaum vorstellbar, gehört doch das Wiedererkennen am Gesicht zu den elementaren Fähigkeiten des Menschen. Es funktioniert im Normalfall ohne große Mühe und innerhalb kürzester Zeit und das, obwohl jedes Gesicht aufgrund seiner Mimik durchaus variabel ist. Tübinger Wissenschaftler haben nun herausgefunden, wie Nervenzellen Gesichter in Bruchteilen von Sekunden zuordnen. Offensichtlich vergleichen sie sie mit einem Durchschnittsgesicht statt - wie bisher vermutet - einfach das Aussehen jedes einzelnen Gesichts zu lernen. Die Ergebnisse wurden gerade online publiziert in der Zeitschrift Nature (5. Juli 2006) unter: http://www.nature.com/nature/journal/vaop/ncurrent/abs/nature04951.html

    Um die Mechanismen bei der Erkennung von Gesichtern zu entschlüsseln, arbeiteten die Wissenschaftler mit Affen. Ihnen präsentierten sie mit dem Computer erzeugte Gesichter und untersuchten dann, welche Nervenzellen beim Erkennen reagieren und wie aktiv sie sind. Die Formen der Gesichter sind unterschiedlich, sie stellen beispielsweise verschiedene Stufen des Übergangs zwischen zwei Personen dar. Beteiligt an dieser Studie war Dr. Martin Giese, der am Hertie Institut für klinische Hirnforschung der Universität Tübingen eine von der VolkswagenStiftung geförderte Nachwuchsgruppe leitet. Die Experimente wurden am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik zusammen mit Wissenschaftlern der Abteilung für die Physiologie kognitiver Prozesse durchgeführt.

    In einer Hirnregion, die inferotemporaler Kortex genannt wird, fanden die Wissenschaftler eine große Zahl von neuronalen Zellen, die scheinbar für die Codierung von Gesichtern zuständig sind. Diese Zellen waren umso aktiver, je mehr das gezeigte Gesicht von einem "Durchnittsgesicht" abwich, das zuvor aus 100 menschlichen Gesichtsbildern berechnet worden war. Die Wissenschaftler vermuten, dass das Gehirn ein solches Durchschnittsgesicht aus vielen vorher gesehenen Gesichtern zunächst berechnet und als Grundlage beim Erkennen einsetzt. Möglicherweise liegt auch bei der Repräsentation anderer komplexer Formen, beispielsweise bei Alltagsgegenständen oder anderen Objekten ein solches Erkennungsprinzip zugrunde. Experimente zeigen, dass Affen und Menschen Gesichter in sehr ähnlicher Weise wahrnehmen, sodass die Ergebnisse wahrscheinlich auf das menschliche Gehirn übertragbar sind.

    Kontakte
    VolkswagenStiftung
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Christian Jung
    Telefon: 0511 8381 - 380
    E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de

    Weitere Auskünfte und Kontakt
    Universität Tübingen
    Neurologische Klinik
    Dr. Martin Giese
    Telefon: 07071 3659880
    E-Mail: martin.giese@uni-tuebingen.de

    Originalveröffentlichung

    Leopold D A, Bondar I V, Giese M A:
    Norm-based face encoding by single neurons in the monkey inferotemporal cortex
    Nature E-pub 5. Juli 2006
    --------------------------------------------------------------------------------------------
    Der Text der Presseinformation steht im Internet zur Verfügung unter http://www.volkswagenstiftung.de/service/presse.html?datum=20060720


    Bilder

    Aktivität eines typischen "Gesichtsneurons": Die Aktivität ist besonders klein für das Durchschnittsgesicht im Zentrum der Abbildung (schwarzes Quadrat). Für Gesichter, die durch Interpolation zwischen realen Gesichtern und dem Durchschnittsgesicht erzeugt wurden, ist die Aktivität umso höher, je mehr das Gesicht sich vom Durchschnittsgesicht unterscheidet.
    Aktivität eines typischen "Gesichtsneurons": Die Aktivität ist besonders klein für das Durchschnitts ...
    Dr. Martin Giese/ Universität Tübingen
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Aktivität eines typischen "Gesichtsneurons": Die Aktivität ist besonders klein für das Durchschnittsgesicht im Zentrum der Abbildung (schwarzes Quadrat). Für Gesichter, die durch Interpolation zwischen realen Gesichtern und dem Durchschnittsgesicht erzeugt wurden, ist die Aktivität umso höher, je mehr das Gesicht sich vom Durchschnittsgesicht unterscheidet.


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