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08.02.2001 12:54

Kristallstruktur des Photosystems II mit hoher Auflösung ermittelt

Ilka Seer Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Freie Universität Berlin

    Protein isoliert aus Cyanobakterium "Synechococcus elongatus"

    Grüne Pflanzen, Algen und Cyanobakterien gewinnen ihre Energie durch Photosynthese. Mit Hilfe des Sonnenlichts wandeln sie Kohlendioxid und Wasser in Zucker und Sauerstoff um. Die chemische Grundgleichung ist sehr einfach, der Mechanismus jedoch äußerst kompliziert und noch nicht vollständig aufgeklärt. Zwei große Protein-Cofaktorkomplexe - Bestandteile der photosynthetischen Thykaloidmembran in den Chloroplasten - sind daran maßgeblich beteiligt: die Photosysteme I und II (PS I, PS II). Im PS II finden die ersten Teilschritte der Photosynthese statt. Hier werden den Wassermolekülen Elektronen mit Hilfe der Lichtenergie "entzogen", auf ein Chinonsystem übertragen und Sauerstoff in die Atmosphäre freigesetzt. PS II besteht aus einem Antennenkomplex, der die Lichtenergie einfängt (Chlorophyllmoleküle), einem zentralen Bereich mit Reaktionszentrum und einem sauerstoffentwickelnden Komplex.

    Der Arbeitsgruppe um Prof. Wolfram Saenger, vom Institut für Chemie/Kristallographie der Freien Universität Berlin, gelang es nun mit Hilfe der Röntgendiffraktion, die Kristallstruktur von PS II zu ermitteln - bei einer Auflösung von 3.8 Å. Die Forschungsarbeiten wurden gemeinsam mit der Arbeitsgruppe um Prof. Horst-Tobias Witt und Dr. Petra Fromme vom Max-Volmer-Institut für Biophysikalische Chemie und Biochemie der TU Berlin durchgeführt. Hier wurde das Membranprotein - molekulare Masse etwa 700.000 Dalton - aus dem thermophilen Cyanobakterium "Synechococcus elongatus" isoliert, in Lösung gebracht und schließlich in vollständig hydratisierter Form kristallisiert.

    Die FU-Kristallographen führten die Röntgendiffraktions-Experimente bei tiefen Temperaturen (100K) mittels Synchrotronstrahlung in Hamburg, Triest (I) und Grenoble (F) durch. Das so genannte Phasenproblem der Kristallographie wurde durch Schwermetalldotierung gelöst. Hierbei wird der Kristall mit einer Schwermetallsalzlösung getränkt, einzelne Metallatome in Form von Komplexen in den Kristall eingebaut. Erst nach diesem sehr langwierigen Schritt lassen sich die Phasenwinkel, damit die Elektronendichteverteilung im Molekül und letztlich die Gesamtstruktur ermitteln.

    Das Protein PS II liegt im Kristall als C2-symmetrisches Dimer vor, mit einer Breite von 190 Å und einer Höhe von etwa 100 Å. Es besteht aus 17 Untereinheiten, von denen 14 innerhalb der Membran liegen. Die Auflösung von 3.8 Å ermöglicht zwar nicht den Blick auf jedes einzelne Atom, wohl aber auf Atomverbände und gibt damit genaue Details der Sekundär- und Tertiärstruktur preis. Eindeutig konnten Position und Struktur mehrerer Cofaktoren (32 Chlorophylle, 2 Phyllochinone, 2 Pheophytine, 2 Hämgruppen, 1 Eisenatom) sowie erste Umrisse der Struktur des sauerstoffentwickelnden Komplexes bestimmt werden - ein Cluster aus vier Manganatomen. An dieser Stelle werden die Wassermoleküle durch das Kation-Enzym P680+ schrittweise oxidiert und Sauerstoff sowie Wasserstoffionen freigesetzt. Letztere werden benutzt, um den Energiespeicher ATP zu synthetisieren.

    An dem Projekt waren von Seiten der TU Berlin Horst-Tobias Witt, Athina Zouni, Jan Kern und Petra Fromme beteiligt. Die Struktur wurde von Wolfram Saenger, Norbert Krauß, und Peter Orth (FU Berlin) aufgeklärt. Am 8. Februar 2001 wurden die Forschungsergebnisse in "Nature" publiziert. Zur Zeit arbeitet das Team an einer Veröffentlichung über das Photosystem I, welches ähnlich komplizierter aufgebaut ist wie PS II und - bei einer Auflösung von 2.5 Å - noch wesentlich mehr Detail verspricht.

    Die Grundlagenforschung wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert (Sfb 312 und Sfb 498). Sie soll zum besseren Verständnis der Photosynthese und damit generell der Umwandlung von Lichtenergie in chemische oder mechanische Energie beitragen. Eine notwendige Voraussetzung, um umwelt- und ressourcenschonende Energieformen für die Zukunft entwickeln zu können. Die Natur macht es in raffinierter Weise vor.

    Catarina Pietschmann

    Nähere Informationen gibt Ihnen gern:
    Univ.-Prof. Dr. Wolfram Saenger, Fachbereich Biologie-Chemie-Pharmazie der Freien Universität Berlin, Institut für Chemie/Kristallographie, Takustr. 6, 14195 Berlin-Dahlem, Tel.: 030 / 838-53412, Fax: 030 / 838-56702, E-Mail: saenger@chemie.fu-berlin.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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