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08.05.2000 18:06

100 Jahre Rechtsmedizin an der Uni Leipzig

Dr. Bärbel Adams Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    100 Jahre Gerichtsmedizin in Leipzig

    Am 5. Mai beging das Institut für Rechtsmedizin sein 100jähriges Jubiläum. Als das Institut 1900 als eines der ersten in Deutschland gegründet wurde, hieß es noch Institut für gerichtliche Medizin ... Anläßlich des 100jährigen Jubiläums der Leipziger Rechtsmedizin fand am 4. und 5. Mai 2000 ein wissenschaftliches Symposium statt.

    100 Jahre Gerichtsmedizin in Leipzig

    Am 5. Mai beging das Institut für Rechtsmedizin sein 100jähriges Jubiläum. Als das Institut 1900 als eines der ersten in Deutschland gegründet wurde, hieß es noch Institut für gerichtliche Medizin bis es 1990 an die gängige westdeutsche Bezeichnung angeglichen wurde. Gründungsdirektor des Institutes war der erst 35jährige Pathologe Prof. Dr. Richard Kockel, ein Schüler des bekannten Internisten Heinrich Curschmann und des Leipziger Pathologen Felix V. Birch-Hirschfeld. Kockel hatte ein breites Spektrum von Untersuchungsverfahren an seinem Institut etabliert, darunter auch viele die heute direkt von Kriminalisten oder anderen Spezialisten durchgeführt werden. Sein großer Verdienst lag in der Einführung von Methoden der Histologie und der wissenschaftlichen Fotografie in die Paxis des Gerichtsmediziners. Er erlangte Berühmtheit als Sachverständiger und Gutachter in vielen Gerichtsprozessen (Beispiele s.b. Friedrich Herber, Sezierte Wahrheit, Militzke Verlag, Leipzig. In der Ausbildung von Medizinstudenten setzte er nach langen Kämpfen 1924 die Einführung der Gerichtsmedizin als Prüfungsfach durch. Auch das erste eigene Gebäude der Gerichtsmedizin entstand auf seine Initiative bereits 1905 teilweise als Flachbau und wurde 1928 erweitert. Im II. Weltkrieg wurde es mehrmals zerstört, nach dem Krieg notdürftig wieder hergerichtet, und erst in den 50iger Jahren weitgehend wiederausgebaut. Inzwischen ist das Gebäude wieder stark renovierungsbedüftig, wenn auch der Charme vergangener Jahre durchaus erkennbar ist.

    Als Kockel 1934 verstarb, übernahm sein Schüler Gottfried Raestrup die Gerichtsmedizin in Leipzig. Raestrup hatte sich einen Namen durch anerkannte Forschungsbeiträge zur Blutgruppenbestimmung gemacht und war auch in der Nazizeit bemüht, die streng naturwissenschaftliche Ausrichtung der Gerichtsmedizin zu sichern. Obwohl Raestrup sich von den Nazis nicht instrumentalisieren ließ, wurde er 1946 von den sowjetischen Militärbehörden wegen seiner Unterschrift unter die Dokumente von Winniza verhaftet. Raestrup hatte während des Krieges die dort gefundenen Leichen untersucht und deren Tod auf 1937/38 datiert. Offensichtlich lagen hier Parallelen zu Katyn vor, wo Opfer der Stalinzeit von den sowjetischen Behörden als Nazi-Opfer deklariert werden sollten. Nach seiner Freilassung ging Raestrup in den Westen und das Institut war einige Jahre ohne Leitung.

    Erst 1948 übernahm Prof. Siegfried Krefft die Gerichtsmedizin bis er 1958 beurlaubt wurde. Krefft hatte verschwiegen, dass er 1944 Untersuchungen an Hingerichteten in Halle vornahm. Zunächst übernahm dann der Berliner Gerichtsmediziner Prof. Otto Prokop die kommissarische Leitung des Instituts bis 1961 Prof. Wolfgang Dürwald, neben Prokop der bekannteste Gerichtsmediziner der ehemaligen DDR, die Leitung des Institutes für fast 30 Jahre übernahm. Nach dessen Emeritierung 1989 leitete Prof. Horst Hunger bis 1993 das Institut, seit 1995 kommissarisch Prof. Reinhard Vock.

    Jeder Direktor hat dem Institut seinen Stempel aufgedrückt und dazu beigetragen, dass die Leipziger Gerichtsmedizin international geachtet wurde und bei Gericht gefragte Sachverständige stellte. Heute wendet die Rechtsmedizin alle einschlägig bekannten naturwissenschaftlich-medizinischen Verfahren, auch die DNA-Analyse zur Feststellung der Vaterschaft oder zur Identifizierung von Opfern, für die Aufklärung von Kriminal- oder Unglücksfällen an. Die Wissenschaftler sind mit gerichtsmedizinischen Vorträgen in die Ausbildung der Polizei einbezogen. Zugenommen hat, so Oberarzt Dr. Friedrich Herber, die Untersuchung von Alkohol- und Rauschgiftdelikten, Schuß- und Stichwaffenverletzungen, und die sogenannte "Begutachtung von Lebendpersonen", d.h. von lebenden Personen mit Verletzungen nach körperlichen Auseinandersetzungen, nach Unfällen, durch Kindesmißhandlungen. Über die Arbeit der Rechtsmediziner können Sie ab 8.5. 2000 mehr beim kommissarischen Direktor des Institutes für Rechtsmedizin, Prof. Dr. Vock, erfahren. Seine Telefonnummer: 0341 97 15100, über die Geschichte bei Dr. Friedrich Herber, 0341 97 15 113.

    Wissenschaftliche Veranstaltung der Gesellschaft für Rechtsmedizin - Region Nord-

    Anläßlich des 100jährigen Jubiläums der Leipziger Rechtsmedizin fand am 4. und 5. Mai 2000 ein wissenschaftliches Symposium statt. Auf diesem Symposium war die ganze Palette der aktuellen Fragestellungen auf dem Gebiet der Rechtsmedizin behandelt. Großen Raum nehmen Fragen der Kindesmisshandlung, der praktischen Durchführung einer rechtsmedizinischen Leichenschau, von Vergiftungen, plötzlichen Kindstods, autoerotischer Unfälle und Spurenuntersuchungen ein.
    Dr. Bärbel Adams


    Bilder

    Das Institut für Rechtsmedizin in Leipzig
    Das Institut für Rechtsmedizin in Leipzig

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    Der Gründer der Leipziger gerichtlichen Medizin, Prof. Kockel, in einer Vorlesung
    Der Gründer der Leipziger gerichtlichen Medizin, Prof. Kockel, in einer Vorlesung

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Organisatorisches, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

    Das Institut für Rechtsmedizin in Leipzig


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    Der Gründer der Leipziger gerichtlichen Medizin, Prof. Kockel, in einer Vorlesung


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