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21.11.2008 16:37

Musik für die Synagoge

Klaus P. Prem Presse - Öffentlichkeitsarbeit - Information
Universität Augsburg

    Universitätsbibliothek Augsburg veröffentlicht Katalog der Sondersammlung Marcel Lorand

    Anlässlich der noch bis zum 18. Januar 2009 im Jüdischen Kulturmuseum Augsburg - Schwaben laufenden Ausstellung "Singt dem Herrn ein neues Lied", die primär Exponate aus der Sondersammlung Marcel Lorand der Universitätsbibliothek Augsburg zeigt, ist jetzt unter dem Titel "Musik für die Synagoge" ein annotierter Bestandskatalog dieser Musikaliensammlung erschienen. Mit einer historischen Einführung von Günther Grünsteudel versehen, beschreibt er auf 72 Seiten und mit 33 Abbildungen wertvolle Zeugnisse der synagogalen Musik des 19. Jahrhunderts.

    Die Reform der synagogalen Musik im 19. Jahrhundert

    Die seit Jahrhunderten mündlich überlieferten, zum Teil sehr alten Melodien für den Gesang in der Synagoge wurden seit der Mitte des 19. Jahrhunderts schriftlich fixiert und im Druck zugänglich gemacht. Hinzu kamen zahlreiche Eigenkompositionen von Kantoren in einem neuen Musikstil, der deutliche Einflüsse der Musik der Kirche und des klassisch-romantischen Kunstmusik aufweist und charakterisiert ist durch das Zusammenwirken von Männerchor (und später auch gemischtem Chor) mit der Solostimme des Kantors und als unerhörter Neuheit der Orgel, um deren Einsatz es während des gesamten 19. Jahrhunderts heftige Auseinandersetzungen gab. Zu den wichtigsten Komponisten dieses Musikstils zählen Salomon Sulzer (1804-1890) in Wien, der auch von Franz Schubert als Interpret seiner Lieder hoch geschätzt wurde, Samuel Naumbourg (1817-1880) in Paris und Louis Lewandowski (1821-1894) in Berlin. In den aschkenasischen Synagogen Europas war diese Musik bis zum Beginn des NS-Terrors lebendig. Heute ist sie, abgesehen von Nordamerika, wo sie nach wie vor zur musikalischen Praxis gehört, leider weithin unbekannt.

    Die Sondersammlung Marcel Lorand

    Die Universitätsbibliothek Augsburg konnte mit der Musikaliensammlung von Marcel Lorand (1911-1988) wertvolle Zeugnisse dieser Musikkultur erwerben, die durch die nationalsozialistische Diktatur zerstört wurde. Marcel Lorand wurde als Márton Loránd in Budapest geboren. Er war ein Schüler Béla Bartóks und wirkte schon vor dem 2. Weltkrieg als Kantor der Budapester Synagoge. Nach seiner Emigration 1964 war er in gleicher Funktion in Straßburg tätig. Schon als junger Mann hatte Lorand damit begonnen, Musik der aschkenasischen Synagoge zu sammeln, die in öffentlichem Besitz heute nur noch sehr vereinzelt vorhanden ist.

    Dass die Universitätsbibliothek Augsburg in die Lage versetzt wurde, diesen außerordentlich seltenen und wertvollen Notenbestand erwerben und damit der Forschung wie auch der musikalischen Praxis zugänglich machen zu können, ist der Initiative von Andor Izsák zu verdanken. 1944 im Budapester Ghetto geboren, stand er während seines Musikstudiums Lorand als Organist zur Seite. 1962 gründete er mit ihm in Budapest den Lewandowski-Chor, um erstmals wieder Musik der jüdischen Liturgie aus der Zeit vor dem Holocaust aufzuführen. Der Ankauf der Sammlung Lorand im Jahr 1986 stand in engem Zusammenhang mit der Gründung des von Izsák 1988 in Kooperation mit der Universität Augsburg ins Leben gerufenen Europäischen Zentrums für Jüdische Musik, das heute an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover angesiedelt ist.

    Der Katalog der Sondersammlung Marcel Lorand

    An der Universitätsbibliothek Augsburg wird die Sammlung Lorand seit ihrem Ankauf von Günther Grünsteudel betreut. Er hat anlässlich der Ausstellung "Musik in der Synagoge", einer Koproduktion des Jüdischen Kulturmuseums Augsburg-Schwaben und der Universitätsbibliothek Augsburg, einen annotierten Bestandskatalog der Sammlung erarbeitet.

    Der Katalog beschreibt und kommentiert Notendrucke und -handschriften. Die Gruppe der Drucke umfasst 91 Werke, darunter auch etliche mehrbändige Sammlungen und Sammelwerke. Zu ihnen gehören bekannte Titel wie "Schir Zion" von Salomon Sulzer, "Todah w'simrah" von Louis Lewandowski, "Semiroth Israel" von Samuel Naumbourg und "Baal T'fillah" von Abraham Baer. Die zweite Bestandsgruppe bildet handschriftliches Notenmaterial, bestehend aus fünf teilweise mehrere hundert Seiten starken, gebundenen Notenbänden, die der synagogalen Praxis in Budapest und Straßburg zuzuordnen sind, sowie einer Vielzahl von Einzelkompositionen meist eher geringen Umfangs (insgesamt knapp 600 Seiten). Eine kleinere dritte Bestandsgruppe bilden Notendrucke mit weltlichen Kompositionen des Judentums. Ein Überblick über die Geschichte der synagogalen Musik leitet den Katalog ein, ein Personenregister erschließt ihn.

    Die Drucklegung wurde durch die Gesellschaft der Freunde der Universität Augsburg gefördert.
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    Günther Grünsteudel: Musik für die Synagoge: Die Sammlung Marcel Lorand der Universitätsbibliothek Augsburg. Historische Einführung und Katalog. Augsburg: Universitätsbibliothek Augsburg 2008. 72 S. 33 Abb., ISBN 978-936504-03-3, 5.- Euro
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    Bezugsadresse:
    Universitätsbibliothek Augsburg, 86135 Augsburg, Telefon 0821/598-5300, direktion@bibliothek.uni-augsburg.de

    Kontakt:
    Günther Grünsteudel, Universitätsbibliothek Augsburg, 86135 Augsburg, Telefon 0821/598-5358, guenther.gruensteudel@bibliothek.uni-augsburg.de


    Weitere Informationen:

    http://idw-online.de/pages/de/news285226 - zur Ausstellung "Singt dem Herrn ein neues Lied"


    Bilder




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    Von links: Louis Lewandowski (Ölporträt 1868), Samuel Naumbourg (Lithographie 1849) und Salomon Sulzer (Ölporträt 1904)
    Von links: Louis Lewandowski (Ölporträt 1868), Samuel Naumbourg (Lithographie 1849) und Salomon Sulz ...
    Fotos: UB Augsburg
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Kulturwissenschaften, Musik / Theater, Religion
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     


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    Von links: Louis Lewandowski (Ölporträt 1868), Samuel Naumbourg (Lithographie 1849) und Salomon Sulzer (Ölporträt 1904)


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