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03.04.2000 11:31

Das Hören von Farben erklären: Forschungsprojekt an Universität Leipzig

Dr. Bärbel Teubert-Seiwert Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    Die Fähigkeit mancher Menschen, verschiedene Sinneseindrücke zu kombinieren, untersuchen Wissenschaftler vom Institut für Allgemeine Psychologie der Universität Leipzig. Von der Klärung dieses, Synästhesie genannten, Phänomens erhoffen sie sich neue Einsichten darüber, wie das menschliche Bewußtsein funktioniert.

    Hören Sie Farben? Oder sehen Sie Töne? Diese Fähigkeit, verschiedene Sinneseindrücke miteinander zu verbinden, hatten auch Johann Wolfgang Goethe, der russische Maler W. Kandinsky und viele andere berühmte und weniger berühmte Persönlichkeiten. Wissenschaftler vom Institut für Allgemeine Psychologie der Universität Leipzig versuchen nun, diesen besonderen Wahrnehmungen auf die Spur zu kommen. Für ihr Forschungsprojekt, das unter der Leitung von Prof. Dr. Hermann Müller und Dr. Christian Kaernbach steht, suchen sie Menschen, die ähnliche Phänomene bei sich bemerkt haben und sich mit anderen sog. Synästhetikern und den Wissenschaftlern austauschen möchten. Um diesen Kontakt zu ermöglichen, haben die Wissenschaftler ein sog. "Erzählcafé" eingerichtet. Es ist unter der Telefonnr. (0341) 97 35983 tagsüber zu erreichen. Das nächste Erzählcafé findet am Samstag, den 8. April, statt.

    Die Fähigkeit, Farben zu hören oder Töne zu sehen, die, so Sabine Schneider vom Institut für Allgemeine Psychologie, "im ersten Moment fast märchenhaft anmutet", wird mit dem griechischen Begriff "Synästhesie" (Sinnesvermischung) bezeichnet. Hierbei werden "mehrere Sinne auf unorthodoxe, faszinierend andere Weise miteinander verbunden", erklärt Schneider, die darüber ihre Doktorarbeit schreibt.

    Die häufigste Form der Synästhesie ist das sogenannte "farbige Hören". Für Menschen, die mit dieser Fähigkeit begabt sind, leuchten die Töne. Das heißt, zu alltäglichen Höreindrücken wie Geräuschen, Wörtern, Zahlen oder auch Tönen erscheinen ihnen "vor dem inneren Auge" unwillkürlich Farben. Goethe etwa vergleicht in seiner Farbenlehre die Harmonien der Musik mit seinen Stimmungen, die durch Farbtöne hervorgerufen werden. Der Komponist A. Schönberg verarbeitete seine Visionen der Verbindung von Musik und Malerei in seinen Bühnenwerken. Und der russische Maler W. Kandinsky schreibt in seinen Kindheitserinnerungen, daß sich der Himmel von Moskau abends "wie eine tolle Tuba" verfärbte und summte den Farbton, bevor er ihn auf der Palette mischte. Auch Fälle von anderen Sinnesmischungen gibt es, beispielsweise die Verbindung von Farbe und Geschmack. Sie sind allerdings seltener. So berichtet der amerikanische Neurologe R. Cytowic von einem Gast, der sich beklagte: "Das Hühnchen schmeckte kugelförmig".

    Es wird vermutet, daß Synästhesie oft mit einer Erweiterung der Wahrnehmungsfähigkeit einhergeht, die Kreativität fördert und außergewöhnliche Gedächtnisleistungen ermöglicht. So nutzen Synästhetiker ihre Fähigkeit z.B. als Eselsbrücke, indem sie sich Telefonnummern oder Vokabeln farbig merken. Durch die Klärung dieses Phänomens erhoffen sich die Leipziger Wissenschaftler neue Einsichten darüber, wie unser Bewußtsein funktioniert.

    Kontaktadresse: Sabine Schneider
    E-Mail: erz95alr@studserv.uni-leipzig.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Kunst / Design, Medizin, Musik / Theater, Psychologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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