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Drachenfliegen fuer Fussballspieler verboten
Die Freizeit ausserhalb des Spielfeldes
Die Pflichten des Lizenzfussballspielers fuer sein Verhalten ausserhalb des Spielfeldes sind im neuen Musterarbeitsvertrag des Deutschen Fussballbundes (DFB e.V.) ausfuehrlicher als im vorherigen festgelegt. Allerdings stellt sich auch weiterhin die Frage, inwieweit er gegenueber dem Verein staerker als ein normaler Arbeitnehmer zu besonderer Loyalitaet verpflichtet ist. Die Studie "Die arbeitsrechtliche Stellung des Fussballspielers zwischen Verein und Verbaenden" von Dr. Andreas Imping am Forschungsinstitut fuer Sozialrecht der Universitaet zu Koeln eroertert im Einzelnen die gesetzlichen Bestimmungen im Sonderfall des Arbeitsverhaeltnisses von Lizenz- und Amateurfussballspielern. Neben der arbeitsvertraglichen Beziehung zu seinem Verein behandelt er des weiteren eingehend das Verhaeltnis des Spielers zu den nationalen und internationalen Fussballverbaenden.
Der Spieler verpflichtet sich vertraglich "seine ganze Kraft und seine sportliche Leistungsfaehigkeit uneingeschraenkt fuer den Verein einzusetzen, ... und alles zu unterlassen, was ... vor und bei Veranstaltungen des Vereins abtraeglich sein koennte". Daher kommt es oft vor, dass der Verein Einfluss auf das Privatleben zu nehmen versucht. Insbesondere bezieht sich dieses auf Anweisungen ueber Alkohol- und Nikotingenuss sowie die Bestimmung des Zu-Bett-Gehens und das Verbot gefaehrlicher Freizeitaktivitaeten, wie z.B. Drachenfliegen, Skifahren oder Hochgebirgswandern.
Grundsaetzlich ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, seine private Lebensfuehrung an den Arbeitgeberinteressen auszurichten. Allerdings erlaubt das Direktionsrecht dem Arbeitgeber - so der Koelner Arbeitsrechtler - die Einzelheiten der zu erbringenden Leistung festzulegen, wenn die Anweisungen auf den Arbeitsplatz beschraenkt sind. Auch bei Absprachen ueber den ausserdienstlichen Bereich muessen bestimmte Gesetzesgrundlagen beachtet werden. Aufgrund der allgemeinen arbeitsrechtlichen Treuepflicht ist der Arbeitnehmer an das Arbeitsverhaeltnis ueber die eigentliche Arbeitsleistung hinaus gebunden. Im Einzelfall muss das Arbeitgeberinteresse an der dienstlichen Verhaltensregel und das Interesse des Spielers am Schutz seiner Privatsphaere abgewogen werden. Der Berufsfussballspieler befindet sich aufgrund der besonderen Bedeutung seines koerperlichen Zustandes fuer seinen Arbeitgeber in einer Ausnahmesituation. Diese zwingt ihn, mehr als einen gewoehnlichen Arbeitnehmer, auch in seiner Freizeit Ruecksicht auf die Forderungen seines Arbeitgebers zu nehmen.
Im Trainingslager, welches der gezielten Vorbereitung auf eine Fussballsaison dient, hat der Verein aufgrund des Direktionsrechts die Berechtigung - so der Koelner Arbeitsrechtler -, den Alkohol- und Nikotinkonsum und das Betreiben von gefaehrlichen Freizeitbeschaeftigungen zu verbieten. Ausserhalb dieser Arbeitszeit hat der Arbeitgeber lediglich die Moeglichkeit, die Spieler anzuhalten darauf zu verzichten. Aber auch der Sportler wird um seine koerperliche Fitness bestrebt sein - sicherlich nicht zuletzt, wie auch der Verein, aus finanzieller Sicht. Ebenso kann der Verein durch Erweiterungen des Direktionsrechts im Trainingslager die Einhaltung bestimmter Ruhezeiten beanspruchen. Allerdings sind die Zeiten naechtlicher Kontrollanrufe vorbei. Ein gern diskutierter Punkt ist der Besuch der Ehefrau am Arbeitsplatz bzw. im Trainingslager. Der Verein ist berechtigt, der Ehefrau den Zutritt zum Trainingsquartier zu untersagen, wenn es den Trainigszwecken schadet. Angesichts der Tatsache, dass ein Berufsfussballspieler ueber einen begrenzten Zeitraum ein ueberdurchschnittliches Gehalt bekommt, erklaert der Koelner Rechtswissenschaftler, sollte ihm der Verzicht auf besondere Annehmlichkeiten zumutbar sein.
In der Studie geht Dr. Imping auch auf das Recht zur ausserordentlichen Kuendigung ein. Wegen der ueblichen Befristung von Lizenzspielervertraegen kommt die Aufhebung durch eine ordentliche Kuendigung nur in Betracht, wenn sie im Arbeitsvertrag ausdruecklich festgelegt ist. Im Musterarbeitsvertrag ist dieses nicht vorgesehen. Als Kuendigungsgrund gilt fuer den Lizenzverein insbesondere der eigene Lizenzverlust, der des Spielers, schwerwiegende Vertragsverletzungen durch den Spieler sowie der sportliche Abstieg. Dieses gilt vor allem fuer den Abstieg aus der Bundesliga in den Amateurbereich. Die eventuell mangelnde Eignung der Spieler kann nicht als Kuendigungsgrund angeben werden. Dieses Risiko muss der Verein selber tragen. Wegen der Besonderheiten des Mannschaftssports Fussball erscheint es nicht gerechtfertigt, den sportlichen Abstieg allein auf schwache Leistungen zurueckzufuehren und deshalb den Fussballsportler hierfuer zur Verantwortung zu ziehen, sprich zu kuendigen, da hierfuer auch eine Vielzahl anderer Gruende verantwortlich sein koennen. Auch muss der Spieler seine vom DFB gewaehrte Lizenzberechtigung behaupten. Zur Entziehung dieser kann es kommen, wenn er die vom DFB aufgestellten Verhaltenspflichten verletzt. Dazu gehoert auch die Ahndung von Dopingmissbrauch. Allerdings musste dieses in der deutschen Bundesliga bislang nicht verfolgt werden. Bekannt geworden ist der Kokainmissbrauch des Fussballstars Diego Maradonna, der vom Fussball-Weltverband eine zweijaehrige Spielsperre als Strafe erhielt. Im Falle des Lizenzentzuges des Vereins, was der Rueckversetzung in den Amateurbereich gleichkommt, ist der Spieler nicht ohne weiteres zur Kuendigung berechtigt, solange der Arbeitgeber seiner Beschaeftigungspflicht nachkommt und die Lohnansprueche des Spielers gewaehrt. Wenn dieses nicht mehr gegeben ist, hat der Spieler das Recht, das Vertragsverhaeltnis vorzeitig aufzuheben.
Fuer die meisten Fussballprofis ist das Spielen im Lizenzbereich und die damit verbundene Praesenz in der OEffentlichkeit von besonderer Bedeutung. Daher bedeutet ein Lizenzverlust bzw. die Kuendigung oft mehr als "nur" den sportlichen Abstieg.
Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias
Fuer Rueckfragen steht Ihnen Dr. Andreas Imping unter der Telefonnummer 0221/20807-40 zur Verfuegung.
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