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08.05.2000 11:22

Zur Geschichte des Geheimnisses

Dr. Gottfried Oy Public Relations und Kommunikation
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt (Main)

    Interdisziplinäre Konferenz des Zentrums zur Erforschung der Frühen Neuzeit und des Zentrums für Frauenstudien und die Erforschung der Geschlechterverhältnisse

    FRANKFURT. Geheimnisse spielen in der Erfahrung, in alltäglichen Lebenszusammenhängen (z. B. Beichtgeheimnis, militärische Geheimnissse, Geheimdienste, Herzensgeheimnissse, Briefgeheimnis, das Ausplaudern von Geheimnissen) eine wichtige Rolle; sie liegen in vielfach nicht bewusster Weise zentralen Vorstellungen und Vergemeinschaftungs- und Vergesellschaftsformen zu Grunde. Vor dem Hintergrund eines wachsenden wissenschaftlichen Interesses an der Untersuchung des Geheimen und der Geheimnisse sowie den Veränderungen von "Öffentlichem", "Geheimem" und "Privatem" soll die vom 18. bis 20. Mai geplante Konferenz "Zur Geschichte des Geheimnisses" die Rolle des Geheimnisses in der Frühen Neuzeit als dem Zeitraum thematisieren, in dem man einschneidende Veränderungen von "Öffentlichem", "Geheimem" und "Privatem" beobachten kann.

    Veranstaltet wird diese interdisziplinäre öffentliche Tagung gemeinsam vom Zentrum zur Erforschung der Frühen Neuzeit und vom Zentrum für Frauenstudien und die Erforschung der Geschlechterverhältnisse. Sowohl in den einführenden Vorlesungen der vier Sektionen als auch in folgenden Kurzbeiträgen und Kommentaren kommen Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Disziplinen zu Wort: Geschichte, Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft, Soziologie, Theologie, Ägyptologie, Medizingeschichte, Philosophie, Jüdische Geschichte. Die Beteiligten stammen aus Israel, USA, Großbritannien, Österreich und Deutschland.

    Die Konferenz will den Blick weit über die zurzeit häufig diskutierte Fragestellung öffnen, die sich unter dem Einfluss von Habermas' "Strukturwandel der Öffentlichkeit" nur auf die Herausbildung der modernen Konstellation von Öffentlichkeit - Privatheit - Geheimnis im politischen Raum konzentriert. Das Spannungsfeld der Begriffe "Geheimnis, das Geheime, ŽHaimlichkeitŽ", "Privatheit, das Private", "Öffentlichkeit, das Öffentliche" wandelt sich, und seine uns geläufige Form bildet sich schon im vielschichtigen sozialen und kulturellen Wandel in der Frühen Neuzeit heraus. Dies betrifft die Institutionen von Gesellschaft und "Staat" wie auch die Formen des Wissens über den/die Menschen, über Gesellschaft und Kultur und über den Staat in seinen sich wandelnden Formen, aber auch die Wissenschaften und ihr Verhältnis untereinander. So wird die Konferenz sich auch auf die funktionale Rolle von Geheimnissen in verschiedenen institutionellen Kontexten und deren Wandel richten: das Arcanum in der Medizin und Pharmazie, Methoden und Verfahren zur Offenbarung des Geheimen in Gerichtsverfahren, Post- und Briefgeheimnis und die Geheimnisse der Juden, der inneren Anderen.

    Die Verschiebungen und Wandlungen der Bereiche von Öffentlichem, Geheimem, Verborgenem, Privatem werden auch in der Literatur und in den Künsten verhandelt; in den Bildern wird die sich wandelnde gesellschaftliche Struktur in ihrer Bedeutung für die Lebenspraxis der Menschen und ihr Selbstverständnis "vorgestellt". Die Körper der Menschen werden zum Austragungsort wichtiger Debatten um Grenzen, Kontrolle und Disziplinierung (Norbert Elias), um Öffentliches und Geheimes. In der Frühen Neuzeit waren Auffassungen über den Körper und Modelle der Körperbeschreibung sowie Auffassungen über Sexualität und sexuelle Praktiken und deren Bedeutung im Wandel begriffen. Darin gewinnt der Körper für das Subjekt in seinen sozialen und kulturellen Beziehungen, im Gesellschafts- und Staatskörper eine gewandelte Bedeutung: Immer mehr wird das Geheimnis in Körper- und Geschlechterkategorien kodiert und sexualisiert. Die Durchsetzung eines entsprechenden Umganges mit Geheimnissen und ihrer institutionenspezifischen Neubewertung umspannt einen langen Zeitraum vom Spätmittelalter bis weit in die Neuzeit, beispielweise die Sexualisierung politischer Delikte unter dem Gesichtspunkt der "haimlichkeit".

    Nähere Informationen: Prof. Dr. Klaus Reichert, Prof. Dr. Brita Rang und Dr. Gisela Engel, Zentrum zur Erforschung der Frühen Neuzeit, Telefon 069/798-23282, E-Mail: G.Engel@em.uni-frankfurt.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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