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08.04.1998 00:00

Integration unwahrscheinlich

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    63/97

    Integration unwahrscheinlich

    Forscher untersucht die Lebensbedingungen in Koelner Fluechtlingsheimen

    Durch die Konzentration von Fluechtlingen in sozialschwachen Stadtteilen und durch schlechte Wohn- und Betreuungsbedingungen vermindert die Stadt Koeln die Integrationschancen vieler Fluechtlinge. Zu diesem Ergebnis kommt Stefan Sandner vom Geographischen Institut der Universitaet zu Koeln in einer Untersuchung ueber Fluechtlinge und Asylsuchende in Koeln.

    Hinsichtlich der Integrationschancen unterscheidet Sandner verschiedene Typen von Heimen. In Koeln ganz klar vorherrschend ist dabei der sogenannte "Wohnheimtyp", der sich haeufig in zentraler Lage und in recht unauffaelligen Gebaeuden befindet - ein Faktor, der sich nicht integrationshemmend auswirkt. Die Wohnbedingungen sind schlecht, da der Alltag der Bewohner durch fehlende Privatheit, Enge, gemeinschaftliche Kuechen- und Sanitaereinrichtungen sowie strenge Hausordnungen gepraegt ist. Ein Grossteil der sozialarbeiterischen Betreuung liegt in den Haenden von nicht ausgebildeten Heimleitern, so dass die Integrationschancen als insgesamt gering bewertet werden.

    Bessere Integrationsmoeglichkeiten haben nach Auffassung Sandners die Bewohner des "Appartmenttyps", da sie in separaten Wohneinheiten ihren Tagesablauf selbstaendig - allerdings auch ohne sozialarbeiterische Betreuung - gestalten koennen. Mit Ausnahme der sehr geringen Wohnflaeche pro Person und dem fehlenden gesetzlichen Schutz der Wohnung kommt diese Art der Unterbringung normalem Wohnen recht nahe, zumal es sich meistens um kleine Heime in ehemaligen Wohngebaeuden oder Hotels in bewohnten Lagen handelt. In Koeln lebt allerdings nur ein recht kleiner Teil in dieser Art von Heimen.

    Der "Betreuungstyp" weist hinsichtlich der Wohnbedingungen aehnliche oder noch gravierendere Maengel auf als der Wohnheimtyp. Da diese Heime aber personell besser ausgestattet sind - in jedem arbeitet eine sozialarbeiterisch ausgebildete Heimleitung - koennen Probleme erkannt und die entsprechenden Schritte unternommen werden. Im Idealfall koennen den Fluechtlingen Zukunftsperspektiven aufgezeigt werden, die ihnen bei der gesellschaftlichen Integration zugute kommen. Die wenigen Fluechtlingsheime mit guten Betreuungsbedingungen werden zumeist nicht vom Wohnungs- oder Sozialamt, sondern von gemeinnuetzigen Organisationen betreut.

    Am schlechtesten sind die Integrationschancen in Heimen des "Marginalisierungstyps", dem mehrere Unterkuenfte in Koeln zuzurechnen sind. Die Heime liegen isoliert von Nachbarschaft oder sind mit einem Stigma belegt. Die Wohnbedingungen sind aufgrund miserabler Grundausstattung, desolatem Erhaltungszustand und teilweise menschenverachtender Organisationsbedingungen katastrophal. Die nicht fachlich ausgebildeten Heimleitungen sind nicht in der Lage oder nicht gewillt, in Kooperation mit dem zustaendigen Fachpersonal die schlechte Betreuungssituation zu verbessern. Eine Marginalisierung der Bewohner in allen Lebensbereichen ist somit vorprogrammiert.

    Hinsichtlich der raeumlichen Verteilung der Fluechtlinge in Koeln weist Sozialgeograph Sandner nach, dass es die hochverdichteten, innerstaedtischen oder innenstadtnahen Altbauquartiere sind, die den Grossteil der Fluechtlinge aufnehmen. So ist knapp die Haelfte der Fluechtlinge in der linksrheinischen Innenstadt, in Ehrenfeld, Nippes und Muehlheim untergebracht, obwohl hier weniger als ein Viertel der Koelner Bevoelkerung lebt. Diese Stadtteile sind gekennzeichnet durch einen grossen sozialen Problemdruck und einen ueberdurchschnitlichen Auslaenderanteil. Dagegen sind in den meisten wohlhabenden Stadtteilen gar keine Fluechtlinge untergebracht.

    Nach Auffassung Sandners ist es jedoch als grundsaetzlich positiv zu beurteilen, dass die Stadt Koeln die Fluechtlinge nicht in wenigen grossen Sammellagern, sondern in ca. 60 ueber die Stadt verteilten Unterkuenften unterbringt. Die ueberwiegende Verteilung auf Stadtteile mit einer unzureichenden infrastrukturellen Ausstattung berge aber den Kern einer falschen Standortpolitik. Ausserdem kritisiert der Sozialgeograph das grosse Qualitaetsgefaelle zwischen den Heimen, das von der Stadt Koeln teilweise sogar als Druckmittel gegen die Fluechtlinge eingesetzt wird, indem bei vermeintlichem Fehlverhalten die Verlegung in schlechtere Heime droht.

    Unter den gegebenen Bedingungen scheint eine Integration fuer die meisten Fluechtlinge eher unwahrscheinlich zu sein. Zu offensichtlich wird nach Auffassung Sandners in Koeln ein Provisorium aufrechterhalten, um zukuenftige Fluechtlinge praeventiv abzuwehren. Dazu gehoere auch das Fehlen eines staedtischen Unterbringungskonzeptes, wodurch interessierten und einflussreichen Gruppen die Moeglichkeit gegeben werde, Fluechtlingsheime in der eigenen Nachbarschaft zu verhindern. Vernuenftiger waere es, von Anfang an dauerhaft zu planen und die notwendigen Ausweitungen der Infrastruktur zu veranlassen. Wuerden diese Planungen mit betreuerischen Garantien versehen, die sowohl rein fluechtlingsorientierte als auch stadtteilintegrierende Sozialarbeit beinhalteten, koennte der gesamte Stadtteil von der Fluechtlingsunterbringung profitieren.

    Verantwortlich: Wolfgang Hardt

    Fuer Rueckfragen steht Ihnen Stefan Sandner unter der Telefonnummer 0221/2402514, Fax-Nummer 0221/4769476 und der Email-Adresse sandner@za.uni-koeln.de zur Verfuegung.

    Fuer die UEbersendung eines Belegexemplares waeren wir Ihnen dankbar.

    Presse- und Informationsstelle der Universitaet zu Koeln, Albertus-Magnus-Platz 1, 50923 Koeln, Tel. 0221 470 2202, Fax 0221 470 5190


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