In der immer heftigeren Kontroverse um die künftige Struktur der Deutschen Bundesbank liegt nun die erste, allein von Wissenschaftlern erarbeitete Stellungnahme vor.
Bochum, 03.05.2001
Nr. 118
Deutsche Bundesbank: Drei Kernaufgaben bleiben
Bochumer Effizienzmodell zur Strukturreform
RUB-Wissenschaftler erarbeiten Stellungnahme
In der immer heftigeren Kontroverse um die künftige Struktur der Deutschen Bundesbank liegt nun die erste, allein von Wissenschaftlern erarbeitete Stellungnahme vor. Professor Dr. Wim Kösters, Professor Dr. Stephan Paul und Professor (em.) Dr. Dr. h.c. Joachim Süchting (Institut für Kredit- und Finanzwirtschaft, Ruhr-Universität Bochum) haben sie in der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen veröffentlicht, darin beurteilen sie die künftigen Aufgaben und die daraus abgeleitete Struktur der Zentralbank aus volks- und betriebswirtschaftlicher Sicht. Dabei arbeiten sie drei Kernaufgaben heraus, die unverändert Landeszentralbanken (LZBen) und deren Präsidenten erfordern. Als Mitglieder des künftig einheitlichen Leitungsgremiums der Bundesbank (BBank) sollten sie zwar an die durch dieses Organ vorgegebenen Rahmenregelungen und Beschlüsse gebunden, ansonsten aber weisungsunabhängige Spitzen der LZBen in der jeweiligen Region sein.
Artikel im Netz
Der vollständige Aufsatz ist im Internet abrufbar unter http://www.ruhr-uni-bochum.de/fin-kred
Drei Kernaufgaben
Die drei Kernaufgaben lauten:
(1) 1. Geldpolitik darf nicht als technokratische Aufgabe, sondern muss als "art of central banking" betrachtet werden, bei der es wesentlich auf die richtige Beurteilung wirtschaftlicher Entwicklungen, die Einschätzung von Erwartungen an den Märkten etc. ankommt. In diesem Zusammenhang sollen LZB-Präsidenten für eine fundierte geldpolitische Vorbereitung des BBank-Präsidenten im Rahmen eines organisationsinternen Wettbewerbs der Ideen sorgen. Dieser ist am wirkungsvollsten durch ein heterogen zusammengesetztes Leitungsorgan gewährleistet, dem auch wesentlich mit Fragen der Geldpolitik befasste LZB-Präsidenten und nicht nur in ein Dezernatssystem eingebundene Mitglieder mit vor allem Ressortkompetenz angehören.
2. Kommunikation der Geldpolitik in die und aus der Fläche zum Aufbau von Reputationskapital für eine stabilitätsorientierte Geldpolitik durch die Europäische Zentralbank.
3. Mitwirkung an einer über die Bankenaufsicht hinausgehenden umfassenden Finanzmarktaufsicht. Diese sollte jedoch nicht - wie bei Eichel - in einer neu zu gründenden Bundesanstalt, sondern unter dem Dach der Bundesbank angesiedelt sein. So lässt sich den gegenseitigen Abhängigkeiten von geldpolitischen und aufsichtlichen Aufgaben Rechnung tragen, Verbund- und Synergieeffekte können kostensparend genutzt werden. Gerade die durch "Basel II" immer bedeutender werdende qualitative Aufsicht erfordert vertrauenswürdige, kompetente und weitgehend unabhängige Gesprächspartner für das Bankmanagement vor Ort.
Effizienzmodell mit Budgetierungssystem
Um die Erfüllung dieser Aufgaben auf der Nutzenseite zu sichern, zugleich aber die angesichts der Übertragung von Aufgaben an die EZB dringend notwendigen Kostensenkungen zu erreichen, entwerfen die Wissenschaftler ein Effizienzmodell. Sie plädieren für eine starke Zentralisierung von Verwaltungsaufgaben sowie für ein Budgetierungssystem, das auf einer aussagefähigen Kostenrechnung fußt und den Qualitätsmaßstäben der Privatwirtschaft genügt. Die Publikation von Budgetergebnissen könnte die Grundlage bilden für eine disziplinierende Corporate Governance der BBank durch die Öffentlichkeit.
Sechs statt neun Landeszentralbanken
Darüber hinaus empfehlen die RUB-Wissenschaftler, auf der Basis ökonomischer Kriterien die Zahl der LZBen von derzeit neun auf sechs zu reduzieren - und damit wesentliche Kostenvorteile gegenüber dem Vorschlag von Finanzminister Eichel (Januar 2001, weitgehend deckungsgleich mit dem Mitte April veröffentlichten Referentenentwurf) zu erzielen. Den sechs LZB-Präsidenten sollten im obersten Leitungsgremium fünf durch die Bundesregierung delegierte Mitglieder gegenüberstehen, um die föderalistische Konstruktion der BBank zu erhalten und eine Aushöhlung der Aufgaben der LZBen zu verhindern.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Stephan Paul, Institut für Kredit- und Finanzwirtschaft, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der RUB, Tel. 0234/ 32-24508, Fax: 0234/32-14699, eMail: fin-kred@ruhr-uni-bochum.de, Internet: http://www.ruhr-uni-bochum.de/fin-kred
http://www.ruhr-uni-bochum.de/fin-kred
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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