Viele Tiere müssen bei ihren Wanderungen effizient mit Wind oder Wasserströmungen umgehen können, um ihr Ziel trotz starker Verdriftung zu erreichen. Wie kompliziert sind die Mechanismen, die eine solche Kompensation erlauben? In einem jetzt in dem führenden Fachjournal "Current Biology" erschienenen Artikel haben Dr. Stefan Schuster, Leiter einer Heisenberg-Gruppe an der Universität Erlangen-Nürnberg, und Philipp Krupczynski hierfür einen verblüffenden Zugang gefunden. Sie fanden heraus, dass ein einfaches neuronales Netzwerk das beste Werkzeug zur Lösung solcher komplexen Aufgaben ist.
Die beiden Forscher arbeiteten mit Fischen, die blitzschnell und punktgenau einen fest stehenden Zielpunkt erreichen und dabei quer zu einer starken Strömung schwimmen müssen. Eine mittelamerikanische Fischart sichert sich ihr Futter auf diese Weise. Die Fische (bekannt als "Machaca") ernähren sich von kleinen Feigen, die ins Wasser fallen. Sie warten unter einem Baum mit reifen Früchten und starten unverzüglich und zielgerichtet, sobald eine Feige fällt.
Das eigentümliche Ernährungsverhalten der Fische machten sich die Erlanger Forscher geschickt zunutze, um zu untersuchen, wie die Tiere ihre Kurswahl an die Strömungsverhältnisse anpassen. Während die Feige in der Luft ohne Verdriftung zu ihrem späteren Auftreffpunkt fällt, führt der Weg des Fisches durch stark strömendes Wasser. Die große Überraschung war: Die Fische lösen das Problem nicht etwa mit komplizierten Korrekturmanövern auf dem Weg zum Ziel, sondern - in Sekundenbruchteilen - schon am Start! Sobald die Feige fällt, schlagen sie direkt den Kurs ein, der auf kürzestem Weg zum späteren Auftreffpunkt der Frucht führt.
Für die Arbeitsrichtung der Erlanger Heisenberg-Gruppe ist das Spannende an den Befunden, dass die Fische für die Steuerung ihrer schnellen Starts ein verblüffend einfaches Netzwerk verwenden, in dem die optimale Strömungsanpassung flexibel einprogrammiert werden kann. Flexibilität ist sehr wichtig, da die Fische in ganz unterschiedlichen Strömungsbedingungen optimal navigieren müssen. Die außergewöhnliche Zugänglichkeit dieses Netzwerks eröffnet den Forschern einen Einblick in die zellulären Mechanismen, die es erlauben, Umwelteigenschaften - wie etwa die herrschenden Strömungsbedingungen - in kleinen Netzwerken zu speichern und für eine hocheffiziente Bewegungssteuerung zu nutzen. Damit wird es nicht nur möglich, konkret die Mechanismen der Bewegungsplanung auf elementarer Ebene zu verstehen, sondern auch, die gefundenen Prinzipien auf technische Systeme zu übertragen.
Die Universität Erlangen-Nürnberg, gegründet 1743, ist mit 26.000 Studierenden, 550 Professorinnen und Professoren sowie 2000 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Universität in Nordbayern. Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen an den Schnittstellen von Naturwissenschaften, Technik und Medizin in engem Dialog mit Jura und Theologie sowie den Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Seit Mai 2008 trägt die Universität das Siegel "familiengerechte Hochschule".
Weitere Informationen für die Medien:
PD Dr. Stefan Schuster
Tel.: 09131/85-28057
sschuste@biologie.uni-erlangen.de
Der mittelamerikanische "Machaca" ernährt sich von kleinen Feigen, die ins Wasser fallen.
Foto: Philipp Krupczynski, Universität Erlangen-Nürnberg
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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