Die Installation des so genannten Marx-Reliefs auf dem Campus Jahnallee soll bis Ende September abgeschlossen sein. Ergänzt wird die Plastik, wie von Rektor Prof. Dr. Franz Häuser, Sachsens Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange und Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung vereinbart, um eine Informations- und Bildtafel. Diese wird derzeit hergestellt und in den kommenden Wochen angebracht.
Die Schautafel soll den Betrachtern helfen, das "Marx-Relief" in den geschichtlichen Kontext einzuordnen. "Das Marx-Relief ist ein zeitgeschichtliches Zeugnis, mit dem man sich aktiv auseinandersetzen muss", erklärte Prof. Häuser. Die Universität wolle mit der Wiederaufstellung zeigen, dass sie sich dieser notwendigen Aufgabe stelle. Von 1953 bis 1991 trug die Universität den Namen Karl Marx'. Die Montage des rund 33 Tonnen schweren Bronzereliefs beginnt in diesen Tagen, es folgen abschließende Arbeiten wie das Verschweißen und Nachpatinieren der Nähte, der Überzug des Reliefs mit einem Korrosions-Schutz und die Herrichtung der Außenanlagen.
Nach intensiver Beratung verständigte sich eine Arbeitsgruppe, zu der Rektor Prof. Dr. Franz Häuser, Prof. Dr. Frank Zöllner (Institut für Kunstgeschichte), Prof. Dr. Rüdiger Lux (Theologische Fakultät), Kustos PD Dr. Rudolf Hiller von Gaertringen, Prof. Dr. Rainer Eckert (Zeitgeschichtliches Forum), Dr. Volker Rodekamp (Stadtgeschichtliches Museum) und Christian Führer (vormals Pfarrer der Nikolaikirche) gehörten, auf folgenden Text:
"Am 30. Mai 1968 ließ die Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) die Universitätskirche St. Pauli sprengen, nachdem sie entsprechende Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Leipzig und universitärer Gremien veranlasst hatte. Damit war der letzte, noch aus dem Mittelalter stammende und vollkommen intakte Traditionsbau der Universität Leipzig vernichtet worden. Wenig später fiel das kriegsbeschädigte Augusteum, das Hauptgebäude der Universität, derselben Vernichtungsaktion der sozialistischen Diktatur zum Opfer. Mit beiden Gewalttaten schuf das SED-Regime trotz mutiger Proteste Platz für einen neuen Universitätscampus nach marxistisch-leninistischen Vorstellungen.
Für die zwischen 1972 und 1975 fertiggestellten Neubauten der 1953 in Karl Marx-Universität umbenannten Hochschule sah ein 1970 ausgelobter Wettbewerb einen programmatischen Bauschmuck vor. Als Resultat dieses Wettbewerbs wurde 1974 das 14,40 x 6 x 3 Meter messende Bronzerelief "Karl Marx und das revolutionäre, weltverändernde Wesen seiner Lehre" von den Künstlern Rolf Kurth, Klaus Schwabe und Frank Ruddigkeit vollendet und über dem Haupteingang des an der Stelle der gesprengten Kirche errichteten neuen Rektoratsgebäudes der Universität installiert. Das Relief, eines der monumentalsten Beispiele politischer Auftrags- und Propagandakunst der DDR, thematisiert die vorwärtsstrebenden, um den Kopf ihres Vordenkers gescharten gesellschaftlichen Kräfte in Vergangenheit und Gegenwart.
In der Folge der in Leipzig entschiedenen Friedlichen Revolution, deren Demonstrationen im Herbst 1989 auch den Augustusplatz passierten, hat sich die Universität sowohl von der sozialistischen Staatsdoktrin als auch von dem Namen Karl Marx gelöst. Auch die nach der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahre 1990 konzipierte Erneuerung der universitären Bauten ist Ausdruck dieser Veränderung. Die durch die wachsende Zahl der Studierenden notwendige Neugestaltung der Universitätsbauten am Augustusplatz mündete schließlich in die Demontage des sogenannten "Marx Reliefs" im Jahre 2006 und den Abriss des Rektoratsgebäudes im Frühjahr 2007. Als Ergebnis zweier Architekturwettbewerbe und öffentlicher Debatten entstand in den Jahren bis 2009, zum 600-jährigen Jubiläum der Universität, nach den Entwürfen des niederländischen Architekten Erick van Egeraat ein Neubau, der mit seiner Kubatur und seinen historisierenden Elementen die Erinnerung an die 1968 gesprengte Universitätskirche und das Augusteum wach hält.
Das Bronzerelief fand im Sommer 2008 als historisches Zeugnis eine Neuaufstellung am heutigen Standort. Sie dokumentiert durch ihre räumliche Distanz zum ursprünglichen Kontext Verantwortung und Abstand zugleich: Verantwortung für und Abstand zu jenem Teil der deutschen Geschichte, der mit dem SED-Regime und dem Namen der Karl Marx Universität verbunden ist."
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Weitere Informationen:
Rektor
Prof. Dr. Franz Häuser
Telefon: 0341 97-30000
E-Mail: rektor@uni-leipzig.de
www.uni-leipzig.de/rektorat/rektor.html
http://www.uni-leipzig.de/dezernat5/bildfolge.htm - Bildfolge der Schautafel mit verschiedenen Ansichten zum Download
Diese Bildfolge wird die erläuternden Hinweise zur historischen Einordnung des Marx-Reliefs illustri ...
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