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25.08.2000 11:16

Exmoorponies und Rinder fressen für den Naturschutz - Projekt von überregionaler Bedeutung

Tibor Werner Szolnoki Stabsstelle Presse, Kommunikation und Marketing
Universität Paderborn

    Kreis Northeim/Paderborn/Bonn, Montag, 28.8.2000: Mit dem Auftrieb von zunächst sechs Heckrindern (mit drei Kälbern) und sieben Exmoorponies in einem Buchen-Eichen-Mischwaldgebiet bei Amelith (Landkreis Northeim/Niedersachsen) im Solling wird am kommenden Montag, den 28. August 2000, um 13.30 Uhr ein bundesweit bedeutendes, modellhaftes Naturschutzprojekt eröffnet.

    Das Forschungsvorhaben "Hutelandschaftspflege und Artenschutz mit großen Weidetieren im Naturpark Solling-Vogler" wird vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) Bonn gefördert und von der Universität Paderborn gemeinsam mit der niedersächsischen Landesforstverwaltung und dem Naturpark Solling-Vogler durchgeführt.

    Infos für Journalisten:
    Bitte wenden Sie sich bei Fragen an die Kontaktadressen, die Sie am Ende der Pressemitteilung finden.

    Der Veranstaltungsort (Eingewöhnungsgatter) liegt am Kirchberg zwischen Nienover und Winnefeld, wenige Kilometer nördlich von Bad Karlshafen. Die Anfahrt erfolgt über die B 241 bis zur Kreuzung Winnefeld. Ausschilderung ab Kreuzung Winnefeld.

    Termin: Montag, 28.8.2000, 13.30 Uhr

    An der Veranstaltung werden u.a. teilnehmen:

    Peter Wollborn, Niedersächsisches Landwirtschaftsministerium
    Prorektor Prof. Dr. Heinrich Schulte-Sienbeck, Universität Paderborn
    Dir. u. Prof. Dr. Reiner Blanke, Bundesamt für Naturschutz
    Prof. Dr. Bernd Gerken, Universität Paderborn/Projektleitung
    Forstoberinspektor Peter Martensen, Naturpark Solling-Vogler

    Der Pressetext wurde zwischen den Trägern abgestimmt und es wurde eine Sperrfrist vereinbart: Montag, 28.8.2000

    Exmoorponies und Heckrinder fressen für den Naturschutz

    Modellhaftes Naturschutzprojekt von überregionaler Bedeutung startet

    Im Vorhaben wird in einem 200 ha großen Wald-Offenland-Komplex eine neue Form der Beweidung etabliert. Dabei soll eine bedeutende "Hutelandschaft" mit ihren seltenen Tier- und Pflanzenarten erhalten und weiterentwickelt werden. Das Vorhaben ist zunächst für die Dauer von fünf Jahren finanziell gesichert.

    Hutewälder (Hudewälder) sind meist ortsnahe lichte, alteichen- und teilweise auch -buchen-dominierte "Wälder", in die jahrhundertelang Weidetiere, insbesondere Schweine und Rinder, gezielt eingetrieben wurden. Vor allem im Herbst sollten sie Eicheln und Bucheckern fressen können und so eine letzte Mast erfahren, die zugleich auch Geschmack und Qualität des Fleisches maßgeblich prägte. Durch diese Beweidung und die verschiedensten natürlichen Ausgangsvoraussetzungen (Geologie und Böden, Klima etc.) bedingt, entstand ein in Raum und Zeit hochdynamisches Mosaik aus Wäldern, Gebüschen, Grünländern und Rohbodenstandorten, die Hutelandschaft.

    Hutelandschaften, wie die genannte im Bereich des Sollings, waren in Deutschland und in Europa weit verbreitet, müssen heute jedoch als stark gefährdet angesehen werden.

    Sie sind als Kerngebiete der Landschaftsvielfalt und Schönheit und zugleich als Lebensraum weithin bedrohter Pflanzen- und Tierarten bekannt. Der besondere Wert der Hutelandschaften basiert daher ebenso auf Kriterien des Naturschutzes - des Lebensraum- und Artenschutzes - wie auf einer jahrhundertelangen Kulturgeschichte.

    Exmoorponies und rückgezüchtete Auerochsen - sogenannte Heckrinder - werden zur Pflege und Entwicklung eines ehemaligen Hutewaldes und angrenzender Flächen eingesetzt. Beide Tierrassen zeichnen sich durch besondere Robustheit gegenüber Klima und Nahrung aus und haben wildtierähnliche Eigenschaften. Sie stehen stellvertretend für ursprünglich in Europa heimische Weidetiere. Der Tierbestand soll sich langsam selbst aufbauen, so daß eine kooperative Entwicklung der Weidetiere und der von ihnen genutzten und mitgestalteten Standorte, der Vegetation und der Fauna erreicht wird.

    Dieses Projekt zeichnet sich v.a. durch eine behutsame Vorgehensweise aus. In dieser Hinsicht unterscheidet es sich grundsätzlich von der ursprünglichen Hutewirtschaft - diese belastete die Landschaft alljährlich mit einem einige Wochen oder Monate dauernden Masseneinstand von Vieh, was teilweise mit heftiger Degradation der Landschaft verbunden war. Dessen ungeachtet zeigt dieses Vorhaben, daß auch kulturgeschichtlich mitbegründete Artenvielfalt stets mit jenen Mitteln zu pflegen und zu entwickeln ist, die in der jeweiligen Zeit verankert sind. Dabei gibt es allerdings kein Zurück zur europäischen Artenvielfalt durch ein Zurück zu alten Methoden sondern nur durch ein Vorwärts mit neuen Ansätzen.

