5/98 Punkte auf der Intensivstation "Scoresysteme" helfen Intensivaerzten bei Qualitaets- und Kostenmanagement
Die Anwendung von Scoresystemen - score (englisch) bedeutet "Punktzahl", "Messwert" - in der Intensivmedizin sollte allgemein sehr kritisch erfolgen. Um die Gueltigkeit von Prognosen durch Scoresysteme zu erhoehen, muessen diese Scores anhand von eigenen Patientendaten ueberprueft und gegebenenfalls korrigiert werden. Dieser Ansicht sind Dr. Rolf Lefering und Professor Dr. Edmund Neugebauer vom II. Chirurgischen Lehrstuhl der Universitaet zu Koeln. Dort werden Scores als Instrumente zur Qualitaetskontrolle auf der Intensivstation eingesetzt. Bei Traumapatienten auf der Intensivstation hat sich der bisher verwendete "APACHE II"-Score jedoch als ungeeignet erwiesen, da die daraus abgeleiteten Prognosen fuer die Patienten systematisch zu positiv ausfielen. Das verwendete Scoresystem unterschaetzt systematisch das Sterberisiko bei diesen Patienten. Prognosen sollten daher nicht ohne die Beruecksichtigung von traumaspezifischen Scores gestellt werden. Auf die aktuelle individuelle Behandlung eines Patienten haben die auf der Intensivstation erhobenen Score-Werte keinen Einfluss, da immer eine aerztliche Gesamtbeurteilung der Situation erforderlich ist.
Scoresysteme muessen laufend aktualisiert werden, um der medizinischen Weiterentwicklung gerecht zu werden. Ein System, welches wie z.B. der APACHE II vor 10 Jahren erstellt wurde, laesst heute nur noch eingeschraenkte Prognosen zu. Der "APACHE II" Score (Acute Physiology And Chronic Health Evaluation) ist ein Punktesystem, welches die komplexe Situation eines Patienten auf der Intensivstation auf einen einzigen Punktewert abbildet. In den Score fliessen neben dem Alter und chronischen Vorerkrankungen 12 verschiedene physiologische Werte ein. Da mit der zunehmenden Schwere der Erkrankung auch das Risiko steigt, an dieser Krankheit zu sterben, lassen sich aufgrund dieses Klassifikationssystems auch Prognosen fuer das UEberleben ableiten.
Die Erfassung des Schweregrades einer Krankheit durch Scores kann Entscheidungen erleichtern, beispielsweise wenn es um die Frage geht, ob ein Patient auf die Intensivstation verlegt werden sollte. Denn Untersuchungen haben ergeben, dass bei gleichen Score-Merkmalen von Patienten die Sterberate im konventionellen Pflegebereich um ein Dreifaches hoeher ausfiel als auf der Intensivstation.
Es konnte nun nachgewiesen werden, dass die nach APACHE II erstellten Prognosen zu optimistisch waren. Da dieser Score den Zustand des Patienten erst ab der Aufnahme auf die Intensivstation beruecksichtigt, bleiben vorherige Behandlungsversuche (z.B. Fluessigkeitsersatz und kreislaufstuetzende Massnahmen) unberuecksichtigt. Ebenfalls als problematisch erachten die Koelner Mediziner, dass feststehende Scoresysteme wie der APACHE II keine situations- und patientenabhaengige Gewichtung der einzelnen Scorekomponenten zulassen. Wird z.B. der Patientenstatus nur einmal erhoben, und geht dabei der schlechteste Wert in den Score ein, wird der Patient schlechter klassifiziert, als er eigentlich ist. Auch der umgekehrte Fall ist dabei denkbar. Dadurch kann es evtl. zu falschen Diagnosen oder Therapieansaetzen kommen.
Der APACHE II-Score wurde zwar anhand der Daten von 5815 Intensivpatienten entwickelt, von denen waren jedoch nur 364 Traumapatienten. Von diesen wiederum wurden nur die Haelfte operativ versorgt. Daher ist die Datenbasis fuer diesen speziellen Bereich der Intensivmedizin zu schmal. Zutreffende Prognosen lassen sich hieraus nur schwer ableiten.
Damit Entscheidungen ueber die Dauer, Fortsetzung, Einschraenkung von Therapien oder ueber die Beendigung von lebenserhaltenden Massnahmen von Scoresystemen unterstuetzt werden koennen, muss der individuelle Patienten-Score taeglich bestimmt werden. So ist es dann moeglich, anhand der ermittelten Werte objektiv Tendenzen in der Effektivitaet der Therapie zu erkennen. Sinkt der Scorewert eines bestimmten Patienten, kann von einem Erfolg der eingeschlagenen Therapie ausgegangen werden. Steigt der Wert, muss moeglicherweise eine AEnderung der Behandlung erfolgen.
Intensivmedizin heisst Hochleistungsmedizin. Dies bedeutet einerseits die erfolgreiche Behandlung von schwerkranken Patienten, andererseits aber auch enormer Kostenaufwand. 50 bis 60 Prozent der Kosten fuer Akutversorgung im Krankenhaus entstehen in der Intensivmedizin. Diese beansprucht jedoch nur 10 Prozent der Betten eines Krankenhauses. Auch hier koennen Scores einen wichtigen Beitrag zur Qualitaetssicherung und Kostenkontrolle leisten. Die Ermittlung von Kosten pro Patient und Tag ist nach einer UEberpruefungsphase dann ohne den Umweg ueber die Abrechnungsstatistiken des Krankenhauses moeglich. Es lassen sich so die Effektivkosten fuer UEberlebende und Nichtueberlebende der Intensivstation berechnen.
Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias
Fuer Rueckfragen steht Ihnen Professor Troidl am 9. Januar 1998 von 8.30 Uhr bis 13.00 Uhr unter der Telefonnummer 0221/8907-2770 und der Fax-Nummer 0221/893096 zur Verfuegung. Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.htm).
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
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