idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
17.10.2000 13:44

Universität Paderborn: Deutsche Literatur der Gegenwart und 18. Poetik-Gastdozentur

Tibor Werner Szolnoki Stabsstelle Presse, Kommunikation und Marketing
Universität Paderborn

    Universität Paderborn: Deutsche Literatur der Gegenwart und Poetik-Gastdozentur mit Arnold Stadler, Eckhard Henscheid, Michael Schneider, Angela Krauß, Hans-Ulrich Treichel, Maxim Biller, Karen Duve, Michael Kumpfmüller

    Das Veranstaltungsprogramm im Wintersemester 2000/01

    Kontakt für Journalisten: Dr. Fritz Wahrenburg, Tel. 05251-60-2872, Fax: -60-3234, cwahr1@hrz.uni-paderborn.de

    Im Wintersemester 2000/01 bietet der Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften der Universität Paderborn wieder eine Reihe von Lesungen und Vorträgen an, zu denen die Studierenden und an Literatur Interessierten aus Hochschule, Stadt, Land und Region herzlich eingeladen sind. Die Veranstaltungen beginnen in der zweiten Semesterwoche am 23.10.2000 und finden jeweils montags, 16.15-18 Uhr, im Hörsaal C 2 der Universität, Warburger Str. 100, statt. Der Eintritt ist frei.

    In diesem Semester wird die inzwischen 18. Paderborner Gastdozentur für Schriftstellerinnen und Schriftsteller nicht, wie bisher, Mitte Dezember/Anfang Januar beginnen, sondern - aus Termingründen - schon vor Weihnachten stattfinden. Es ist den Veranstaltern gelungen, Arnold Stadler, den Büchner-Preisträger des Jahres 1999, für diese Aufgabe zu gewinnen. Seine Dozentur, die am 20. November mit einer Lesung (vermutlich aus dem Roman Ein hinreissender Schrotthändler, 1999) beginnt, steht unter dem Rahmenthema: "Was ich auf die Insel mitnähme". Die einzelnen Themen und Termine seiner Vorträge und der Text, den er zum Abschluss am 11. Dezember liest, werden gesondert bekanntgegeben. Ein für alle Interessierten offener Workshop mit Arnold Stadler findet jeweils im Anschluss an die Plenarveranstaltungen statt.

    Die Gastdozentur wird in diesem Winter eingerahmt durch Lesungen von zwei Autorinnen und fünf Autoren, die drei Generationen der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur zuzurechnen sind: Der 1941 in Amberg geborene Eckhard Henscheid, dessen politisch-kritische Position und Schreibweise ("Neue Frankfurter Schule") einer breiten Leserschaft bereits in den siebziger Jahren bekannt wurde - v.a. durch seine Beiträge in den Satirezeitschriften Pardon und Titanic sowie durch seine Romanfolge Trilogie des laufenden Schwachsinns (1973-78) -, wird am 23. Oktober die Reihe mit einem Potpourri aus seinen nicht nur satirisch-polemischen Schriften eröffnen. Einen solchen Querschnitt aus seinem umfangreichen Oeuvre nannte Henscheid in seiner Heidelberger Poetik-Dozentur, im Juni dieses Jahres, Von Goethe bis Kohl. Mit der Ankündigung, in Paderborn Dummdeutsches, Obszönes und anderes zu lesen, verspricht der in allen literarischen Genres, Medien und Kunstformen operierende Satiriker und Poet seinen Hörern gleich zu Beginn der Veranstaltungsreihe ein köstliches Feuerwerk an Witz, Sarkasmus und Komik.

    Mit dem 1943 in Königsberg geborenen Michael Schneider wird am 13. November ein weiterer Autor - nebenbei betätigt er sich auch als Zauberkünstler - lesen, dessen Wirken als Publizist und Essayist, Wissenschaftler, Dramatiker und Erzähler durch die Studentenbewegung der sechziger Jahre geprägt wurde. Als kritischer, durch seine Beschäftigung mit Marx und Freud wissenschaftlich geschulter, Beobachter gleichermaßen der dogmatischen und melancholischen Linken wie der restaurativen Tendenzen in Wirtschaft und Gesellschaft der Bundesrepublik, hat Schneider in Beiträgen u.a. für Zeitschriften wie konkret und Kursbuch, dann auch in zeitkritischen Dramen Stellung bezogen. In seinen Novellenbänden (Das Spiegelkabinett, 1980; Die Traumfalle, 1987) führte er die politisch-künstlerische Kontroverse u.a. im Dialog mit seinem älteren Bruder, Peter Schneider, weiter. Der Autor wird aus einem noch unveröffentlichten Jakobiner-Roman mit dem Titel Der Traum der Vernunft vortragen.

