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24.11.2000 13:20

Ehrendoktorwürde für den herausragenden Informatiker Prof.em.PhD. John McCarthy

Heidi Kurth Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Am Freitag, 24.11.2000, verleiht die Technische Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg Prof. Dr. John McCarthy die Würde eines Ehrendoktors. Die Feierstunde findet um 14.00 Uhr in der Aula des Erlanger Schlosses (Schloßplatz 4, 91054 Erlangen) statt.

    John McCarthy ist ohne Zweifel einer der herausragenden Informatiker der letzten dreißig Jahre. Seine Beiträge zur Entwicklung von Programmiersprachen, zur mathematischen Durchdringung der Informatik und zur Künstlichen Intelligenz sind maßgebend gewesen. McCarthy hat als erster die deklarative Art der Programmierung erdacht, eine entsprechende Programmiersprache definiert und in seiner Arbeitsgruppe implementiert.

    McCarthy hat als erster die Verifikation von Programmen vorgeschlagen und konkrete Vorgehensweisen aufgezeigt. Er hat ein Programm zur Mathematisierung der Informatik entwickelt und damit große Wirkung ausgelöst. McCarthy ist der Begründer des Symbolverarbeitungsparadigma in der KI (Intelligenz durch Wissensrepräsentation). Bereits 1958 hat er mit seiner Vision vom Advice-Taker ein System vorgeschlagen, dem man Informationen über zu lösende Aufgaben mitteilt statt ihm eine Anweisungskette einzugeben, wie es vorzugehen habe.

    Zunächst am Massachusetts Institut of Technology (MIT) - später dann in Stanford - hat er extrem einflußreiche Arbeitsgruppen für Künstliche Intelligenz gegründet und ideenreich zu großen Erfolgen geführt. In den 60er Jahren hat er sich hauptsächlich mit Beweis- und Programmüberprüfung, mit Wissensrepräsentation aber auch mit Robotik beschäftigt. In den 70er Jahren waren es die Themen logische Repräsentation des Alltagsverstandes. In den 80er Jahren hat er die weltweite Wissenschaftsgemeinde orientierende Arbeiten zum nichtmonotonen Schließen veröffentlicht. In den 90er Jahren war es wieder der Alltagsverstand, den er mit Vorschlägen zur Formalisierung des Kontextes einer formalen Verarbeitung zuzuführen hoffte. McCarthy verfügt über mehr als 30 hochkarätige Veröffentlichungen. Jede Informatik-Zeitschrift schätzt sich glücklich, einen Artikel von ihm zu veröffentlichen. Jede Konferenz in diesem Bereich würde ihn als eingeladenen Sprecher willkommen heißen. Mit dem Turing-Award hat McCarthy den Nobel-Preis der Informatik erhalten.

    Ausschlaggebend für die Technische Fakutltät, ihm die Ehrendoktorwürde zu verleihen, war McCarthys Engagement für die Realisierung seiner theoretischen Ideen: McCarthy ist ein Informatiker mit Ingenieursherz. Schon in den 50er Jahren interessierte ihn die Invertierung der Turingmaschinen und ihre praktische Anwendung mehr als eine weitere theoretische Variante. Seine funktionsbasierte Programmiersprache hat er sofort implementieren lassen und auf ihre Anwendung für Formelmanipulation gedrungen und dies mit Studenten durchgeführt. Er dürfte einer der ersten gewesen sein, der eine Dialogverarbeitung durch die Computer für wünschenswert erkannte, und für erste Realisierungen sorgte. Er hatte aus den dabei gewonnenen Erfahrungen die Idee des Timesharing entwickelt und für die erste Implementierung derartiger Systeme am MIT, bei BBN und später in Stanford gesorgt. Die Arbeiten zur Robotik in Stanford standen zunächst unter seiner Leitung und beinhalteten in der Anfangszeit mehr mechanisch-ingenieurwissenschaftliche Aktivitäten als solche der Künstlichen Intelligenz. Auch später ging es ihm immer um die Realisierung seiner theoretischen Ideen. Schon in den 50er Jahren reichte er ein Patent für einen Assoziativspeicher ein.

    McCarthy hat sich bei seinen Aktivitäten nicht in den Elfenbeinturm der Wissenschaft versteckt. 1992 Jahren gründete er eine Firma (Information International, Inc.) zur Vermarktung der ersten Ergebnisse und war bis 1995 im Board of Directors. In zwei weiteren Firmen war er in ähnlicher Weise tätig (Inference Corporation, Mad Intelligent Systems). In den 70er Jahren konzentrierte er sich auf die wissenschaftspolitische Stärkung der Künstlichen Intelligenz. Starkes Interesse hatte er auch an der Unterstützung der Dissidenten in Osteuropa, denen er persönlich illegal Material und Geräte brachte.

