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12.05.2007 08:13

Blick hinter die Kulissen: Was ist eigentlich Kultur? Neues Forum für kulturwissenschaftliche Forschung in Frankfurt

Stephan M. Hübner Marketing und Kommunikation
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt (Main)

    FRANKFURT. Nur auf die schönen Künste wollen die Frankfurter Kulturwissenschaftler ihren Forschungsgegenstand nicht reduziert sehen; sie haben die Hochkultur, wie sie sich in Kunst, Musik und Literatur manifestiert, ebenso im Blick wie die Alltagskultur.

    "Wir untersuchen, wie sich soziale Energie in diesen - früher als getrennt empfundenen - Sphären kristallisiert", ergänzt Dr. Gisela Engel vom Zentrum zur Erforschung der Frühen Neuzeit, die gemeinsam mit Prof. Susanne Scholz (Institut für England- und Amerikastudien) mit einer neuen Buchreihe ein innovatives Forum für die kulturwissenschaftlichen Aktivitäten an der Universität Frankfurt geschaffen hat. Sie sind davon überzeugt, "dass sich in unterschiedlichen kulturellen Äußerungen eine gemeinsame kulturelle Logik manifestiert", so Scholz; und die nicht auf den ersten Blick erkennbaren Logiken suchen die Kulturwissenschaftler zu ergründen. Diese Aspekte greifen die Frankfurter Kulturwissenschaftler im Jahr der Geisteswissenschaften mit einer Buchreihe "Frankfurter Kulturwissenschaftliche Beiträgen" auf. Dabei stehen fächerübergreifende Perspektiven im Vordergrund, um innerhalb der Geisteswissenschaften die kulturwissenschaftliche Position zu betonen. Die Reihe soll auch ein Forum für neue Forschergruppen schaffen, die sich im Zuge der Stärkung der Geisteswissenschaften bilden.

    Zwei weitere Projekte von WissenschafterInnen, die sich an der Universität Frankfurt zu interdisziplinären kulturwissenschaftlichen Forschungsprojekten zusammengetan haben, verdeutlichen, worum es bei diesen Forschungen geht: Am Zentrum zur Erforschung der Frühen Neuzeit hat sich unter dem Vorsitz des Kunsthistorikers Prof. Thomas Kirchner eine Forschergruppe gebildet, die die "Frühneuzeitlichen Repräsentationen von Welten in Künsten und Wissenschaften" erforschen will. Dabei geht es auch um die Frage, warum und wie die Vorstellung einer Pluralität von Welten in der Frühen Neuzeit entsteht. "Kann es viele Welten geben?" Diese Frage erörterten in der Frühen Neuzeit Theologen, Philosophen und Naturforscher; Schriftsteller und bildende Künstler ließen sich von ihr inspirieren. Gleichzeitig erschlossen sich völlig neue Horizonte im Erleben der Menschen, die fremden Kulturen bei Eroberungen begegneten, die aber auch als Folge der Entwicklung von Ferngläsern und Mikroskopen ganz ungeahnte Einblicke nehmen konnten. "Die Pluralität der Welten wurde zu einem in vieler Hinsicht erlebbaren, gestaltbaren und denkbaren Raum, und das Erleben, Gestalten und Denken trug zu einer Welterfahrung und Lebenspraxis bei, in der Pluralität - im Umkehrschluss: Individualität - denk- und machbar wurde. In der Folge wurden in der europäischen Kultur durch vielfältige Prozesse - auch diese sind zu untersuchen - die Pluralitätsvorstellungen und -praxen der Frühen Neuzeit teilweise wieder zurückgenommen", umschreibt Kirchner das Forschungsinteresse der Gruppe, in der Kunsthistoriker, Historiker, Musikhistoriker, Literaturhistoriker, Philosophen und Wissenschaftshistoriker kooperieren. Kenntnisse über die Prozesse, die sich am Beginn der europäischen Moderne abgespielt haben, öffnen zudem den Blick für alternative Denk- und Praxismodelle in unserer Gegenwart.

