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15.02.2001 11:29

Bilder und Bedeutungen im Christentum

Brigitte Nussbaum Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster

    Katholische Theologen der Universität Münster untersuchen die Bedeutung von Abbildungen im Christentum. Sie sind nicht einfach nur reine Illustration, sondern tragen eine eigene Bedeutung in sich.

    "Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort." Der Beginn des Johannes-Evangeliums legt die Präferenzen eindeutig fest: Das Christentum ist eine schriftorientierte Religion. Das Bilderverbot in den Büchern Mose: "Du sollst dir kein Bildnis machen in irgendeiner Gestalt" wird im Neuen Testament zwar nicht derart eindringlich wiederholt, zumal es sich nur auf Abbildungen Gottes bezog, doch ist es üblich geworden, Bilder im Christentum lange lediglich als reine Illustration zu behandeln. Dass ihnen eine sehr viel grundlegendere Bedeutung zukommt, beweist der katholische Theologe Prof. Dr. Reinhard Hoeps von der Arbeitsstelle für christliche Bildtheorie, theologische Ästhetik und Bilddidaktik (ACHRIBI) der Universität Münster.

    "Die Hauptrichtungen der Theologie, vor allem Dogmatik und Exegese, sehen sich als Auseinandersetzung mit Wort und Schrift", erläutert Hoeps. Doch aus der christlich geprägten Kulturgeschichte seien Bilder nicht mehr wegzudenken. Sakralbauten, Bibelillustrationen, ikonographische Darstellungen - Bilder haben das Christentum entscheidend mitgeprägt. "Sie sind nicht einfach nur Illustrationen zum geschriebenen Wort, sondern Interpretationen des Textes, die ihren eigenen Wert haben", meint Hoeps.

    In den ersten christlichen Jahrhunderten wurde auch im Christentum auf die Darstellung Gottes verzichtet. Doch spätestens seit dem dritten Jahrhundert unserer Zeitrechnung gewinnen Bilder von Gottes Sohn und den Heiligen an Bedeutung. Sanktioniert wurden sie allerdings erst im achten Jahrhundert. Die Ursprünge der christlichen Bildtheorie lassen sich noch heute am besten in den östlichen christlichen Religionen, der griechisch- und der russisch-orthodoxen Kirche, erkennen. So beschränken sich die Untersuchungen von Hoeps auch nicht auf die Darstellungen innerhalb der römisch-katholischen Kirche, obschon seine Arbeitsstelle in der Katholischen Fakultät angesiedelt ist. "Die Bedeutung des Bildes ist in allen christlichen Konfessionen ausgeprägt, wenn auch jeweils unterschiedlich", erläutert er. So habe sich das protestantische Bildverständnis dezidiert aus der Abkehr vom Katholizismus entwickelt - bis hin zum Bildersturm, der die "Götzenbilder" aus den Kirchen verbannte.

    Die christliche Ikonographie überspannt einen weiten Bogen: Hoeps arbeitet derzeit an einer Rezeptionsgeschichte der gotischen Kathedralarchitektur, jenem Inbegriff des katholischen Christentums. Diese Form der Architektur war niemals nur ein liturgischer Nutzraum, sondern stets mit Bedeutungen befrachtet, die den christlich-abendländischen Kosmos wieder aufleben lassen.

    Andererseits liegt das Grundinteresse von Hoeps, der neben Theologie auch Kunstgeschichte studiert hat, bei der modernen Kunst. Denn hier wird deutlich, dass Kunst mehr ist als nur das Abbilden eines Gegenstandes. "Das Bild hat eine Bedeutung, indem es ohne Rückendeckung von anderer Seite unverwechselbar und aus sich selbst heraus Gehalt besitzt", erläutert Hoeps. Und so zeigt sich eine enge Verbindung zwischen bildlichen Vorstellungen und theologischen Begriffen. Ein Beispiel dafür sind die Sakramente: "Deren Bestimmung als Einheit aus materiellem Element und der nicht greifbaren Gnade verweist auf Bildnisse, die nicht etwas anderes rein zeichenhaft oder symbolisierend anzeigen, sondern ihre Bedeutung an die eigene materielle Gestalt binden."

    Ein Gedankengang, der noch selten ist, doch den Hoeps in die Praxis übertragen will. Gerade für Religionslehrer habe das Bild eine große Bedeutung, aber die systematischen Grundlagen seien relativ wenig entwickelt. Das Interesse unter den Studierenden ist groß, deshalb soll eine Arbeitsgruppe "Bilddidaktik" aufgebaut werden, in der Examenskandidaten und Lehrer zusammenarbeiten werden.


    Weitere Informationen:

    http://wwwfb02.uni-muenster.de/fb02/ikon/


    Bilder

    "Der Erfinder der Dampfmaschine", Joseph Beuys (1971)
    "Der Erfinder der Dampfmaschine", Joseph Beuys (1971)

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Bauwesen / Architektur, Geschichte / Archäologie, Philosophie / Ethik, Religion
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    "Der Erfinder der Dampfmaschine", Joseph Beuys (1971)


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