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07.05.1997 00:00

Aggressive Symptome frühzeitig ernst nehmen

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    73/97

    Aggressive Symptome fruehzeitig ernst nehmen

    Vom verhaltensauffaelligen Kind zum erwachsenen Straftaeter

    Aggressive Verhaltensweisen - beispielsweise Zerstoeren von Gegenstaenden, Angreifen und Bedrohen anderer - treten bereits im Kindesalter auf und gelten als Vorboten fuer spaetere dissoziale Verhaltensweisen im Jugendalter, wozu u.a. Diebstahl, Schule schwaenzen, von zu Hause weglaufen zaehlen. Letzteres ist wiederum die Vorstufe zu delinquentem, d.h. straffaelligem, Verhalten. Zu diesem Ergebnis gelangen Dr. Manfred Doepfner, Julia Plueck und Professor Dr. Gerd Lehmkuhl von der Klinik und Poliklinik fuer Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universitaet zu Koeln im Rahmen einer bundesweiten Studie einer multizentralen Forschungsgruppe.

    Zunehmende Gewaltausbrueche in Schulen und gegenueber auslaendischen Mitbuergern durch Kinder und Jugendliche alarmieren die OEffentlichkeit. In dieser Situation sind Erkenntnisse ueber die Ursachen dieses aggressiven und nicht-angepassten Verhaltens gefragt. Wenn Kinder und Jugendliche sich aggressiv und dissozial verhalten - also Probleme haben, sich in die Gesellschaft einzufuegen -, wird dies meist von Problemen in der Familie ausgeloest, wie etwa: finanzielle Probleme, Wohnungsprobleme, Verhaltens- und Suchtprobleme der Geschwister, Partnerschafts- und psychische Probleme der Eltern.

    Aggressive und dissoziale Verhaltensweisen werden zwar von vielen Eltern an ihren Kindern bemerkt, aber nur selten als problematisch oder gar behandlungsbeduerftig eingeschaetzt. Immerhin denkt ein Fuenftel der Jugendlichen von sich selbst, dass sie Hilfe braeuchten. Allerdings war nur jedes siebte auffaellige Kind bzw. jeder siebte auffaellige Jugendliche in den letzten zwoelf Monaten in Behandlung.

    Die Hauptursachen fuer die Entwicklung aggressiver Verhaltensweisen in der fruehen Kindheit liegen nach Ansicht der Koelner Wissenschaftler im Verhalten der Eltern. Dies konnte durch verschiedene empirische Untersuchungen festgestellt werden. Wenn sie ihren Kindern zum Beispiel nicht genuegend Waerme und Geborgenheit vermitteln und ihre Erziehungsmassnahmen weder bestaendig noch widerspruchsfrei sind. Aus dem gestoerten Erziehungsverhalten der Eltern entstehen Interaktionsprobleme in der Familie, die einen Teufelskreis bilden: Aufforderungen der Eltern werden auch nach mehrmaliger Wiederholung nicht von den Kindern beachtet. Das Nicht-Befolgen von elterlichen Anweisungen ist fuer Kinder dabei oft auch ein Mittel, die Aufmerksamkeit der Eltern auf sich zu lenken, wenn diese dann auch negativ getoent ist. Die Eltern beginnen schliesslich, ihrem Kind zu drohen, das Kind gehorcht aber trotzdem nicht. Daraufhin geben die Eltern entweder auf, oder sie werden ungezielt aggressiv. Das Kind wird also entweder durch das Nachgeben der Eltern fuer sein oppositionelles, d.h. sich widersetzendes, Verhalten belohnt oder erfaehrt durch das Vorbild der Eltern am eigenen Leibe, dass sich Aggression - zumindest gegenueber Schwaecheren - lohnt. Als Folge davon nimmt sein Ungehorsam und sein aggressives Verhalten zu. Damit schliesst sich der Kreis. Da diese Kinder zu Hause nicht gelernt haben, auf andere Weise mit Mitmenschen umzugehen, zeigen sie das aggressiv-oppositionelle Verhalten nun auch in Kindergarten und Schule.

    Dort beeinflussen zwei zentrale Ereignisse die folgende Entwicklung des Kindes. Zum einen tragen Kinder mit solchen Verhaltensweisen ein hohes Risiko zu schulischen Misserfolgen, da sie sich auch gegenueber den Leistungsanforderungen der Schule oppositionell verhalten. Die Lernprobleme aggressiv und dissozial auffaelliger Kinder fuehren dazu, dass sie oefter eine Klasse wiederholen muessen und drei- bis viermal haeufiger als nicht-auffaellige Kinder Lernprobleme haben. Zum anderen werden sie von ihren Mitschuelern abgelehnt. Daraus folgt die Tendenz dieser Kinder, sich Gleichgesinnten anzuschliessen. Diese Gruppen von Jugendlichen, die von der Norm des sozialen Verhaltens abweichen, sind der zentrale Trainingsort fuer Straftaten sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch.

    Im Jugendalter kann die Haelfte der Jugendlichen diese Problematik des aggressiven Verhaltens ablegen, die andere Haelfte entwickelt dissoziales Verhalten. Je aelter das aggressive Kind bzw. der aggressive Jugendliche ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass es ihm gelingt, vom Pfad der Dissozialitaet und Straffaelligkeit abzuweichen. Mit zunehmendem Alter sinken auch die Chancen eines Behandlungserfolges. Die Haelfte bis drei Viertel der delinquenten Jugendlichen werden auch im fruehen Erwachsenenalter zu Straftaetern.

    Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass Aufklaerung ueber solche Verhaltensauffaelligkeiten und ueber die Gefahren, die mit der weiteren Entwicklung verbunden sind, dringend erforderlich ist. Denn dadurch koennten solche Verhaltensweisen abgeschwaecht oder verhindert werden.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Fuer Rueckfragen steht Ihnen Professor Dr. G. Lehmkuhl unter der Telefonnummer 0221/478-4370 und 0221/478-4650 und Fax-Nummer 0221/478-6104 zur Verfuegung.

    Fuer die UEbersendung eines Belegexemplares waeren wir Ihnen dankbar.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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