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31.07.2006 11:52

Zur Kulturgeschichte der Empfängnisverhütung

Axel Burchardt Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Wenn Liebe ohne Folgen bliebe...
    Ausstellung vom 03.08.-12.11.2006 im Stadtmuseum Jena

    Jena (31.07.06) Der Wunsch, die Empfängnis zu kontrollieren, ist so alt wie die Menschheit. Erste Belege über die Anwendung von Verhütungsmitteln stammen aus der Antike, wo man etwa Pessare aus Holz oder Leder nutzte oder auf die Wirkung von Substanzen wie Krokodilskot, Honig und Akazienharz vertraute, die vaginal als Tampon oder Lösung verabreicht wurden. Dieses alte Wissen existierte, um volksmedizinische Erfahrungen angereichert, bis ins hohe Mittelalter. Offiziell aber konnte es nur eine unmaßgebliche Rolle spielen in einer Gesellschaft, in der kirchliche und weltliche Obrigkeit sexuelle Beziehungen nur zum Ziele der Zeugung, nicht der Lust zugestand.

    Natürliche Methoden wie der Coitus interruptus oder Enthaltsamkeit waren deshalb wahrscheinlich die am häufigsten angewandten Praktiken. Gewisse "Verhütungsrezepte" gab es dennoch - sie wurden innerhalb der weiblichen Lebenswelten mündlich weitergegeben. Kräuterbücher informierten über verschiedene empfängnisverhütende und abortive Pflanzen, zu denen schon damals der Sadebaum, Nimbaum oder Hibiskus zählten.

    Als Mitte des 19. Jahrhunderts die medizinischen Methoden zur Feststellung von Schwangerschaften exakter wurden, entglitt den Frauen zunehmend die Selbstbestimmung über ihren Körper. In einem "Gebärstreik" suchten sie ab 1913 auf ihre Lage im Kontext der sozialen Frage aufmerksam zu machen.

    Die folgenden Jahre der Weimarer Republik standen ganz im Zeichen tiefgreifender Reformen. Sexualberatungsstellen wurden eingerichtet, Mutterschutzmaßnahmen etabliert und hitzige öffentliche Debatten über den Abtreibungsparagraphen durchgeführt. Das nationalsozialistische Regime brachte eine drastische, fundamentale Wende: Möglichst hohe Geburtenzahlen sollten erzielt werden und aus rassepolitischen Gründen wurde die "deutsche Mutter" zur Heldenfigur stilisiert.

    Die revolutionärste Neuerung der Nachkriegszeit war wohl, in Ost- wie in Westdeutschland, die Entwicklung der Pille, die in den 1970er Jahren den Ausgangspunkt für ein neues Lebensgefühl bildete. Neben der Pille gab es eine Vielzahl weiterer - natürlicher, hormoneller, mechanischer und chemischer - Verhütungsmethoden. Bis heute ist es allerdings nur das Kondom, das neben der Schwangerschaft auch ansteckende Krankheiten verhütet.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Christel Köhle-Hezinger
    Bereich Volkskunde/Kulturgeschichte
    Tel.: 03641/944391, Fax: 03641/944392
    E-Mail: christel.koehle-hezinger@uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Kunst / Design, Musik / Theater
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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