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29.01.1998 00:00

Kindesmissbrauch in intakten Familien weniger wahrscheinlich

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    17/98 Kindesmissbrauch in intakten Familien weniger wahrscheinlich Je juenger die Opfer, desto haeufiger der Missbrauch

    In Familien, in denen die Kinder nicht bei beiden leiblichen Eltern leben, kommt es haeufiger zum Kindesmissbrauch. Maedchen sind mehr als doppelt so stark gefaehrdet wie Jungen. Auch das Miteinander mit Adoptiv- oder Halbbruedern steigert das Missbrauchsrisiko fuer Maedchen. Dies ist Ergebnis einer Studie von Dr. Katharina-Susann Mueller, die sie an der Klinik und Poliklinik fuer Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universitaet zu Koeln angefertigt hat. Bei der Befragung stellte sich heraus, dass ca. 80 Prozent der betroffenen Maedchen und nur 40 Prozent der Jungen ihre Erlebnisse den Eltern oder anderen mitteilten. Zudem kam es nur in jedem fuenften mitgeteilten Fall zu einer Meldung bei offiziellen Stellen wie Polizei oder Jugendamt. Nur in zwei von 138 Faellen hatte der Missbrauch des Kindes auch Konsequenzen fuer den Taeter.

    Fuer die Studie wurden etwa eintausend 18- bis 20-jaehrige Maenner und Frauen an verschiedenen Koelner Fakultaeten und Berufsschulen befragt. Unter den Begriff des Missbrauchs fasste die Psychologin Faelle, bei denen die Altersdifferenz zwischen den Beteiligten mindestens fuenf Jahre ausmachte und das Opfer nicht aelter als 14 Jahre alt war. Weitere notwendige Kriterien waren, dass psychischer Druck oder koerperliche Gewalt angewandt wurden und dass aufgrund des Vorfalls psychische Stoerungen auftraten. Der Fragenkatalog erfasste detaillierte Fragen zur eigenen Person, Fragen zur Familie und deren sozialer und wirtschaftlicher Lage. Des weiteren war die Ausbildungs- und Berufssituation der Eltern Gegenstand der Fragen und die Gewohnheiten des koerperlichen Umgangs innerhalb der Familie.

    Mehr als 20 Prozent der befragten Frauen wurden vor ihrem 14. Lebensjahr sexuell missbraucht. Bei den Maennern waren es knapp ueber acht Prozent. Jedes zweite weibliche Opfer musste koerperlichen Missbrauch ueber sich ergehen lassen, die anderen mussten verbale Belaestigungen, exhibitionistische Darstellungen oder pornographische Filme ertragen. Bei zwei Drittel der weiblichen Opfer kam es zu koerperlicher Gewaltausuebung oder psychischem Druck. Dies gilt jedoch nur fuer ein Viertel der maennlichen Opfer. Sowohl physischer als auch psychischer Druck hinterlaesst bei den Opfern bleibende Stoerungen. Fuer Maedchen wie fuer Jungen gilt gleichermassen, dass mit zunehmender Naehe zum Taeter auch der Missbrauch schwerwiegender wird. Waehrend Maedchen fast ausschliesslich von maennlichen Taetern benutzt werden, werden Jungen immerhin noch zu einem Drittel von Frauen missbraucht.

    Opfer sexuellen Missbrauchs werden Kinder vor allem im Alter von 10 Jahren. Sind die Opfer juenger als 10 Jahre, so besteht haeufiger die Gefahr, dass sie von Familienmitgliedern als von Aussenstehenden missbraucht werden. Zudem findet dann auch oft ein wiederholter Missbrauch statt. Dieser tritt dabei ebenso haeufig auf wie einmalige UEbergriffe.

    Grosser Unterschiede fand die Koelner AErztin bei der Bereitschaft, sich nach der Tat mitzuteilen. Waehrend vier von fuenf missbrauchten Maedchen das Erlebte ihren Eltern oder Freunden und Bekannten mitteilten, berichteten nur halb so viele Jungen ueber den erfolgten Missbrauch. Dabei spielt vor allem falsch verstandene Maennlichkeit und ein staerkeres Schamgefuehl eine Rolle, aber auch die fehlende Existenz eines geeigneten Ansprechpartners. In Ermangelung eines vertrauenswuerdigen Ansprechpartners verschweigen viele Frauen das traumatische Erlebnis, aber auch aus Angst vor Schuldzuweisungen und eigener Scham. Zudem berichtet nur ein geringer Teil der Opfer direkt von ihrer Erfahrung. Oft wird damit ein halbes oder gar ein ganzes Jahr gewartet. Offizielle Meldungen oder Konsequenzen fuer den Taeter erfolgen in diesen Faellen zumeist nicht mehr.

    Im Hinblick auf das soziale Umfeld der Familie lassen sich keine grossen Unterschiede in der Haeufigkeit der Vorfaelle erkennen. Die Wahrscheinlichkeit des Missbrauchs scheint nicht mit der Schulbildung der Eltern oder deren Berufsausuebung zusammenzuhaengen. Ebenfalls ohne Zusammenhang zum Kindesmissbrauch ist der Umstand, ob die Mutter als Hausfrau im wesentlichen zu Hause ist oder ob sie berufstaetig ist.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Fuer Rueckfragen steht Ihnen Professor Dr. G. Lehmkuhl unter der Telefonnummer 0221/478-4370 und der Fax-Nummer 0221/478-6104 zur Verfuegung.

    Fuer die UEbersendung eines Belegexemplares waeren wir Ihnen dankbar.


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