    Das Vorhaben wurde in jahrelanger Vorarbeit gemeinsam von der Hochschulgruppe der Universität Paderborn, Fachhochschulabteilung Höxter und dem von den Kreisen Northeim und Holzminden getragenen Naturpark Solling-Vogler vorbereitet. Dies erfolgte in enger Abstimmung mit allen zuständigen Stellen, hier insbesondere der Forstwirtschaft und dem Naturschutz bei der Bezirksregierung in Braunschweig und der Kreisverwaltung Northeim.

    Das Projekt wird auf der Grundlage einer einjährigen Vorstudie vom Bundesamt für Naturschutz (BfN, Bonn) mit erheblichen Finanzmitteln und in enger fachlicher Kooperation gefördert und maßgeblich von den niedersächsischen Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt unterstützt. Beträchtliche Eigenleistungen trägt die regionale und lokale Forstwirtschaft sowie die von Naturpark und Universität gebildete Projektgruppe bei.

    Für die Bevölkerung wie auch für Solling-Touristen bietet sich in den kommenden Jahren eine besondere Chance: Es gilt, den Werdegang eines Vorhabens zu verfolgen. Zu dessen Zielen zählt es unter anderem, Entwicklungslinien für eine künftige wirtschaftliche Nutzung von Wald- und Grünland in Mittelgebirgsregionen aufzuzeigen. Zu finden ist eine Palette von Nutzungsformen, die auch im Kontext der Europäischen Union land- und forstwirtschaftlich geprägte "Erholungslandschaften" ihre durch Natur und Nutzung bedingte Vielfalt erhält und weiter zu entwickeln gestattet. In diesem Zusammenhang dürfte sich die Region nun einer zunehmenden bundesweiten Betrachtung erfreuen.

    Von der Projektgruppe wird ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Öffentlichkeitsarbeit auf den Weg gebracht. Es dient dazu, Bevölkerung und Touristen sachgerecht und anregend mit dem Vorhaben vertraut zu machen und wichtige Ergebnisse zu vermitteln.

    Uralte Bäume und urtümlich anmutende Tiere sind von jeher Anziehungspunkte, die zum Beobachten einladen. Unter anderem bieten sich hierbei auch zahlreiche Möglichkeiten für Bildungsträger aller Ebenen, vom Kindergarten über Schulen und Universitäten zu privaten Einrichtungen. Zum Angebot gehören fachkundig geführte Wanderungen und Vorträge sowie der

    Aufbau eines ansprechenden Wege- und Informationsnetzes mit Schau-Tafeln und Modellen. Auch Kutschfahrten durch das Untersuchungsgebiet sind geplant.

    Das Wegenetz durch und um das Untersuchungsgebiet wird derzeit neu gestaltet, damit den Solling-Besuchern die Schönheit der Landschaft vermittelt werden kann. Unter anderem wird der bestehende, noch recht bescheidene Hutewald-Lehrpfad beträchtlich erweitert und neu gestaltet werden. Zwei Beobachtungstürme vermitteln den besonderen Blick ins Innere des Gebiets.

    Von der Wissenschaft wird das Vorhaben mit großem Interesse und ebenso breiter Akzeptanz begleitet. Seit Jahren werden Gedanken und Erfahrungen verschiedener Fachgruppen aus dem In- und Ausland auf Internationalen Tagungen - zumeist im nahen Luftkurort Neuhaus - abgehalten. So wird im kommenden Januar erneut das internationale Interesse nach Amelith/Bodenfelde ins Reiherbachtal gelenkt werden, wenn gut dreihundert Wissenschaftler und Praktiker aus Naturschutz und Landschaftspflege und den Fachwissenschaften dieses und vergleichbare Projekte erörtern. Im internationalen und nationalen Vergleich zeichnet sich das Vorhaben im Reiherbachtal jedoch durch eine Besonderheit aus: den hohen Waldanteil im Projektgebiet. Es kann somit als ein Modellvorhaben von überregionaler Bedeutung für den Naturschutz angesprochen werden.

    Kontakt-Adressen:

    Projektleitung:
    Prof. Dr. Bernd Gerken
    Universität Paderborn, Fachhochschulabteilung Höxter, Lehrgebiet Tierökologie
    Weitere Ansprechpartner: Holger Sonnenburg, sonnenb@moellinger.hx.uni-paderborn.de
    Susanne Beug, beug@moellinger.hx.uni-paderborn.de
    Tel.: 05271/687-238
    An der Wilhelmshöhe 44
    D - 37671 Höxter
    Tel.: 05271/687-236 (Fax: -235)
    gerken@moellinger.hx.uni-paderborn.de

    Kooperationspartner:
    Forstoberinspektor Peter Martensen
    Geschäftsführer im Naturpark Solling-Vogler
    Lindenstraße 6
    D - 37603 Holzminden / Neuhaus i. S.
    Tel.: 05536/1313 (Fax: -/999799)

    Förderer:
    Bundesamt für Naturschutz
    Konstantinstr. 110
    D-53177 Bonn Bad-Godesberg
    Tel.: 0228/8491-0 (Fax: -200)
    Pbox-Presse@BfN.DE


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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