    Beziehungen zur Technischen Fakultät
    Die Beziehungen zur Technischen Fakultät erstrecken sich auf die Informatik und insbesondere auf den Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz. McCarthy war mehrfach in Erlangen und hat hier beachtete Vorträge gehalten. Er hat die Forschungsrichtung des Lehrstuhls, aber auch des FORWISS mitbestimmt und wichtige Anregungen dazu gegeben. Bei seinem zweiten Besuch hat er zum Beispiel ein generelles Prüfszenario für wissensbasierte Systeme entwickelt, eine Art Benchmark-Beispiel. Der Lehrstuhlinhaber für Künstliche Intelligenz, Prof. Dr. Herbert Stoyan, hat mit McCarthy ein gemeinsames Projekt zur Programmiersprache LISP realisiert, die entsprechenden Ergebnisse wurden in mehreren Veröffentlichungen bekannt gemacht.

    McCarthy hat Anfang der 80er Jahre, als die Technische Fakultät in Erlangen noch vom Internet abgekoppelt war, großzügig Zugang zu den Computern in Stanford verschafft, so daß die Erlanger Wissenschaftler mit amerikanischen Kollegen elektronisch kommunizieren konnten. Die von ihm definierte Programmiersprache LISP wird seit zehn Jahren in der Grundausbildung eingesetzt. Durch ihre Fokussierung auf die funktionale Beschreibung der Berechnung ist sie von hoher pädagogischer Zweckmäßigkeit.

    Über Professor McCarthy wurden drei Gutachten im In- und Ausland eingeholt. Die Gutachter weisen auf die "vorzügliche Idee" hin, Professor McCarthy diese Auszeichnung zu verleihen. Sie bewerten seine Beiträge in den verschiedenen Disziplinen der Informatik als wegweisend und weisen auf seine aktuellen Forschungsarbeiten hin. "Es würde Seiten füllen, alle seine Arbeiten, bis in die jüngste Zeit, zu würdigen." Sie empfehlen "nachdrücklichst und ohne jede Einschränkung, Herrn Professor John McCarthy die Ehrendoktorwürde dieser Universität zu verleihen. Nicht nur wäre dies die erste deutsche Universität, die ihm diese allemal verdiente Reverenz erweisen würde, sondern es wäre wegen seiner jahrzehntelangen engen Beziehungen mit Prof. Stoyan unter den deutschen Universitäten auch die geeignetste."
    Zur Vita von Prof. McCarthy:

    - geboren am 4.9.1927
    - 1946: Studium der Mathematik am CalTech, 1948 Bachelor
    - 1950-1951: Procter Fellow, Princeton University
    - 1951: PhD in Mathematik an der Princeton University
    - 1951-1953: Higgins Research Instructor in Mathematics, Princeton University
    - 1953-1955: Acting Assistant Professor of Mathematics, Stanford University
    - 1955-1958: Assistant Professor for Mathamatics am Dartmouth College
    - 1958-1961: Assistant Professor of Communication Science, M.I.T.
    - 1961-1962: Associate Professor of Communication Science, M.I.T.
    - 1962: Professor of Computer Science and Electrical Engineering an der Stanford University
    - 1965-1980: Director, Artificial Intelligence Laboratory, Stanford University
    - 1971: Turing Award
    - Senior Fellow (by courtesy), Hoover Institution
    - 1983-1984: gewählter Präsident der AAAI
    - 1985: Research Excellence Award of the International Joint Conference on Artificial Intelligence
    - 1987-1994: Charles M. Pigott Professor of Engineering, Stanford University
    - 1987: Bobby R. Inman Professor of Computer Science, University of Texas
    - 1988: Kyoto Prize of the Inamori Foundation
    - 1990: National Medal of Science
    - member of the American Academy of Arts and Sciences
    - member of the National Academy of Engineering
    - member of the National Academy of Sciences.
    - Ehrendoktor der Linkoping University, des Polytechnic University of Madrid, des Colby College, Trinity College, Dublin und der Concordia University in Montreal, Canada

    * Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Herbert Stoyan, Lehrstuhl für Informatik 8 (Künstliche Intelligenz)
    Am Weichselgarten 9, 91058 Erlangen
    Tel.: 09131/85 -29906, Fax: 09131/85 -29905
    E-Mail: stoyan@informatik.uni-erlangen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Informationstechnik
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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