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19.12.2000 18:08

Amerikaner rettete wichtige Quelle zur Universitätsgeschichte aus dem Müll

Ute Missel Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Per Zufall ist die Universitätsbibliothek seit Mitte Dezember um ein Stammbuch aus dem Jahr 1801 reicher geworden. Das Buch ist eine wichtige Quelle zur Universitätsgeschichte Erlangens.

    Im November 2000 erreichte die Pressestelle der Universität Erlangen-Nürnberg eine E-Mail aus Salem, New Hamshire, USA, von einem Chemiker namens Dr. Daniel Zavisza. Dr. Zavisza hatte dort vor 15 Jahren beim Abriß eines Hauses in einer Schachtel mit alten Büchern und verschiedenem Plunder, der wohl weggeworfen werden sollte, ein Erlanger Stammbuch aus dem Jahre 1801 entdeckt. Dr. Zavisza zog das Buch aus dem
    Abfallhaufen und nahm es an sich. Die Pressestelle informierte das Universitätsarchiv und dieses wandte sich an die Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek.

    Die Bibliothek nahm Kontakt mit Dr. Zavisza auf, der anbot, das Stammbuch der Universität Erlangen-Nürnberg zu schenken. Drei Wochen nach der ersten Kontaktaufnahme kam das Stammbuch Mitte Dezember in Erlangen an. Dieses Stammbuch aus dem Jahre 1801 gehörte dem Erlanger Jurastudenten Gottlieb Friedrich Ferdinand Keim, dem Gründer des Corps Baruthia, der zweitältesten, bis heute bestehenden Studentenverbindung Deutschlands. Nur das Corps Onoldia, gegründet 1798, kann auf eine noch längere Geschichte zurückblicken.

    Keim wurde am 10. März 1783 in Kulmbach, damals Markgrafschaft Ansbach-Bayreuth, als Sohn eines Justizkommissärs geboren. Nach dem Besuch des Lyzeums in Kulmbach immatrikulierte sich Keim im Jahre 1801 als Student der Rechtswissenschaft an der damals preußischen Universität Erlangen. In Erlangen waren zu dieser Zeit nur vier Korporationen zugelassen: die Ansbacher, die Berliner, die Westfalen und die Franken. Keim, zuerst Mitglied bei den Ansbachern, trat wegen Reibereien zwischen Ansbachern und Bayreuthern dort wieder aus und gründete im Jahre 1803, als sich durch die Auflösung der Fränkischen Gesellschaft die Möglichkeit dazu bot, eine eigene bayreuthische Landsmannschaft, das spätere Corps Baruthia.

    Bereits 1803 schloß Keim sein Studium ab und war seit 1806 als Justizkommissar und Regierungsassessor in Bayreuth tätig. Nach dem Übergang Bayreuths an Bayern, lehnte Keim die Übernahme in den Bayerischen Staatsdienst ab und war von da an als niedergelassener Anwalt und Notar tätig. 1848 wurde der bereits 65jährige Keim bei der Wahl zur Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche von Stadt und Umland Bayreuth als Abgeordneter aufgestellt. In Frankfurt spielte er als Mitglied im Ausschuß für Rechtspflege eine nicht unerhebliche Rolle. Nach der Auflösung der Paulskirche war Keim noch bis 1850 als Appellationsgerichtsadvokat und Wechselnotar in Bayreuth tätig, wo er im Jahre 1868 verstarb.

    Das Stammbuch ist außerordentlich gut erhalten. Es enthält neben 275 Seiten mit Einträgen auch acht kolorierte Radierungen bzw. Farbzeichnungen, darunter eine Erlangen-Ansicht. Das Stammbuch wurde sehr sorgfältig geführt - es hat sogar ein Namensregister - und ist fast bis auf das letzte Blatt beschrieben. Einträge aus den Jahren 1801 bis 1803 finden sich aus Kulmbach, zum Beispiel von Professor Fikenscher, sonst aus Erlangen. Die Eintragenden waren fast alle Studenten, z. T. aus Polen, Graubünden, Westfalen usw. Vermutlich repräsentierten sie den größten Teil der damals in Erlangen Studierenden. Viele verwendeten die Zirkel ihrer Studentenverbindungen. Häufig sind stichpunktartig Erinnerungen an gemeinsame Fahrten, Bekanntschaften etc. aufgeführt. Keim scheint viele Bekanntschaften bis ins hohe Alter gepflegt zu haben, denn er trug Sterbekreuze ein, wenn der Betroffene verstorben war.

    * Weitere Informationen:
    Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, Dr. Christina Hofmann-Randall
    Universitätsstraße 4, 91054 Erlangen
    Tel.: 09131/85 -22158
    Christina.Hofmann@bib.uni-erlangen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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