Patienten legen zuallererst Wert darauf, dass ein Medikament ihnen Erleichterung verschafft, und sind nicht so sehr daran interessiert, wie das vor sich geht. Wissenschaftler sehen dies anders: Eine genaue Kenntnis des Wirkmechanismus lässt weitere Behandlungsfortschritte erwarten. Am Universitätsklinikum Erlangen haben Forscher nun herausgefunden, wo der Ansatzpunkt einer Therapie liegt, die für eine bestimmte chronisch entzündliche Nervenerkrankung üblich ist.
Die chronisch inflammatorische demyelinierende Polyneuropathie (CIDP) ist eine entzündliche Erkrankung des peripheren Nervensystems, die von 100.000 Erwachsenen etwa jeden zweiten bis siebten befällt. Das klinische Erscheinungsbild ist nicht einheitlich, aber die häufigste Form führt zu einer fortschreitenden oder wiederkehrenden Muskelschwäche. Die gängige Therapie für diese Erkrankung ist die Gabe hochdosierter Immunglobuline (sog. IVIG Therapie), die effizient in der Lage ist, die Symptome der Erkrankung zu unterdrücken. Bisher war jedoch nicht bekannt, wie dieses Medikament beim Menschen wirkt.
Forschern der Erlanger Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Falk Nimmerjahn (Medizinische Klinik 3) ist es jetzt in Zusammenarbeit mit Arbeitsgruppen aus Marburg, Hamburg und New York erstmalig gelungen, einen Einblick in den Mechanismus der IVIG Aktivität beim Menschen zu erhalten. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass ein Gendefekt, der zu einer verminderten Expression eines regulatorischen Eiweißstoffes (eines so genannten inhibitorischen Fc-Rezeptors) auf Fresszellen und B-Zellen führt, gehäuft bei CIDP Patienten vorkommt. Unter Therapie mit IVIG kam es zu einer Wiederherstellung der Expression dieses wichtigen Regulators, was mit einer Unterdrückung der Krankheitssymptomatik korrelierte. Die Ergebnisse sind in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) veröffentlicht worden, einer wissenschaftlichen Zeitschrift, die von der Akademie der Wissenschaften der Vereinigten Staaten herausgegeben wird (Tackenberg et al., PNAS 2009; 106: 4788-92).
Studien in Tiermodellen hatten schon länger auf eine wichtige Rolle dieses Proteins bei der Entstehung und Schwere von Autoimmunerkrankungen hingedeutet, aber es war unklar, ob diese Ergebnisse auch für den Menschen zutreffen. Die Ergebnisse lassen hoffen, dass neue Therapien, die gezielt die Expression dieses regulatorischen Eiweißstoffes beeinflussen, in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Autoimmunerkrankungen wie der CIDP spielen könnten.
Die Universität Erlangen-Nürnberg, gegründet 1743, ist mit 26.000 Studierenden, 550 Professorinnen und Professoren sowie 2000 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Universität in Nordbayern. Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen an den Schnittstellen von Naturwissenschaften, Technik und Medizin in engem Dialog mit Jura und Theologie sowie den Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Seit Mai 2008 trägt die Universität das Siegel "familiengerechte Hochschule".
Weitere Informationen für die Medien:
Prof. Dr. Falk Nimmerjahn
Tel.: 09131/85-39346, -35913
fnimmerj@molmed.uni-erlangen.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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