18/98 Keine Euronorm im Kampf gegen Bluthochdruck Europaeische Eigenarten bei der Behandlung von Hypertonie
Die Verabreichung von blutdrucksenkenden Mitteln wird in einigen europaeischen Laendern unterschiedlich gehandhabt, obwohl sich die Krankheitsbilder der Patienten nicht wesentlich voneinander unterscheiden. In einer Studie hat Dr. Stefan Michael Schueth vom Zentrum fuer Innere Medizin der Universitaet zu Koeln verschiedene Therapieverfahren einiger europaeischer Laender bei Bluthochdruck verglichen. Er fand heraus, dass bei der Wahl der Medikamente nicht nur deren Wirksamkeit oder der Zustand der Patienten ausschlaggebend sind. Auch Traditionen oder Vorurteile spielen eine Rolle.
In allen westlichen Industrienationen ist Bluthochdruck zu einer Volkskrankheit geworden. Schon ueber ein Viertel der Bevoelkerung leidet daran. Arterielle Hypertonie gilt zur Zeit als nicht heilbar. Meistens muss eine einmal begonnene Behandlung mit Medikamenten ein Leben lang fortgesetzt werden.
Deutschland, England, Schweden, Norwegen und die Niederlande wurden repraesentativ untersucht. In diesen Laendern steigerte sich der Umsatz fuer blutdrucksenkende Mittel in den letzten dreissig Jahren um 1200 Prozent, wobei allein in den neunziger Jahren nochmals ein enormer Anstieg zu verzeichnen ist. Die Umsatzzunahme ist in Deutschland im weltweiten Vergleich am groessten. In allen Laendern geht trotz steigenden Umsatzes der tatsaechliche Medikamentverbrauch leicht zurueck. Nur in Deutschland steigen auch die Verbrauchszahlen weiterhin. Damit haben deutsche Bluthochdruckkranke den von jeher hohen Verbrauchsstatus der Schweden beinah eingeholt. Die Gesundheitsreform von 1989 hat die Umsatzsteigerung bei hypertensiven Mitteln leicht gebremst. Dennoch wurden zunehmend teure Praeparate verschrieben.
Dr. Schueth fand heraus, dass jedes Land seine Vorlieben bei der Wahl der Medikamente hat. So bevorzugen die AErzte in Grossbritannien sogenannte Betablocker, die Muskelentspannung bewirken und die Herzfrequenz senken. In Deutschland sind besonders gefaesserweiternde Calciumblocker beliebt. Hier neigen die AErzte auch mehr als in anderen Laendern dazu, Kombinationen von verschiedenen Praeparaten zu verschreiben. Der Grund fuer das unterschiedliche Verschreibungsverhalten der einzelnen Laender koennte, so der Mediziner, darin liegen, dass eine Substanz in dem Land bevorzugt wird, in dem sie entwickelt wurde. Dies gilt zum Beispiel fuer die Calciumblocker in Deutschland, die Betablocker in Grossbritannien und Schweden. Auch die Vermarktung durch die Pharmaunternehmen spielt eine entscheidende Rolle.
Ebenso beeinflussen Ausbildung und Alter der AErzte die Wahl des Medikaments. Verschreibungstraditionen werden von Generation zu Generation weitergegeben. AEltere AErzte bleiben ausserdem meist altbekannten Behandlungsformen treu, waehrend juengere Mediziner oefter neuere Mittel wie Calciumblocker oder ACE-Hemmer, welches die Bildung blutdrucksteigernder Hormone hemmt, ausprobieren. Fachaerzte behandeln Bluthochdruck mit anderen Medikamenten als Allgemeinaerzte. In Deutschland hat die Zahl der Internisten in den letzten Jahren staerker zugenommen als die der Allgemeinmediziner, was ebenfalls ein Grund fuer die Bevorzugung bestimmter Mittel sein kann. Internisten verschreiben mehr als doppelt so haeufig Calciumblocker und ACE-Hemmer wie Allgemeinaerzte. Die Diskussion in Fachkreisen und zum Teil unberechtigte Vorurteile ueber Nebenwirkungen koennen auch zum Rueckgang der Verordnung eines Medikaments fuehren. So moegen besonders aeltere AErzte die Betablocker weniger. In Grossbritannien ging der Verbrauch eines Mittels mit dem Wirkstoff Reserpin stark zurueck, nachdem es durch UEberdosierung zu Todesfaellen gekommen war. In Deutschland wird es dagegen auch weiterhin verwendet.
Die steigende Zahl der Menschen mit zu hohem Blutdruck und der dadurch bedingten Todesfaelle zwingt zu weiteren Anstrengungen. Hierbei erleichtert die Medikamentenvielfalt nicht gerade die Wahl fuer die AErzte. Zunehmend wichtig sind fuer Dr. Schueth deshalb schon vorbeugende Massnahmen, damit eine medikamentoese Therapie erst gar nicht noetig wird.
Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias
Fuer Rueckfragen steht Ihnen Professor Dr. Wilhelm Krone unter der Telefonnummer 0221/478-4070 und der Fax-Nummer 0221/478-4179 zur Verfuegung.
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
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