    Angela Krauß, die 1950 in Chemnitz geborene Paderborner Gastdozentin des letzten Jahres, wird ihre aus Krankheitsgründen verschobene Abschlußlesung - aus dem Band Milliarden neuer Sterne (1999), über ihre USA-Eindrücke - am 30. Oktober nachholen. Wie Hans-Ulrich Treichel (1952 im westfälischen Versmold) und Arnold Stadler (1954 in der südbadischen 'Heideggerstadt' Meßkirch) in die deutsche Zweistaatlichkeit hineingeboren, sind für diese Gruppe Schreibender ein autobiographischer Rückbezug, als kritisch-elegischer Umgang mit 'Heimat' und die reflexhafte Flucht in 'Weltfahrten', eine auffällige Gemeinsamkeit.

    Wie für Angela Krauß eindringlich in der Erzählung Der Dienst (1990), so sind es auch für den Berliner Literaturwissenschaftler Hans-Ulrich Treichel, der u.a. mit Marcel Reich-Ranicki die Werke Koeppens herausgab, das Leipziger Deutsche Literaturinstitut leitet und zuletzt die Frankfurter Poetik-Gastdozentur übernommen hatte, frühe Erinnerungen, Schocks und Kindheitslandschaften, die in seinen Lyrikbänden (u.a. Seit Tagen kein Wunder, 1990) und Prosaarbeiten (Von Leib und Seele, 1992; der Roman Der Verlorene, 1998) eine zentrale Rolle spielen. Treichel liest zum Abschluß der Veranstaltungsreihe, am 29. Januar 2001, aus seinem letzten Buch: Tristanakkord.

    Auch Arnold Stadlers fünfter Roman, Ein hinreissender Schrotthändler, aus dem er in der Eröffnungslesung am 20. November vorträgt, bewahrt, obwohl als Ehe- und Dreiecksgeschichte angelegt, jene Grundierung aus schwäbisch-alemannischem Milieu und Fernweh, die seine autobiographische Romantrilogie (Ich war einmal, 1989; Feuerland, 1992; Mein Hund, meine Sau, mein Leben, 1994) auszeichnete. "Konkrete Fiktionen" nannte Martin Walser diese im eigentümlichen 'Stadler-Ton' geschriebenen, zugleich komischen und todernsten Bücher eines genialen 'Sprachmenschen' und abgründigen Gegenwartskritikers.

    Die jüngste Literaturgeneration ist in dieser Veranstaltungsreihe durch eine Autorin und zwei Autoren 'um die vierzig' vertreten. Der 1960 in Prag geborene Maxim Biller vertritt in ihr nicht nur die junge jüdische Literatur in Deutschland nach der Wende, sondern zugleich eine eigene Sicht des deutsch-jüdischen Verhältnisses nach dem Holocaust. Seine provokanten Thesen veröffentlichte er seit Mitte der achtziger Jahre, als Kolumnist, in der Zeitschrift Tempo (gesammelt als Die Tempojahre, 1991) und in der ZEIT. Neue Formen der Streitkultur führte Biller auch in die aktuelle Literaturdiskussion ein und sie bestimmen den Beginn seiner eigenen literarischen Arbeiten: Die Erzählungen-Bände Wenn ich einmal reich und tot bin (1990), Land der Väter und Verräter (1994) und Harlem Holocaust (1998). Maxim Biller liest am 6. November aus seinem gerade erschienenen Roman Die Tochter.

    Auf andere Weise provokant schreibt die 1961 in Hamburg geborene Karen Duve, deren erster Roman, der Regenroman (1999) - aus dem sie am 22. Januar lesen wird -, deutschlandweit Aufsehen erregte. Die Härte und Schonungslosigkeit, mit der die Erzählerin ihre Figuren, deren Handlungen und sogar sich selbst in groteske, oft brutale Situationen treibt, in veristischer Sprache erledigt und in einer allgegenwärtigen Sintflut zugrunderichtet, frappiert traditionelle Lesererwartungen. Der von Karen Duve gewählte Weg einer Ästhetik des Häßlichen zeigt eine neue Schreibweise und Tendenz der jüngeren deutschsprachigen Literatur-Generation.

    Der gleichaltrige, 1961 in München geborene Michael Kumpfmüller hat sich als Berliner Literaturwissenschaftler mit dem deutschen Stalingrad-Mythos beschäftigt. Mit seinem Romandebüt, Hampels Fluchten (2000), ist ihm ein bemerkenswerter Durchbruch in die etablierte Literaturszene gelungen: durch den Vorabdruck des Romans in der FAZ und seine Besprechung im "Literarischen Quartett". Er liest daraus am 15. Januar. Die traditionelle Definition des Romans als 'Liebesgeschichte' wird im Schicksal eines "erotischen und politischen Hasardeurs", im Wechselverhalten eines Bettenverkäufers in Ost und West, hier tragikomisch auf der präzis gestalteten Folie deutsch-deutscher Nachkriegsgeschichte abgebildet.

    Die Termine im Überblick: 23.10.2000: Eckhard Henscheid - 30.10.: Angela Krauß - 6.11.: Maxim Biller - 13.11.: Michael Schneider - 20.11.-11.12.: Arnold Stadler - 15.1.2001: Michael Kumpfmüller - 22.1.: Karen Duve - 29.1.: Hans-Ulrich Treichel.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).