    Das zweite Projekt: Ein interdisziplinäres Team um die Erziehungswissenschaftlerin Prof. Brita Rang erforscht Formen und Funktionen von Höflichkeit am Beginn der Moderne. Höflichkeit ist ein tägliches Thema, aber worin besteht sie eigentlich? Dazu Rang: "Höflichkeit kann verstanden werden als Gegenstand der gegenwärtig viel diskutierten `Kulturgeschichte des Politischen`. Sie stellt eine tendenziell universalistische Verkehrsform für den Umgang mit unterschiedlichen Menschen, Sprachen und sozialen Kulturen dar. Höflichkeit zielt auf Vermittlung, Kommunikation, aber auch auf Selbstrepräsentation. Dies bezog und bezieht die Geschlechter in unterschiedlicher Weise ein." Wie verändern sich Sprache, Bildung und Unterricht? In welchen Schriften, Manieren- und Anstandsbüchern wird Höflichkeit auf welche Weise zum Thema? Und was besagen mögliche Einsichten im Blick auf die heutige Zeit? Diesen und ähnlichen Fragen wird das Team unter kulturwissenschaftlicher Perspektive auch bei einer Internationalen Konferenz im März 2008 nachgehen.

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    Neue Buchreihe "Frankfurter Kulturwissenschaftliche Beiträge"

    Band 1: Johannes Süßmann, Susanne Scholz und Gisela Engel (Hrsg.), Fallstudien: Theorie - Geschichte - Methode, trafo verlag 2007, 273 S., ISBN (10) 3-89626-684-5, ISBN (13) 978-3-89626-684-2, 17,80 Euro

    Band 2: Gudrun Jäger und Liana Novelli-Glaab (Hrsg.), ... denn in Italien haben sich die Dinge anders abgespielt? Judentum und Antisemitismus in modernen Italien, trafo verlag 2007, ca. 300 S., ISBN 3-89626-628-4, ca. 28 Euro (im Druck).

    Band 3: Tanja Michalsky, Felicitas Schmieder und Gisela Engel (Hrsg.), Aufsicht - Ansicht - Einsicht. Neue Perspektiven auf die Kartographie an der Schwelle zur Frühen Neuzeit (erscheint im Herbst 2007)

    Information: Dr. Gisela Engel, Zentrum zur Erforschung der Frühen Neuzeit, Goethe-Universität, Telefon 069/798 32382, E-Mail g.engel@em.uni-frankfurt.de;
    zur Buchreihe: www.trafoberlin.de/katalog.htm

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    Soeben erschienen:
    Wissenschaftsmagazin Forschung Frankfurt 1/2007

    Kostenlos anfordern:
    steier@pvw.uni-frankfurt.de

    Im Internet:
    www.muk.uni-frankfurt.de
    Publikationen/FFFM/2007/index.html

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    Schwerpunkt in "Forschung Frankfurt" 1/2007 bilden im Jahr der Geisteswissenschaften Beiträge aus diesen Disziplinen - hier einige weitere Titel:

    · Prof. Hans-Markus von Kaenel
    Münzen und Geld in der Antike: Was Fundstücke aus zehn Jahrhunderten preisgeben

    · Wolfgang Schopf
    Annäherung an Peter Suhrkamp beim Stöbern in seinen Korrespondenzen

    · Prof. Dr. Gunther Teubner
    Globale Verfassungen jenseits des Nationalstaats - Wie Subsysteme der Weltgesellschaft ihre eigenen Rechtsnormen schaffen

    · Prof. Dieter Katzenbach, Prof. Gerd Iben
    Auf Unwegen zur Schrift - Neue Ansätze für pädagogische Arbeit mit lernschwachen Schülern

    · Interview mit der DFG-Vizepräsidentin Prof. Luise Schorn-Schütte: "Der intellektuelle Dialog lebt von der Vielsprachigkeit"

    · Prof. Klaus Günther
    Wie Menschen Normen und Wertvorstellungen mit beeinflussen - Fragestellungen für das geisteswissenschaftliche Exzellenzcluster>


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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