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15.03.2000 15:15

Praxisbezogene Lehre am Beispiel des Knochenmark-Nagels

Ute Missel Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    In der vorlesungsbegleitenden Übung zu "methodischem und rechnerunterstützem Konstruieren" werden normalerweise anhand vorgefertigter Beispiel-Aufgaben die einzelnen Schritte und methodischen Vorgehensweisen im Konstruktionsprozeß erarbeitet und vertieft. Diese Beispiel-Aufgaben sind eindeutig und verständlich gestellt. Aufgrund guter Kontakte zwischen Dr. Wolfgang M. Franck von der Abteilung für Unfall-Chirurgie der Universität Erlangen-Nürnberg und dem Lehrstuhl für Konstruktionstechnik von Prof. Dr. Harald Meerkamm wurde im Wintersemester 1999/2000 erstmals mit einer Übungsgruppe ein reales Projekt über einen gesamten Konstruktionszyklus durchgeführt.

    In der Unfall-Chirurgie wird bei einer Oberarmfraktur üblicherweise ein sogenannter Knochenmarknagel vom Ellenbogen aus in das Innere des Oberarmknochen eingetrieben und somit die gebrochenen Teile des Knochen "aufgefädelt". Dadurch werden die Einzelteile in der natürlichen Lage fixiert und wärend des Heilungsprozeß stabilisiert. Der Nagel wird durch jeweils zwei bis drei Schrauben am oberen und am unteren Ende mit dem intakten Knochen verschraubt, um eine Sicherheit gegen axiale Belastung sowie Torsion zu gewährleisten. Die Verschraubung des Nagels ist mit einem hohen Aufwand verbunden, da hierdurch die OP-Zeit deutlich erhöht wird und für jede einzelne Schraube eine Körperöffnung geschaffen werden muß. Weiterhin muß der gesamte Eingriff über ein Röntgengerät überwacht werden.

    Ziel des Projektes war es, einen neuen Knochenmark-Nagel zu entwickeln, der auf einfachere Weise im Knochen fixiert werden kann und durch eine kürzere OP-Zeit die Strahlenbelastung sowohl für den Patienten als auch für den operierenden Arzt auf ein Minimum reduziert.

    Nach der Vorstellung des Projektes, Formulierung der Aufgabenstellung und Klären von Details mit Dr. Franck wurde in den einzelnen Übungseinheiten schrittweise vorgegangen. Zunächst wurde eine Anforderungsliste erstellt, die als Referenz für die folgenden Entwicklungsschritte diente. Als zweiter Schritt wurde die Funktionsstruktur des Knochenmark-Nagels aufgestellt und bis zu einem bestimmten Detaillierungsgrad heruntergebrochen. Weiterhin wurde als dritter Schritt ein morphologischer Kasten aufgebaut, in dem für die Anforderungen bzw. die Erfüllung der einzelnen Funktionen nach Prinziplösungen gesucht wurde.

    Grundsätzlich ist bei Neuentwicklungen ein wichtiger Schritt die Recherche von bereits bestehenden Patenten und Produkten; denn nichts ist peinlicher, als nach einer erklecklichen Entwicklungszeit ein Produkt vorzustellen, das so oder so ähnlich seit geraumer Zeit als Patent angemeldet ist oder gar schon kommerziell vertrieben wird. Folglich wurde über den gesamten Verlauf der Übung intensiv nach weltweiten Patenten und Produkten gesucht, um eine Wiederholung zu vermeiden. Anhand des morphologischen Kastens konnten nun unter Kombination der einzelnen Prinziplösungen Vorschläge zur Lösung des Problems ausgewählt werden. Diese teilweise sehr ähnlichen aber auch stark unterschiedlichen Vorschläge wurden in einer weiteren Übungseinheit skizzenhaft vorgestellt und andiskutiert.

    Als Abschluß des Projektes fand eine Präsentation der einzelnen Lösungen statt. Jeder Student der Gruppe hatte die Möglichkeit, sein Konzept in einem kurzen Vortrag im Stile eines Seminarvortrages vorzustellen. Die Lösungen wurden in der Gruppe diskutiert und Schwachstellen aufgedeckt. Durch die Zusammenarbeit von Dr. Franck mit einer Knochenmark-Nägel herstellenden Firma konnte die Möglichkeit eingeräumt werden, den geeignetsten Vorschlag prototypenhaft umzusetzen und experimentell zu testen.

    Dank der hervorragenden Koordination und Kooperation des betreuenden Assistenten Robert Adunka mit den Studenten und Dr. Franck kann dieses Projekt als Modell für weitere Übungen und Praktika angesehen werden. Ein Beispiel, anhand dessen die oft verkannte Praxisnähe der universitären Ausbildung deutlich demonstriert wird und das zur Nachahmung anregt.

    * Weitere Informationen:
    Lehrstuhl für Konstruktionstechnik, Dipl.-Ing. Robert Adunka
    Martensstr. 9, 91058 Erlangen
    E-Mail: adunka@mfk.uni-erlangen.de
    Tel.: 09131/85 -27987, Fax: 09131/85 -27988
    http://www.mfk.uni-erlangen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Studium und Lehre
    Deutsch


     

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