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12.09.2000 11:00

Vergleich von Knochenmarks- und Blutstammzelltransplantation: Auf lange Frist zur Blutbildung fähig?

Gertraud Pickel Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Für frisches Blut zu sorgen ist die Aufgabe der Stammzellen, die verschiedene Arten von Blutzellen hervorbringen können und im Knochenmark wie im Blut aufzufinden sind. Versagen die Stammzellen eines Menschen, so können sie von "Stellvertretern" aus einem anderen menschlichen Organismus ersetzt werden. Seit April 2000 fördert die Deutsche Krebshilfe an der Universität Erlangen-Nürnberg ein Forschungsprojekt an der Medizinischen Klinik III (Direktor Prof. Dr. Dr. h.c. J.R. Kalden), das sich damit befaßt, ob und wie die Hämatopoiese - die Blutbildung - nach einer solchen Stammzelltransplantation langfristig aufrechterhalten bleibt. Von besonderem Interesse ist, ob Stammzellen aus dem Knochenmarkt und solche, die dem Blut entnommen wurden, ihre Funktionen am neuen Ort gleichermaßen erfüllen.

    Transplantationen von Stammzellen des blutbildenden Systems, die von Verwandten des Patienten oder Fremden gespendet wurden, werden seit einigen Jahren erheblich zahlreicher, vor allem, weil diese Therapie zunehmend erfolgreich verläuft und auf ein breiteres Spektrum von Krankheiten anwendbar ist. Sie kann Heilung bringen, wenn Blutzellen krankhaft entarten - etwa bei akuten und chronischen Leukämien - oder wenn es zu Fehlfunktionen der Blutbildung kommt, beispielsweise zu Immundefekten oder aplastischer Anämie.

    Zu Beginn der Behandlung steht eine hochdosierte Radio- und/oder Chemotherapie, die Reste von Tumorzellen abtötet und zugleich das Immunsystem des Empfängers unterdrückt, damit die allogenen Stammzellen dauerhaft anwachsen und ihre Funktion aufnehmen können. Der Begriff "allogen" weist darauf hin, daß Spender und Empfänger genetisch nicht identisch sind, doch derselben Species angehören. Die Stammzellspender müssen mit dem Empfänger in bestimmten Gewebemerkmalen (HLA-Antigenen) übereinstimmen; so sind zunehmend Spender außerhalb des Familienkreises ausfindig zu machen.

    Bis in die 90er Jahre wurde ausschließlich Knochenmark als Stammzellquelle verwendet. Die Entwicklung von Wachstumsfaktoren für die Blutbildung ermöglichte es jedoch, Stammzellen direkt aus dem Blut zu gewinnen. Seit dieser Zeit ist die Zahl der Transplantationen von Blutstammzellen deutlich gestiegen.

    Ob transplantierte Stammzellen aus dem Blut die Blutbildung ebenso wieder in Gang setzen und halten können wie Knochenmarkszellen, ist mehrfach untersucht worden. 1998 konnte eine Studie, an der mehrere europäische Transplantationszentren teilnahmen, bei einem direkten Vergleich feststellen, daß kurzfristig keine wesentlichen Unterschiede bestehen. Um die dauerhafte Regeneration der Hämatopoiese einschließlich des Anwachsens der Immunzellen zu beurteilen, reichen die vorliegenden Daten aber nicht aus, so daß es zur Zeit nicht gerechtfertigt ist, einem der beiden Transplantate, Knochenmark oder Blutstammzellen, den Vorzug zu geben.

    Für den Spender ist die Gewinnung von Blutstammzellen weniger aufwendig, da die Vollnarkose entfällt, die bei einer Knochenmarkentnahme notwendig ist. Allerdings werden bei der Blutstammzelltransplantation wesentlich mehr Zellen übertragen, die für die spätere Immunreaktion des Transplantates gegen den Empfänger (Graft-versus-Host-Reaktion) verantwortlich sind. Ob dies tatsächlich häufiger zu solchen "Abstoßungsreaktionen" führt, wird gegenwärtig diskutiert.

    Ziel des Forschungsvorhabens an der Medizinischen Klinik III ist ein langfristiger Vergleich. Bisher ist nicht vollkommen klar, ob in den Wachstumsfaktor-stimulierten Zellpräparaten aus dem Blut ebenso wie im Knochenmark Stammzellen enthalten sind, die alle Typen von Blutzellen erzeugen und den Bestand langfristig sichern. Besonders soll auf die Immunzellen geachtet werden, da deren Regeneration solche multipotenten Stammzellen erfordert. Werden von Anfang an oder im späteren Verlauf keine neuen Immunzellen gebildet, so besteht für den transplantierten Patienten ein hohes Infektionsrisiko.

    Im Projekt werden Immunzellen, die nach der Transplantation im Blut und im Knochenmark nachweisbar sind, isoliert und auf ihre Abstammung vom Spender oder Empfänger untersucht. Hierfür werden molekularbiologische Analysen benutzt, die auch in der Gerichtsmedizin gebräuchlich sind. Diese sogenannten Chimärismusanalysen geschehen mit Hilfe der Vervielfältigung von repetitiven DNA-Sequenzen, den sogenannten Mikrosatelliten.

    Untersucht werden Patienten, die in der Abteilung Hämatologie/Onkologie der Medizinischen Klinik III (Leiter: Prof. Dr. Martin Gramatzki) transplantiert wurden. Hier bestehen umfassende Erfahrungen sowohl mit der Entnahme von Knochenmark als auch mit der Gewinnung von peripheren Blutstammzellen. Allein in den Jahren 1997 bis 1999 wurden 12 Transplantationen mit Stammzellen aus dem Knochenmark und 27 mit Blutstammzellen durchgeführt.

    Als Kooperationspartner konnten die Abteilung für Knochenmarktransplantation des Klinikums Nürnberg (Privatdozent Dr. H. Wandt) und die Abteilung für Hämatologie/Internistische Onkologie des Universitätsklinikums Regensburg, (Prof. Dr. R. Andreesen) gewonnen werden.

    * Kontakt:
    Dr. Julia Winkler, PD Dr. Thomas Winkler, Prof. Dr. Martin Gramatzki
    Medizinische Klinik III, Krankenhausstraße 12, 91054 Erlangen
    Tel.: 09131/85- 33447, Fax: 09131/85 -35946
    E-Mail:julia.winkler@med3.imed.uni-erlangen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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