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21.11.2000 00:00

Extremophile Rotalgen sind wählerisch wie Gourmets, aber im Notfall mit allem zufrieden

Anke Ziemer Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Freie Universität Berlin

    Pflanzen ernähren sich durch Photosynthese - auch die kleinsten von ihnen, die Mikroalgen. Aber was tun, wenn das Licht fehlt, um aus Luft und Wasser die lebensnotwendigen Zucker zu synthetisieren? Die einzellige Rotalge Galdieria sulphuraria weiß sich zu helfen - sie kann auch ohne Photosynthese überleben. Biologen bringen nun Licht ins Dunkel ihrer Ernährungsgewohnheiten.

    Ob im Yellowstone National Park oder auf Island - Hauptsache heiß, schwefelig und ziemlich sauer. In den Schwefelquellen und Vulkangesteinen dieser Welt ist Galdieria sulphuraria zuhause und fühlt sich bei pH-Werten von 0.05 bis 3.0 pudelwohl. Die kleine grünliche Rotalge liebt das Extreme in jeder Beziehung: sie lebt auf bzw. im Gestein (endolithisch) - bis zu drei Zentimeter tief unter der Oberfläche. Photosynthese wird schwierig, wenn das Licht dazu fehlt. Aber für Galdieria ist das kein Problem: sie kann im Stein überleben, indem sie ihren Stoffwechsel von der Zuckersynthese auf den Abbau von Zuckern und anderen organischen Materialien umstellt - die so genannte heterotrophe Ernährung. Dazu sind in der Zelle viele Veränderungen nötig.

    Wie der Erkennungsprozess für Zucker - das so genannte "Sugar sensing" - abläuft, beschäftigt die Forscher schon seit langem. Wie nimmt die Zelle Zucker überhaupt wahr? Woran erkennt eine Pflanze, dass sie sich heterotroph ernähren muss und wie funktioniert die Umstellung des Stoffwechselapparates? Das erstaunliche an Galdieria ist, dass sie im Gegensatz zu den meisten Organismen in der Lage ist, neben Glucose viele andere Zucker wie Di- und Trisaccharide, Pentosen, Desoxyzucker, Polyole und sogar Aminosäuren zu verwerten.

    Die Biologen Dr. Christine Oesterhelt und Dr. Wolfgang Gross untersuchten das Aufnahmesystem der Alge und fanden heraus, dass Galdieria mindestens 14 verschiedene spezifische Zuckertransporter - das sind Proteine, mit deren Hilfe die Nährstoffe in die Zelle eingeschleust werden - besitzt. Laborversuche zeigten, dass die Rotalge sich buchstäblich die Rosinen aus dem Kuchen pickt: Zuerst vertilgt sie ihre "Lieblingszucker" - Hexosen wie Glucose oder Mannose. Erst wenn diese verbraucht sind, werden selektiv andere Zuckertransporter angeschaltet. Mehr als 30 verschiede Zucker kann die Alge auf diese Art "schmecken" und unterscheiden.

    Was macht Rotalgen wie Galdieria sulphuraria für die Wissenschaft so interessant? Ziel der Arbeiten ist es, die Wege vom Zuckerreiz bis hin zur Genexpression, also der Proteinsynthese der dazugehörigen Transporter, zu verfolgen. Das ermöglicht Einblicke in die Regulation (und die Manipulation) des Stoffwechsels von Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen und lässt Rückschlüsse auf Stoffwechselprozesse höherer Pflanzen zu. Und nicht zuletzt: auch der Mensch ernährt sich heterotroph.

    Inzwischen sind Gene für Zuckertransporter sequenziert. Das nächste Projekt ist die Entschlüsselung des gesamten Genoms der Rotalge.

    Nähere Informationen erteilt Ihnen gern:
    Dr. Christine Oesterhelt, Institut für Biologie, Abt. Pflanzenphysiologie, Königin-Luise-Str. 12-16, 14195 Berlin; Tel.: 030-838 53111, E-Mail: coest@zedat.fu-berlin.de

    Catarina Pietschmann
    (3200 Zeichen)


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     


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